logo

Traumberuf Schauspieler

Absagen und unregelmässiges Einkommen muss man aushalten können

Christian Jankovski ist professioneller Schauspieler, Schauspielcoach und Synchronsprecher. Im März dieses Jahres eröffnet er in der Nähe von Frauenfeld – im «The Valley» in Kemptthal – eine Schauspielschule. Welche Angebote er anbieten will und wieso er sich in die Schauspielerei verliebt hat.

Manuela Müller am 26. Januar 2022

Christian Jankovski hatte immer das Gefühl, dass Kunstberufe nicht wirklich ernst genommen werden. Er ist sehr froh, dass er sich selbst vom Gegenteil überzeugt hat und jetzt als selbstständiger Künstler arbeitet. Das will er in der Zukunft auch anderen weitergeben.

Herr Jankovski, wie und warum wurden Sie Schauspieler?

Ich kam lustigerweise durch eine Werberolle für Denner zur Schauspielerei. Durch Zufall hatte ich 2014 am Casting für eine Kino- oder TV-Werbung von Denner teilgenommen und die Rolle gleich erhalten. Damals hatte ich am Dreh diverse hauptberufliche Schauspieler kennengelernt, die mir mehr über ihre Ausbildung an Schauspielschulen und ihren Beruf erzählten. Kreativ war ich schon zuvor. Ich interessierte mich schon als Jugendlicher für das Filmschaffen vor und hinter der Kamera und bin in kleinen Theaterproduktionen oder als Musiker auf der Bühne tätig gewesen. So wirklich den Mut, die darstellende Kunst zu meinem Beruf zu machen, hatte ich aber erst mit 24, als ich mich entschied, eine Schauspielschule in Zürich zu besuchen. Ich glaube, bis heute werden Kunstberufe nicht sehr ernst genommen, weshalb auch ich selbst immer das Gefühl hatte, erst noch etwas Anderes lernen zu müssen. Mittlerweile bin ich froh, dass ich meinem Wunsch, in der darstellenden Kunst zu arbeiten, gefolgt bin und die Ausbildung gemacht habe. Heute arbeite ich als Schauspieler, Drehbuchautor, Sprecher im Tonstudio, Schauspielcoach und habe schon als Regisseur hinter der Kamera gestanden.

Und wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine eigene Schauspielschule zu eröffnen?

Unterrichten hat mir schon immer Spass gemacht. Damals noch als Primarlehrer konnte ich mir gut vorstellen, auch mal erwachsene Leute zu unterrichten. Durch die Schauspielerei vermischen sich nun Werkzeuge meines alten Berufes wie zum Beispiel der Unterrichtsplanung mit meiner kreativen Erfahrung als Schauspieler. Ich freue mich sehr darauf, jung bis alt im Schauspiel zu trainieren. Die Idee dazu hatte ich, weil ich selbst bemerkte, dass mir nach der Schauspielausbildung viel Input fehlte; Ein gutes Showreel, um mich auf dem Filmmarkt zu bewerben, das Wissen, wie man mit Produktionsfirmen umgeht und sich auf dem Filmset verhält und noch einiges mehr. Schauspielen und Talent haben ist das eine, was man aber oft vergisst ist, dass man als selbständiger Künstler gleichzeitig auch eine Ein-Mann Firma ist. Da gehören Marketing und Kommunikation mit dazu. In unserer Ausbildung an der Schauspielfabrik möchten wir genau das ebenfalls anbieten und dafür sorgen, dass unsere Teilnehmer nicht nur das Werkzeug der Schauspielerei mit auf den Weg bekommen, sondern auch lernen, wie sie sich für Jobs bewerben können, wie sie sich auf dem Set und auf der Bühne verhalten und dadurch bestenfalls immer wieder gebucht werden.

Welche weiteren Angebote bieten Sie in Ihrer Schauspielschule an?

Die einjährige Ausbildung beinhaltet einen Tag Schauspielunterricht in der Woche, zwei Einzelcoachings, eine Showreelszene und eine About-Me-Szene, fünf professionelle Schauspielfotos und einen Besuch im Tonstudio an der Speechacademy, wo wir zusammen auch den Beruf als Sprecher kennenlernen. Dies und noch einiges mehr formt das ganze Paket, um sich nach der Ausbildung erfolgreich auf Jobs zu bewerben. Einen detaillierten Ausbildungsplan kann man auf unserer Webseite herunterladen. Wer aber nicht gleich eine Jahresausbildung machen möchte, kann auf unserer Webseite auch nur Einzelcoachings oder Workshops buchen oder eine Showreelszene mit uns drehen.

Welche Zielgruppe möchten Sie mit Ihrer Schauspielschule ansprechen?

