Anonyme Flugblätter, zerstörte Wahlplakate, rassistische Äusserungen in den sozialen Medien. Majlinda Sulejmani, Mitte-Kandidatin für den Gemeinderat in St. Margrethen, wird heftig attackiert. Ein Gespräch über einen unschönen Wahlkampf.
Sie waren in den vergangenen Wochen in der Presse omnipräsent. Auch der «Blick» hat den Wahlkampf begleitet – oder zumindest, man darf es so sagen, gewisse sexistische Aspekte davon. Kritisiert wurde in einzelnen Leserbriefen unter anderem Ihre Art der Präsenz auf den sozialen Medien. Ihr Kommentar dazu?
Ja, ich war wirklich überrascht, dass das Medieninteresse so enorm gross war bzw. noch immer ist, da es sich ja eigentlich «nur» um eine Gemeinderatswahl handelt.
Dies zeigt mir jedoch auch, dass wir uns in einem Wandel befinden, dass sich die Ansprüche von Bundesebene bis hin zur Gemeindeebene enorm verändert haben und gewachsen sind.
Die Medienpräsenz ist jedoch auch auf unschöne Erscheinungen zurückzuführen. Sie werden in den sozialen Medien rassistisch beleidigt und mittels Vandalismus und anonymen Flugblättern attackiert.
Das schmerzt mich extrem. Diese zu verurteilende Begleiterscheinung macht mich traurig und lässt die eigentliche Diskussion darüber, wer für das Amt besser geeignet wäre, in den Hintergrund rücken. Ich kämpfe gerne hart – aber immer sachlich. Jene, die mich – häufig anonym – angreifen, halten sich leider nicht an die Spielregeln und den Anstand.
Denken Sie, dass Sie allenfalls von dieser Medienpräsenz profitieren können?
Das wird sich zeigen. Statistisch gesehen geht eher die ältere Generation zur Urne. Sie ist es auch, die vielleicht eher skeptischer gegenüber den neuen Medien eingestellt ist.
Daher hat eine hohe Medienpräsenz Vor- und Nachteile.
Jedoch konnte ich persönlich durch die vielen Leserbriefe und die vielen Anfragen der Medien dazulernen. Der richtige Umgang mit Onlineportalen und die enorme Macht der Medien sind nicht zu unterschätzen. Auch die Positionierung der einzelnen Portale durch die subtile und einseitige Berichterstattung war teilweise klar ersichtlich.
Und wie sieht es mit den Inhalten in den besagten Leserbriefen aus? Wie stehen Sie zu dieser Kritik?
Selbstverständlich nehme ich die Kritik entgegen. Ich versuche konstruktiv und sachlich an wirklichen Kritikpunkten zu arbeiten. Kritikpunkte, die jedoch persönlicher Natur sind und nichts mit meiner Kandidatur oder der Sache an sich zu tun haben, versuche ich oftmals auszublenden.
Ich will, dass die Menschen in meiner Gemeinde sehen, dass sie ernstgenommen werden. Dass ich ihre Bedenken teile und versuche, ihren Anliegen entgegenzukommen. Denn das gehört auch zu den wichtigsten Aufgaben einer Gemeinderätin. Viele Politiker, egal auf welcher Ebene, vergessen mitunter, weshalb sie in der Politik sind, nämlich um der Bevölkerung zu dienen.
Auch wir haben die Vorkommnisse zum Anlass genommen, ein Podcast-Gespräch mit Ihnen zu führen. Wird aktuell demnach im Wahlkampf über die falschen Themen diskutiert. Geht es zu wenig um die eigentlichen Schwerpunkte?
Ja, das ist wirklich so. Was soll daran störend sein, wenn ich auf dem Nachhauseweg im Zug auf Instagram ein Foto poste? Welche negativen Auswirkungen hat die Tatsache, dass ich gerne gepflegt und modern auftrete?
Viel wichtiger ist doch, dass ich ehrenamtlich meine Freizeit für diverse Posten investiere, um etwas in unserer Gemeinde zu bewegen.
Wie schützen Sie sich selbst vor gewissen Angriffen?
Als alleinerziehende Mutter habe ich gelernt taff und mutig zu sein. Sachlich bezogene Angriffe gehören zu einem Wahlkampf dazu. Diese können jedoch auch mit Fakten widerlegt oder abgewehrt werden.
Mich stören, wie bereits gesagt, die persönlichen Angriffe, die perfide und mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten – oft in anonymer Form – stattfinden.
Zum Glück bin ich eine Kämpfernatur und lasse mich von meinem Weg nicht abbringen.
Nun geht es ja letztlich «nur» um einen Gemeinderatssitz. Ist es das Alles wert dafür?
Natürlich ist es das wert! Was für eine Frage…
Ich lebe in St. Margrethen, meine Tochter geht hier zu Schule, meine ganze Familie ist hier. Ich habe hier Freunde und Bekannte. Wir haben hier die Vereine, bei denen ich aktiv bin. All diese Menschen, die Tag für Tag ihren Beitrag zu unserem Wohlstand leisten, sind mir wichtig. Für sie möchte ich mich einbringen. Das ist jede Mühe und Anstrengung wert.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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