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Sängerin, Tänzerin und Unternehmerin

St.Galler Influencerin Arina Luisa möchte mehr Realität in den Sozialen Medien: «Ich poste auch einmal meine Dehnungsstreifen»

Der Hass in den Sozialen Medien steigt. Jeder vierte Jugendliche in der Schweiz wurde inzwischen mindestens einmal im Internet diskriminiert. Ein Gespräch über Vorbilder und Selbstliebe mit der St.Galler Influencerin Arina Luisa.

Manuela Bruhin am 18. August 2024

Arina Luisa, starten wir gleich mit einer Frage, die vielen unangenehm sein dürfte: Wie viele Stunden verbringst Du täglich am Smartphone?

(Lacht). Es variiert zwischen sechs und acht Stunden. Das tönt natürlich erst einmal nach sehr viel Zeit. Wenn man aber weiss, dass das Smartphone gleichzeitig mein Arbeitsgerät ist, kann die Zahl relativiert werden. Ich mache wirklich alles damit: Ich schneide Videos, poste Beiträge für mein Social Media und das meines Fashionlabels WE•TRST, bin täglich auf Spotify unterwegs oder erledige meine Korrespondenz.

Du arbeitest nicht nur als Influencerin, sondern auch als Unternehmerin, Tänzerin und Musikerin. Bist Du privat ebenfalls so oft online?

Der Übergang ist fliessend. Mein Job bringt es mit sich, dass sich mein Beruf und mein Privatleben mischen. Fällt eine Ferienplanung an, verbringe ich natürlich kurzzeitig mehr Zeit beispielsweise bei WhatsApp, um mich mit meinen Freunden abzustimmen.

Nervt Dich die ständige Erreichbarkeit auch einmal, die Dein Beruf mit sich bringt?

Es fordert, klar. Aber ich bin extrem dankbar, dass ich diesen Beruf ausführen darf. Ich kann mich durch meine Musik und meine Arbeit auf Social Media kreativ ausleben, es kombinieren mit dem Aufbau meiner Marke, darf auf der Bühne singen und tanzen –alles Sachen, die ich sehr gerne mache. Deshalb überwiegen ganz klar die positiven Gefühle.

Arina Luisa

Viele Jugendliche sehen es als Traumjob an, als Influencer unterwegs zu sein. Eltern hingegen wollen oft, dass ihre Kinder etwas «Anständiges» lernen. Wie war das bei Dir?

Meine Eltern haben mich auf meinem Weg immer unterstützt. Sie haben mich sogar ermutigt, dass ich mein Ziel verfolge. Während der Schulzeit haben sie selber gemerkt, dass ich nicht wirklich in das System reingepasst habe. Meine Talente lagen in anderen Bereichen, die ich nun voll ausleben kann. Es war sehr schön, wie sich nach der Schule eine Tür für mich geöffnet hat. Meine Mutter und auch mein Vater haben mir die nötige Zeit gegeben – und rückblickend ging alles relativ schnell. Inzwischen kann ich mit Workshops, Tanzschule und als Influencerin meinen Lebensunterhalt bestreiten.

Viele Menschen bekommen in den Sozialen Medien Hasskommentare zu spüren. Hast Du bereits solche Erfahrungen gemacht?

Das gibt es bei mir zum Glück nur ganz selten. Ich denke, weil ich mehrheitlich Tanzvideos poste, wird das nicht so provokant wahrgenommen. Natürlich gibt es auch einige, denen vielleicht der Stil von Shuffle Dance nicht gefällt. Aber der wirklich grosse Anteil der Rückmeldungen ist sehr positiv.

Und wenn es doch einmal passiert, wie gehst Du damit um?

Ich weiss, wie ich es einordnen muss. Ich lasse es nicht zu nah an mich heran, weil ich weiss, dass es mir nicht gut tun würde. Ich bin mit Social Media gross geworden und kann damit umgehen.

