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Stefan Zeberli

5000 Stunden in der Luft verbracht

Rund 3000 Heissluftballonfahrten hat Stefan Zeberli bereits unternommen. Dabei steigt der Ostschweizer aber nicht nur für sein Unternehmen mit Sitz in Andwil in die Lüfte, sondern auch bei Wettkämpfen. Ein Gespräch über Angst, Wetterprognosen und die Herausforderung, ein Dreiecksfläche abzufahren.

Marcel Baumgartner am 13. August 2021

Stefan Zeberli, wann und wie kam bei Ihnen die Faszination für das Heissluftballonfahren auf?

Die Faszination am Wind und Wetter und somit auch an den bunten, im Himmel tanzenden Heissluftballonen kam bereits im Vorschulalter auf. Bereits als kleiner Junge bin ich den Ballonen nachgelaufen, um sie bei der Landung sehen zu können. Und schon mit sieben Jahren war für mich klar, selber einmal Ballonfahrer zu werden. Dieser Traum hat mich nicht mehr losgelassen. So habe ich mit 16 Jahren die Ausbildung zum Piloten in Angriff genommen.

Können Sie sich noch an Ihre allererste Fahrt erinnern? Welche Gefühle kamen dabei auf?

Natürlich erinnere ich mich noch an die erste Ballonfahrt, diese war nämlich während den Sommerferien am letzten Sonntag vor Schulbeginn. Ich war in der dritten Klasse. Ich weiss sogar noch in welcher Wiese wir gestartet und gelandet sind. Für mich war das ein super Gefühl.

In den vergangenen rund 20 Jahren haben Sie nun schon unzählige Fahrten gemacht? Können Sie ungefähr beziffern, wie viele es waren und wie viele Stunden Sie in der Luft verbracht haben?

Kürzlich habe ich meine 2600ste Heissluftballonfahrt gemacht. Insgesamt kamen so mit dem Heissluftballon etwas über 4100 Stunden zusammen. Mit dem Gasballon sind es mit 101 Fahrten und 1095 Stunden deutlich weniger.

Stefan Zeberli

Gemäss einem Porträt, das über Sie erschienen ist, haben Sie schon über 80'000 Kilometer zurückgelegt und damit etwa zweimal die Erde umkreist. Bei all der Routine, hat doch jede einzelne Fahrt noch etwas Besonderes an sich?

Ballonfahren ist dem Wetter voll und ganz unterlegen. Von daher ist jede Fahrt eine neue Herausforderung und bleibt von A bis Z eine Fahrt für sich. Das Wetter ist zwar mittlerweile sehr gut berechenbar aber doch ein sehr individueller Parameter.

Das Ganze hat sich für Sie zu einem 100-Prozent-Job entwickelt. Doch auch in dieser Branche gibt es Konkurrenz. Womit kann man sich abheben?

Wir bieten unseren Gästen einen weit überdurchschnittlichen Service an. Ich schaue auch, dass Gäste an jedem Tag – sofern das Wetter mitspielt – eine wirklich tolle Fahrt erleben können; dazu gehören insbesondere auch die Fahrtroute und die Distanz. Wir scheuen uns nicht, Luftraumbewilligungen einzuholen und eine Fahrt auch einmal über eine weite Strecke oder gar Gebirge zu machen.

Inwiefern hat sich das Material und damit auch die Technik in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert?

Das Material hat sich in den vergangenen 20 Jahren kaum mehr verändert. Natürlich gab es da und dort Verbesserungen, vor allem was die Wertigkeit betrifft. Aber auch heute werden die Körbe noch geflochten und die Ballonhülle wird von Hand zusammengenäht.

Stefan Zeberli

Nun dürften Sie ja sicherlich auch die eine oder andere Person erlebt haben, die vor einer Fahrt mit Ihnen gewisse Ängste zu überwinden hatte. Mit welchen Argumenten können Sie jeweils beruhigend einwirken?

