logo

Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

Neben seiner Tätigkeit als Berater engagiert sich der St.Galler Unternehmer Konrad Hummler seit nunmehr drei Jahren als Verwaltungsratspräsident für die Publikation «Nebelspalter». Ein Gespräch über die Kunstform «Satire» und die grössten Hürden in seiner Laufbahn. Mit Podcast-Aufzeichnung.

Marcel Baumgartner am 14. September 2023

Nutzerinnen und Nutzer der App verwenden für den Podcast diesen Link.

Im März 2023 wurde Konrad Hummler 70. Während andere in diesem Alter bereits seit fünf Jahren den Ruhestand geniessen, verspürt er noch immer Lust, neue Herausforderungen anzugehen. Er charakterisiert sich denn auch als Bergsteiger, der sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne gerne längere Touren in Angriff nimmt. Da dürfe es auch einmal steil werden und Durchhaltewillen gefragt sein.

In seiner langen beruflichen Karriere hat Hummler schon mehrmals bewiesen, dass das keine Floskel ist. Ob als geschäftsführender Teilhaber der Privatbank Wegelin & Co. oder als Verwaltungsratspräsident der Neuen Zürcher Zeitung: Stets hat sich der St.Galler Projekte gesucht, die alles andere als eintönig sind.

Ein klarer Geist

Aktuell füllen die Tätigkeiten rund um das Beratungsunternehmen M1 AG, die J.S. Bach-Stiftung und den «Nebelspalter» seine Agenda noch mehr als genug aus. «Ob es jetzt zu viele oder zu wenig ist, ist immer wieder ein Diskussionspunkt mit meiner Familie», gesteht Hummler.

Ihm sei es aber ein Anliegen, im Geist klar zu bleiben. «Und bis jetzt ist das bei mir wohl noch der Fall.»

Narben weniger schmerzhaft

Als Tiefpunkt seiner beruflichen Karriere bezeichnet Hummler den Notverkauf «seiner» Bank Wegelin vor etwas mehr als zehn Jahren. Gleichzeitig sei es aber auch ein Befreiungsschlag gewesen. «Sämtliche Schweizer Banken waren damals in einer misslichen Lage. Uns ist es als einzige Bank gelungen, den Fall innerhalb eines Jahres definitiv zu erledigen», schildert der ehemalige Bankier.

 Leid, darüber zu sprechen, sei er es nicht. Auch die Distanz zu diesem prägenden Ereignis befreie. Und dort, wo nach wie vor Narben spürbar seien, seien diese inzwischen nicht mehr so schmerzhaft.

Die Qualitäten der Schweiz

Wie aber hat sich der Stellenwert des Schweizer Bankenplatzes inzwischen verändert? Für Hummler unangefochten ist nach wie vor das Vertrauen in dieses Land, in seine Stabilität, in seine Überlebensfähigkeit, seine Rechtsordnung und Professionalität. Das seien Qualitäten, mit denen die Schweiz punkten könne. Fällt aber nun nach dem Bankengeheimnis auch die Neutralität? «Die ist im Umbruch. Und das letzte Wort in dieser Sache ist bislang nicht gesprochen», so Hummler. Ob sie allerdings für den Finanzplatz von immenser Bedeutung ist, bezweifelt er.

Chaos-Politik

Womit wir bei der Politik wären – und einem Schweizer System, das sich für Hummler gerade auch während der Coronazeit «bewährt» hat – wenn auch nur abgeleitet. Dank eines hohen Grades an Desorganisation und Dysfunktionalität habe die Schweiz in dieser Phase im Grunde vieles richtig gemacht.

«Es war keine gewollte, gescheite Corona-Politik. Es war ein sympathisches, kleinstaatliches Chaos», kommentiert Hummler.

Treffsichere Satire

Der Begriff «Chaos» fällt in einzelnen Medien gerne auch, wenn es um die Beschreibung des Zustandes des «Nebelspalter» geht. Die Publikation von Chefredaktor Markus Somm hat bereits mehrere Korrekturen – inhaltlicher, aber auch personeller Natur – hinter sich.

Im Podcast-Gespräch sagt Hummler klar, dass es Formate gibt, die verbesserungswürdig seien. Andere hingegen hätten sich durchgesetzt und seien nicht mehr wegzudenken. Weitere Korrekturen würden aber folgen. Schon in Kürze wird die Online-Plattform in einem erneuerten Kleid auftreten. Wie stark das einstige Satire-Magazin dann noch auf diese Form setzen wird, wird sich zeigen. Für Hummler selbst stellt sie aber den interessantesten Teil der Publizistik dar. Ganz einfach, weil es kein Medium in der Schweiz gebe, die die Satire beherrsche. «Das wäre eine Chance. Nur muss man treffsicher sein und über die entsprechenden Leute verfügen.»

«Schweinegeschäft»

Hummler spart auch nicht mit der Kritik am Mediengeschäft – spricht gar von einem «Schweinegeschäft». Das dürfe einen aber nicht aus der Ruhe bringen. «Man hat es mit Leuten zu tun, die einem nicht das Beste wünschen», so Hummler. Und weiter: «Das Verschwinden des ‘Nebelspalter' wäre für viele Verleger und Journalisten etwas vom Schönsten, was passieren könnte.»

Dieser Umstand sporne aber nur noch mehr an. Hummler weiss, dass der «Berg», den es beim «Nebelspalter» noch zu besteigen gilt, eine immense Höhe aufweist. Alles andere würde aber wohl auch nicht zu ihm passen, ihn allenfalls sogar langweilen. Und wenn es etwas gibt, was Konrad Hummler wohl nicht mag, ist es Langeweile.

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.