Wie verteidigt sich die Schweiz gegen einen terrestrischen Angriff? Das Bündner Gebirgsinfanteriebataillon 91 führte in Sargans einen Wiederholungskurs durch. Damit waren verschiedene Herausforderungen geknüpft.
Christoph Gois, Sie haben als Übungsleiter vor wenigen Tagen in St. Luzisteig eine zweitägige Übung durchgeführt. Insbesondere die Verteidigungsfähigkeit stand dabei im Fokus. Was heisst das genau?
Die Sicherheitslage in Europa hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, insbesondere mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Dies hat zur Folge, dass in der Infanterie wieder Einsatzverfahren für die Verteidigung eines terrestrischen Angriffs auf die Schweiz prioritär geübt werden.
Wie sind die beiden Tage abgelaufen?
Die Truppe beginnt jeweils am Morgen nach dem Antrittsverlesen mit der Einsatzvorbereitung. Diese beinhaltet das Vorbereiten des Materials, inklusive der Funkverbindung, der Munition und der Fahrzeuge. Danach folgt die Einführung in die Übung und die Überprüfung der Sicherheitsvorschriften. Das Thema der Übung ist dabei in erste Linie der Kampf im Stützpunkt und die Einsatzlogistik. Themen wie die Verteidigung eines Dorfes, das Nachführen aller Nachschubklassen inklusive der Verwundeten-Versorgung, der Gefangenen- und Totensammelstelle, werden ebenfalls thematisiert.
Wie aufwendig gestalten sich die Vorbereitungen?
Der Übungsleiter benötigt für das Erstellen eines Konzeptes ungefähr vier Stunden. Danach folgt der Kaderunterricht mit eineinhalb Stunden, der taktische Dialog, der etwa eine Stunde dauert, und die Befehlsgebung, ebenfalls etwa eine Stunde, mit den Kadern der beübten Formation.
Welche Herausforderung bringt die Bereitstellung der Logistik mit sich?
Die Logistik für einen Wiederholungskurs in Friedenszeiten funktioniert grundsätzlich gut. Sie unterscheidet sich jedoch massiv zur Logistik im Krieg. Die Unterschiede sind die Verfügbarkeit, die Priorisierung der Mengen, die Sicherung sowie die Verteilung.
Die Soldaten hatten sich in zwei Gebäuden der Ortskampfanlage Answiesen verschanzt. Wie schafft man eine realitätsnahe Übung?
Die moderne Simulationsausrüstung ermöglicht es uns, mit den Originalwaffen auf Gegenseitigkeit mit Markiermunition zu trainieren. Ein Nachteil ist jedoch, dass alle Ortskampfanlagen in der Schweiz für Übungen über 50 Personen zu klein sind, um realitätsnah trainieren zu können.
Die Bereitstellung von Verpflegung und Logistik-Dienstleistungen muss ebenfalls gewährleistet sein. Wie schafft man das?
Die Prozesse für diese Dienstleistungen im WK-Betrieb sind etabliert und funktionieren sehr gut. Unsere Fouriere schaffen es jedes Jahr mit einem kleinen Budget, eine hochwertige Verpflegung sicher zu stellen. Die Einheit Feldweibel stellt mittels einer minutiösen Planung vor dem Dienst den Bedarf an Material, Munition, Verkehr und Transport sowie Unterkunft sicher. Die Herausforderung ist die Veränderung in den Beständen zwischen Planungsabschluss und dem Dienst. Im Einsatz sind die Prozesse komplexer. Deshalb integrieren wir die Logistik in unsere Übungen. Zum Beispiel werden die Übungen über Mittag nicht unterbrochen, sondern die Truppe verpflegt sich während der laufenden Übung auf dem Feld. Die Verpflegung wird via Logistikpunkt bestellt und geliefert.
Wie gross ist das Interesse der Bevölkerung an solchen Übungen?
Aus den Zahlen und Reaktionen auf den Social-Media-Kanälen ist ein zunehmendes Interesse zu erkennen.
Und wie ist die Stimmung der Soldaten?
Die Motivation und das Interesse der Truppe steigt mit einer modernen Ausrüstung und realitätsnahen Übungen.
(Bilder: pd)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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