Natürlich gibt es immer wieder Passagiere, die anfangs etwas Angst mitbringen. Meistens reicht ein Telefongespräch im Vorfeld, um diese Person von der Sicherheit einer Ballonfahrt zu überzeugen. Die letzte Angst nimmt meistens die Tatsache, dass ich noch nie jemand wieder ausladen musste. Ballonfahren ist etwas vom sichersten, das man unternehmen kann. Natürlich braucht es auch hier eine Portion Vernunft und das gewisse Fingerspitzengefühl.

Gab es dennoch schon Situationen, die eine gewisse Gefahr mit sich brachten?

Je mehr man unterwegs ist, desto eher kann auch einmal etwas passieren. Natürlich kann man nicht achtsam genug sein. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass es auch dann einmal brenzlig werden kann, wenn man es nicht erwarten würde. Das Wichtigste ist, dass die Wetterbedingungen stimmen und man bereit ist, selbst am Startplatz noch eine Fahrt abzusagen.

Wurden Sie neben einem professionellen Heissluftballonfahrer quasi gezwungenermassen auch zu einem Wetterexperten?

Das kann man so sagen. Das Wetter ist für einen Ballonfahrer das A und O. Wir begutachten unzählige Wettermodelle und Wetterkarten und machen unsere dann Prognose selber.

Stefan Zeberli

Sie nehmen auch an Wettkämpfen teil, haben schon mehrere Titel gewonnen. Welches war der wichtigste für Sie?

Der schönste Moment war der Gewinn des ersten Europameister-Titels im Jahr 2009. Seither konnten wir diesen Titel bereits fünf Mal gewinnen.

Um was geht es bei diesen Wettkämpfen? Welche Faktoren sind entscheidend, um ganz oben aufs Treppchen zu kommen?

Bei Wettkämpfen mit einem Heissluftballon versuchen wir, alleine mit dem Wind, den Ballon zu einem Ziel zu steuern. Mittlerweile gibt es auch sehr viele dreidimensionale und virtuelle Aufgaben. Wir versuchen hierbei, geometrische Figuren, wie zum Beispiel eine Dreiecksfläche, in zeitlicher Begrenzung zu fahren. Die grösste Fläche gewinnt. Das Reglement umfasst fast 30 verschiedene Aufgaben. Die grosse Herausforderung liegt insbesondere in der Taktik. Oftmals spielt diese eine zentrale Rolle, ob und wie gut man sich im Feld behauptet. Wie bei allen Sportarten ist auch hier der Erfolg von sehr vielen Faktoren abhängig. Es braucht ein gutes Team, gute Vorbereitung, perfektes Material und natürlich das Können.

Stefan Zeberli

Wettkämpfe in diesem Gebiet sind noch nicht wirklich so bekannt. Woran liegt das?

Ballonfahren ist eine Randsportart. Aus diesem Grund ist dieser Sport natürlich auch nicht so populär. Zudem ist es ein doch recht teurer Sport. Gewinnen kann man eigentlich nichts. Wir erhalten natürlich etwas Unterstützung vom Verband und durch Suisse Olympic. Trotzdem decken diese Beiträge unsere Kosten bei weitem nicht. Genau aus diesem Grund ist es auch schwierig, junge neue Wettbewerber zu gewinnen. Dass dieser Sport hier in der Schweiz nicht so populär ist, hängt wohl auch an der Komplexität. Der Sport ist extrem interessant und sehr abwechslungsreich. Das Reglement umfasst 100 Seiten. Das ist für einen Laien viel zu kompliziert.

Gibt es in sportlicher Hinsicht noch ein Ziel, das Sie anvisieren?

Unser Team ist seit vier Jahren auf dem ersten Platz der Weltrangliste, trotzdem haben wir den WM-Titel noch nie gewonnen. Wir waren schon auf Platz 5, Platz 4, Platz 3 und letztmals auf Platz 2. Ob wir noch einmal Gelegenheit haben werden, an einer WM, die alle zwei Jahre stattfindet, einen Titel einzufahren, steht in den Sternen. Die WM von Slowenien, die eigentlich im September 2020 stattgefunden hätte, wurde wegen Corona abgesagt und auf 2022 verschoben.

Stefan Zeberli

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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