Franziska Ryser (KEYSTONE/Marcel Bieri)
Wer holt sich den Ständeratssitz von Paul Rechsteiner? Ins Rennen steigen die St.Galler Nationalrätinnen Franziska Ryser (Grüne), Barbara Gysi (SP), Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) und Esther Friedli (SVP). Der erste Wahlgang findet am 12. März statt, ein allfälliger zweiter am 30. April.
Was wird 2023 das dominierende Thema in der Politik sein?
Franziska Ryer: Wir haben verschiedene Herausforderungen, für die wir seitens der Politik Lösungen brauchen: Eine sichere und grüne Energieversorgung, die Zusammenarbeit mit der EU, ein Umgang mit der Teuerung. Das wichtigste Thema wird aber weiterhin unsere Antwort auf die Klimakrise sein. Der Umbau der Wirtschaft, des Verkehrs und der Gebäude hin zu einer fossilfreien und klimatauglichen Gesellschaft wird uns auch im nächsten Jahr grossmehrheitlich beschäftigen.
Barbara Gysi: Die Sorgen der Menschen sind die massive Teuerung, stark steigende Krankenkassenprämien und dass ihnen am Ende des Monats nicht genug zum Leben bleibt. Doch auch Klima- und Energiekrise, Versorgungssicherheit und der Ukrainekrieg beschäftigen uns weiterhin. Die Bevölkerung und das Gewerbe müssen genügend unterstützt werden.
Susanne Vincenz: Sicherheit in all' ihren Facetten: Versorgungsicherheit bei der Energie, Arbeitsplatzsicherheit und Preisstabilität, Sicherheit bei der Altersvorsorge und Sicherheit im militärischen Kontext sowie bei der Migration. Das alles in einem Wahljahr, in dem Nationalrat und Ständerat teilweise neu zusammengesetzt werden und anschliessend die Gesamterneuerungswahl des Bundesrats ansteht.
Esther Friedli: Die genügende, sichere und bezahlbare Versorgung mit Energie, speziell mit Strom. Dies ist für die Erhaltung unseres Wohlstands zentral. Wir brauchen eine Energiepolitik, die so viel Energie wie möglich in der Schweiz produziert, damit wir weniger vom Ausland abhängig sind. Dabei müssen wir alle Formen der Energiegewinnung und der technischen Innovationen berücksichtigen.
Franziska Ryser (KEYSTONE/Marcel Bieri)
In welchen Bereichen ist die Politik zu dominant?
Franziska Ryer: Die Politik ist da, um gesellschaftlichen Themen zu diskutieren. Sie gibt uns die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für unseren Wirtschaftsstandort genauso wie für unser Zusammenleben gemeinsam zu definieren. Deshalb ist es wichtig, dass verschiedene Themen und verschiedene Blickwinkel in die Politik eingebracht werden können.
Bei neuen Gesetzen müssen wir aber aufpassen, dass kein Micromanaging betrieben wird. Jeden Sonder- und Ausnahmefall kann man nicht auf Gesetzesstufe lösen. Da ist manchmal der Fokus für das Grundsätzliche gefragt.
Barbara Gysi: Nirgends. Es ist wichtig, dass die Politik dafür sorgt, dass alle Menschen genug zum Leben haben, eine Ausbildung erhalten und unsere Lebensgrundlagen geschützt werden. Das bedeutet, dass es auch Regulierungen in der Wirtschaft und Finanzwelt braucht.
Susanne Vincenz: Überall dort, wo der Staat Aufgaben übernimmt, die Private und die Gesellschaft besser und günstiger lösen könnten – ganz im Sinne von: Mehr Freiheit, weniger Staat.
Esther Friedli: Die Eigenverantwortung ist für mich ein zentrales politisches Anliegen. Leider schwächt die Politik die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger, indem der Staat immer mehr regelt und bestimmt. Hier sollten wir allgemein zurückhaltender sein. Dafür die Bürgerinnen und Bürger als eigenverantwortliche und mündige Personen wahrnehmen und behandeln.
Barbara Gysi. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Wie würden Sie Ihre politische Grundhaltung mit drei Worten beschreiben?
Franziska Ryer: Ökologisch, faktenbasiert, lösungsorientiert
Barbara Gysi: Sozial, gerecht, nachhaltig
Susanne Vincenz: Ermöglichen (nicht verhindern), vernetzen (nicht abschotten), vorwärtsmachen (nicht blockieren)
Esther Friedli: Liberal, freiheitlich, föderalistisch
Susanne Vincenz-Stauffacher. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Wer sollte Sie auf keinen Fall wählen?
Franziska Ryer: Wer glaubt, dass immer alles beim Alten bleiben muss, der sollte mich vielleicht besser nicht wählen.
Barbara Gysi: Alle dürfen mich wählen.
Susanne Vincenz: Personen, die nicht an Lösungen interessiert sind und Probleme nur bewirtschaftet sehen wollen. Ich verstehe mich als Brückenbauerin – zwar mit einem klaren liberalen Kompass, aber auch mit der Fähigkeit, mit Kolleginnen und Kollegen anderer politischer Couleur mehrheitsfähige Kompromisse zu schmieden und umzusetzen.
Esther Friedli: Ich freue mich auf jede Stimme. Aber wer sich als Kommunist oder Kommunistin bezeichnet, ist von meinem politischen Kompass wohl sehr weit entfernt.
Esther Friedli. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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