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Gastkommentar

Stromjunkies vereiteln Erreichung der Klimaziele

Täglich träufeln Meldungen in den Medien an die Öffentlichkeit, Stromkonzerne geraten ins Strudeln und rufen nach milliardenschwerer Staatshilfe. Wie kann das geschehen?

Manfred Trütsch am 19. September 2022

Wie der Namen sagt, produzieren diese Konzerne Strom mit Wasser, Wind, Atom, Sonne, Kohle, Gas, Wasserstoff und verkaufen diesen an die Endkunden. Ein verständliches Geschäftsmodell mit einer einfachen Wertschöpfungskette. Und dieses Geschäft soll Milliardenverluste einfahren. Die Produktionskosten sind nicht gestiegen. Teure Anlagen wie das Wasserkraftwerk Linth Limmern, Kosten 2.3 Milliarden CHF, werden über drei Generationen abgeschrieben.

Dazu passt die Panikmache der Politik, den Strom zu rationieren. Eine Auslegeordnung mit einer Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage in der Schweiz liegt nicht vor. Es gibt Anzeichen, dass das Angebot in der Schweiz mit den bestehenden Anlagen massiv höher sein könnte und jede Nachfrage befriedigen könnte. So ist aus dem Geschäftsbericht der Kraftwerke Linth Limmern zu erfahren, dass lediglich 25% der möglichen maximalen Leistung an Strom produziert wird.

Was vereinzelt durchsickert ist die Tatsache, dass die Stromkonzerne Verluste eingefahren haben an der Strombörse. Gemäss Definition ist die Strombörse eine auf elektrische Energie, das heisst auf Strom spezialisierte Energiebörse, die wie eine Wertpapierbörse funktioniert. Eine Wertpapierbörse ist streng reguliert und untersteht der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht. Die Stromkonzerne stehen aussen vor, in Bern interessiert sich niemand, was für Börsengeschäfte die Stromkonzerne machen. Es stehen Tür und Tor offen für unbedachte Geschäfte. Es fehlen schlicht die Grundvoraussetzungen der Stromkonzerne, an einer Börse mit Stromhandel Geld zu verdienen.

Eine Börse lebt von Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage nach Strom hat eine tiefe Volatilität, hat keine grossen Schwankungen, die Angebotspreise richten sich nach der Nachfrage, haben also auch keine grossen Schwankungen. Angebotsverknappungen können kurzfristig die Preise steigen lassen. Wir haben in der Schweiz keine Gasheizkraftwerke, beziehen auch keinen Strom von Gasheizkraftwerken, also bleibt es beim ursprünglichen Angebotspreis. Diese langweilige Geschichte ist nichts für eine Börse. Da findet man keinen Market Maker, der Preise stellt. Wenn es keine unterschiedlichen Meinungen zur Entwicklung des Strompreises gibt, gibt es auch keine Börse. Alle rennen in die gleiche Richtung; es fehlt die Liquidität im Markt, es fehlt ein echter Preisbildungsmechanismus.

Die ganz grossen Verluste sind an den Terminmärkten eingefahren worden. Das ist äusserst bedenklich, das heisst, ein Stromkonzern kann weltweit bis zu sechs Jahren Verträge abschliessen für den Kauf oder Verkauf von Strom. Läuft ein Vertrag aus, kommt es zur Lieferung oder dem Bezug von Strom, das ist aber in den wenigsten Fällen möglich, ausser bei Kraftwerken in den Anrainerstaaten. Und wenn die physische Lieferung nicht möglich ist, gibt es ein sogenanntes Cash Settlement, d.h. der Vertrag wird geldmässig ausgeglichen. Das ist die Wurzel allen Übels, der Future Markt an den Terminbörsen funktioniert ohne sogenanntes «underlying», d.h. es ist reine Spekulation. Es geht dann gar nicht mehr um den Verkauf oder den Kauf von Strom.

Völlig unverständlich ist, dass im Falle der Axpo in den Büchern kein Wort erwähnt wird von den Verpflichtungen, «exposures». Das Geschäftsmodell der Stromkonzerne muss neu überdacht werden. Die Zeche zahlten bei der Dekotierung der Axpo an der Börse die Aktionäre mit Milliardenverlusten und jetzt wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten mit weiteren Milliardenbeiträgen.

Während die Automobilindustrie ihre Hausaufgaben macht und den Umstieg von der fossilen in die alternative Antriebstechnologie vorantreibt, verpassen die Stromkonzerne die rechtzeitige und adäquate Zurverfügungstellung von Infrastruktur und vereiteln somit mit ihrem ungebührlichen Geschäftsgebaren die Erreichung der Klimaziele.

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Autor/in
Manfred Trütsch

Manfred Trütsch ist Präsident des ACS St. Gallen – Appenzell. Der ACS bezweckt den Zusammenschluss der Automobilisten zur Wahrung der verkehrspolitischen, wirtschaftlichen, touristischen, sportlichen und aller weiteren mit dem Automobilismus zusammenhängenden Interessen wie Konsumenten- und Umweltschutz.

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