In erster Linie Leute, die eine nebenberufliche Schauspielausbildung machen wollen. Man muss dabei nicht zwingend den Traum haben, einmal in einer tragenden Rolle in einem Hollywoodfilm mitzuspielen – auch wenn einem dieses Ziel sicher viel Ehrgeiz mit auf den Weg gibt. Eine Schauspielausbildung ist eine grosse Chance für jeden Lebensbereich. Man entwickelt ein selbstbewusstes Auftreten, lernt seinen Körper und seine Emotionen neu kennen, schult seine Kreativität und Fantasie und erlebt all das, was man womöglich lange Zeit nicht mehr gemacht hat: seine Komfortzone zu verlassen, wieder Kind zu sein und aus sich herauszukommen. Dies hat einen grossen Mehrwert für jeden Berufs- und Lebensbereich. Wir haben auch bewusst kein Alterslimit gesetzt, da wir auch ältere Leute begrüssen wollen. Schauspielerinnen und Schauspieler erzählen das wahre Leben. Da gehört Jung und Alt mit dazu. Nebst Schauspielanfängern möchten wir aber auch Fortgeschrittene und Profis ansprechen, die ein Einzelcoaching oder ein Showreel brauchen, um ihre jetzige Situation zu optimieren. Zudem werden wir immer wieder interessante Workshops für Anfänger und Profis anbieten.

Was finden Sie persönlich am schwierigsten an der Schauspielerei?

Ich glaube, das Schwierigste in diesem Beruf ist, dass er fernab des gesellschaftlichen Rahmens stattfindet, den wir uns sonst setzen. In der Schauspielerei kann respektive muss ich mich fallen lassen, wieder Kind sein, Rollen verkörpern, ausprobieren, viel mit dem Körper arbeiten, fantasievoll und offen für unstrukturierte Arbeitszeiten sein und mit Absagen und unregelmässigem Einkommen zurechtkommen. Das kann für den Moment abschreckend klingen, für mich ist es eine tolle Chance und eine Freiheit zugleich. Ich erlebe für mich unglaublich viel in diesem Beruf mit tollen Menschen, die als Gruppe zusammenkommen und immer wieder für ein Publikum das Bestmögliche herausholen. Mir gefällt es sehr, in diverse Rollen zu schlüpfen und mich intensiv auf eine Rolle vorzubereiten und diese Figur zu leben. Das fällt mir manchmal einfacher, manchmal braucht es mehr Zeit, aber es ist das, was ich in meinem Leben tun möchte und mich glücklich macht. Und es fühlt sich gut an, sagen zu können, dass ich einer Arbeit nachgehe, die mich gleichzeitig auch erfüllt, da ist die manchmal fehlenden Struktur im Alltag ganz gut auszuhalten. Natürlich, in Zeiten Coronas ist dieser Beruf eine Herausforderung, aber wir Menschen brauchen Kunst, Theater, Konzerte, Filme und Medien, die uns auch in herausfordernden Zeiten ablenken, Freude schenken und inspirieren. Nebst meiner eigenen Arbeit habe ich also grosse Achtung vor all meinen Kollegen und Kolleginnen, die selbst in einer herausfordernden Zeit wie die der letzten zwei Jahre weiterhin spielen, kreieren, auftreten und alles geben, damit der Film und das Theater stattfindet und ihr Job bestehen bleibt, entgegen aller Restriktionen und Steine, die uns immer wieder in den Weg gelegt werden.

Wer ist Ihr Lieblingsschauspieler oder ein Vorbild in der Schauspielerei?

Dies werde ich oft gefragt und habe dann irgendwie nie so wirklich eine Antwort parat. Ich frage mich auch, ob ich überhaupt ein genaues Vorbild habe. Ich glaube aus dem Bauch heraus würde ich Christoph Walz und Joaquin Phoenix nennen. Einfach weil sie mich durch ihr Spiel inspirieren und berühren. Es könnte Morgen aber schon wieder jemand anderes sein – einfach aus dem Grund, weil ich mich gerne von Schauspielern inspirieren lasse. Und wenn jemand mich durch sein echtes Spiel berührt, dann bin ich sofort ein Fan und fasziniert, da kommt es mir auch nicht darauf an, ob jemand nun schon berühmt ist oder nicht.

Was möchten Sie jungen, angehenden Schauspielern mit auf den Weg geben?

Das hört sich jetzt wie ein Instagramzitat an: An sich zu glauben. Dieser Beruf ist verbunden mit sehr vielen Absagen, was gerade zu Anfang frustrierend sein kann. Wenn man aber dranbleibt, an sich arbeitet und sich immer wieder weiterentwickelt, dann hat man sicher die Chance, den Traum wirklich zum Beruf zu machen.

An welchen Projekten arbeiten Sie momentan?

An diversen. Nebst den Vorbereitungen für die Ausbildung an der Schauspielfabrik bin ich gerade dran, ein Drehbuch für eine Serie bei einer Produktionsfirma zu pitchen, befinde mich zudem im Casting für ein grösseres Musicalprojekt und produziere einen selbstgeschriebenen Kurzfilm mit dem Namen «Zürich 2048», der in der Zukunft spielt und viele momentan gesellschaftlich aktuelle Themen anspricht, wie zum Beispiel die Auswirkung von langfristiger Isolation auf den Menschen.

«Zürich 2048» befindet sich gerade im Crowdfunding

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Müller

Manuela Müller (*1994) aus Marbach war bis Ende März 2022 als Redaktorin für «Die Ostschweiz» tätig.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.