Ein weiteres negatives Bild ist die Scheinwelt. Überspitzt gesagt: Alle sind schön, schlank und reich. Viele Jugendliche fühlen sich unter Druck gesetzt. Wie nimmst Du das wahr?

Das sehe ich ähnlich. Als ich Social Media für mich entdeckt habe, war ich etwa 15 Jahre alt. Damals gab es kein Body Positivity, ich folgte den Victoria’s Secret-Models, quasi den Schönsten unter den Schönen. Auch ich wollte immer so aussehen. Ich weiss also, wie sich Jugendliche fühlen. Deshalb versuche ich, dieses Thema aktiv anzugehen, und poste auch einmal meine Dehnungsstreifen an der Hüfte. Oder suche bewusst Bilder heraus, welche die Wirklichkeit zeigen und setze sie in den direkten Vergleich mit der «Instagram-Welt» - beispielsweise, wie man anhand des richtigen Posings gleich viel schlanker wirkt. Dadurch sollen meine Follower daran erinnert werden, dass niemand perfekt ist – und ein Bild manipuliert werden kann.

Welches empfindest Du als die grösste Herausforderung?

Dass man sich immer wieder neu erfinden muss. Man sollte stets die Augen offen halten, was gerade im Trend, was gesucht ist. Was wollen die Leute sehen? Wie kann ich kreativ bleiben? Wie meine persönlichen Ziele verfolgen, Neues generieren, aber trotzdem ich selber bleiben? Das fordert heraus, ist aber auch extrem spannend.

Was entgegnest Du den Jugendlichen, die Influencer als Vorbild nehmen und auch den Berufsweg einschlagen wollen?

Es ist ein sehr vielseitiger Beruf, bei welchem man fast alles machen kann. Es geht in erster Linie nicht so sehr darum, was man macht, sondern, wie und wie sehr man dafür brennt. Man muss alles dafür tun, um erfolgreich zu werden. Aber dann wird es nicht einfacher, weil man immer dran bleiben muss. Es ist schwierig, sich selber nicht zu verlieren, weil die Konkurrenz gross ist. Das Wichtigste ist aber die Leidenschaft und Disziplin – ohne ist alles nicht stemmbar.

Arina Luisa

**Du hast mit Deinen 25 Jahren schon viel erreicht, zuletzt beispielsweise einen Podcast **«Schnurri mit Buri» mit der ehemaligen Miss Schweiz Anita Buri. Dennoch muss sich Deine Generation oftmals den Vorwurf gefallen lassen, faul zu sein. Wie gehst Du damit um?

Mir scheint, dass diese Vorwürfe vor zwei, drei Jahren stärker aufgekommen sind. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits selbstständig – es redet mir also niemand mehr rein, wie ich was zu machen habe. Ich denke nicht, dass junge Menschen faul sind. Wir haben einfach eine andere Einstellung zur Arbeit und Freizeit. Wenn wir täglich acht oder neun Stunden arbeiten, sollte die Arbeit auch Spass machen. Und auch darüber, wie man sein Leben gestaltet, kann und darf man geteilter Meinung sein.

Selbstständig zu sein, fordert auch, dass man ein Risiko trägt. Niemand weiss, wie sich Social Media und die Arbeit mit Influencern weiterentwickelt. Macht Dir das Angst?

Meine Arbeit beschränkt sich nicht nur auf das Influencen. Weil ich mehrere Standbeine habe, gehe ich das Ganze beruhigter an. Ich denke jedoch, dass Influencer weiterhin einen grossen Einfluss haben werden. Viele wollen sich gerne inspirieren lassen, es gehört inzwischen dazu. Ich würde mich freuen, wenn ich meine Arbeit noch viele Jahre weiter machen darf – gerade in Kombination mit meiner Marke und meiner Tanzschule.

Du wohnst in St.Gallen. Wäre es eigentlich ein Wunsch von Dir, mal am Openair St.Gallen aufzutreten?

Oh ja, das ist wirklich ganz oben auf meiner Liste (lacht). Es würde mich sehr freuen, wenn das mal klappt.

(Bilder: pd)

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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