logo

Interpellationen beantwortet

«Wenigstens einen Versuch wert» – St.Galler Regierung verteidigt die Russland-Reise

Welchen Nutzen hat eine «Studienreise» von zwei Mitarbeitern der Kantons St.Gallen nach Russland, um mehr über das Wolfsmanagement und die Lappjagd zu erfahren? Die St.Galler Regierung hat dazu nun zwei Interpellationen beantwortet.

Marcel Baumgartner am 19. August 2024

Die Sache sorgte für Unverständnis und Kopfschütteln. Unter der Bezeichnung «Weiterbildung» nahm der Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons St.Gallen zusammen mit einem Wildhüter an einer mehrtätigen Wolfsjagd in Russland teil. Die fünftägige Reise erfolgte auf eigene Kosten, aber während der Arbeitszeit und wurde von Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner bewilligt. Tinner hat Ende März gegenüber «Die Ostschweiz» dazu Stellung bezogen.

Damit gaben sich mehrere Politikerinnen und Politiker aber noch nicht zufrieden.

Meinrad Gschwend aus Altstätten und Thomas Schwager aus St.Gallen sowie Walter Freund aus Eichberg und Sepp Sennhauser aus Wil reichten Ende April je eine Interpellation ein und forderten die Regierung dazu auf, sich zu verschiedenen Fragen zu äussern.

Die Antworten sind nun veröffentlicht worden.

Um was aber ging es bei der Reise?

Um die Wolfsregulierung zu verbessern und fundierte Erkenntnisse in diesem Bereich zu gewinnen, haben zwei Mitarbeitende des Kantons St.Gallen in Russland an einer Lappjagd teilgenommen. Das Ziel war, diese traditionelle Jagdmethode kennenzulernen und zu beurteilen, ob sie auch in der Schweiz anwendbar ist.

Mehrere Fragen in den Interpellationen widmen sich denn auch dem Nutzen einer solchen Reise.

Die Regierung hält dazu unter anderem fest, dass sich die Lappjagd vor allem in flachem Gelände, wie es auch im Kanton St.Gallen zu finden ist und wo in naher Zukunft mit Wölfen zu rechnen ist, eigenen würde. Angesichts der zu erwartenden Besiedlung des Flachlands durch Wölfe sei es sinnvoll, die Methode der Lappjagd zumindest zu kennen.

Für den Fall, dass mehrere Wölfe eines Rudels gleichzeitig erlegt werden müssen, sei der Einsatz der Lappjagdmethode «wenigstens einen Versuch wert». Dies würde zeigen, ob die Methode unter schweizerischen Verhältnissen erfolgreich sein könne und sich dadurch der Aufwand für die Wildhut reduzieren lasse.

Auf die Frage, ob die Regierung die Meinung teile, dass dem Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei die Undurchführbarkeit der Lappjagd in der Schweiz schon vor der Studienreise hätte bewusst sein müssen, antworten sie: «Nein. Die politische Vorgabe, mehrere Wölfe eines Rudels zu eliminieren, stellt eine grosse Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund sind praktische Erfahrungen und der Austausch mit erfahrenen Wolfsjägerinnen und Wolfsjägern, wie sie auf der Studienreise gemacht werden konnten, sehr wertvoll.»

Die Weiterbildung habe das Ziel erreicht, ein besseres Verständnis für diese Jagdmethode zu entwickeln und zu prüfen, wie sie an die Verhältnisse in der Schweiz angepasst werden könne.

Der Bedarf nach alternativen Bejagungsmethoden sei ausgewiesen. Die proaktive Wolfsregulation im Calfeisental vom 1. Dezember 2023 bis zum 31. Januar 2024 habe aufgezeigt, dass der zeitliche Aufwand gross war und in keinem Verhältnis zum geringen Erfolg stand.

Kein einziges der im letzten Winter in der Schweiz freigegebenen Rudel konnte vollständig reguliert werden. Es wurden nur einzelne Wölfe erlegt. Die Regierung führt dies darauf zurück, dass in der Schweiz bislang nur begrenzte Erfahrung mit der gezielten Regulation von Wolfsrudeln besteht. Bisher wurden Wölfe überwiegend in der Nähe von Rissen auf Schafalpen erlegt. Die Regulation ganzer Rudel, wie sie seit dem 1. Dezember 2023 durch das revidierte Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel ermöglicht wird, stelle eine neue und komplexe Herausforderung für die Behörden dar.

Es gestalte sich schwierig, rasche Fortschritte in der Wolfsregulierung zu erzielen. Da die Möglichkeit zur Regulierung ganzer Rudel erst seit kurzem besteht, habe bisher nur wenig praktische Erfahrung gesammelt werden können. Mit zunehmender Übung und Erfahrung sei jedoch eine Verbesserung der Methoden zu erwarten.

«Die Lappjagd könnte, auch in angepasster Form, als eine potenzielle Methode für spezielle Situationen in Betracht gezogen werden. Zunächst müssen jedoch Erfahrungen gesammelt werden. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgsversprechend die Methode unter den spezifischen Bedingungen in der Schweiz ist», hält die Regierung in der Beantwortung fest.

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.