Welche Kräfte werden die verschiedenen Parteien der Region schon bald prägen? In einzelnen Interviews stellen wir die Hoffnungsträgerinnen und -träger vor. Heute: Dario Koch (*1994), SVP-Politiker aus Appenzell.
Zivilstand: ledig
Ausbildung/Beruf: dipl. Techniker HF Bauführung
Partei und Funktion: SVP Appenzell, Mitglied Bezirksrat Appenzell AI
In der Partei seit: 2020
Hobbies: Reisen, Biken, Wandern, Skifahren, Motorsport, Freunde, Kultur
Hätten Sie schon immer eine Nähe zu der Partei, in der sich heute aktiv sind? Oder standen Sie dereinst auf einer anderen Seite?
Ich habe mich schon immer für die Politik und das Geschehen im wirtschaftlichen sowie im sozialpolitischen Umfeld – regional und überregional – interessiert. Auch im Elternhaus wurden politische Themen besprochen. Die verschiedenen Ansichten bei diversen politischen Fragen wurden innerhalb der Familie kontrovers diskutiert, die Toleranz zu unterschiedlichen Haltungen toleriert und akzeptiert. Die Zugehörigkeit zur Parteilinie der SVP ist in mir mit der Zeit herangereift. Die Parteilinie der SVP entsprach immer weitgehend meinen politischen Haltungen und Werten. Schon in der Kindheit war ich sehr interessiert, wie die Landsgemeinde in Appenzell Innerrhoden und das politische System funktionieren.
Gab es einen bestimmten Auslöser, der bei Ihnen das Interesse für die Politik geweckt hat? Was war die Motivation, sich in einer Partei zu engagieren?
Eigentlich wollte ich mich schon früher politisch und gesellschaftlich engagieren, doch meine Weiterbildungen erlaubten mir zeitlich das Engagement noch nicht früher. Rückwirkend gesehen war dies auch gut so. Ich konnte in der Zwischenzeit reifen und die Fähigkeit erlangen, auch andere Sichtweisen zu meinen Ansichten zu integrieren, zu tolerieren und Zusammenhänge weitgehender zu verstehen. In die Partei bin ich vor meiner Wahl in den Bezirksrat eingetreten. Somit kannte der Wähler auch meine politische Denkweise. Ich spürte auch, dass unser jetziges System in vielen Bereichen Reformen benötigt. Dies hat in mir ein Weckruf für politisches Engagement ausgelöst.
Wenn Sie Ihre Partei mit einer Schulnote bewerten müssten, wie würde die Benotung ausfallen?
Noten werden auch in der Schule zunehmend abgeschafft, da sie nur eine Momentaufnahme einer Prüfungssituation beurteilen. Wenn ich nicht hinter meiner Partei stehen könnte, wäre ich nicht dabei. Sicherlich bin ich nicht auf der ganzen Linie immer einer Meinung mit meinen Parteikollegen. Das ist auch richtig so. Somit entsteht ein Dialog, der wieder zu neuen Lösungen führt. Jedoch kann ich voll hinter den Werten unserer Partei stehen.
Was benötigt es, damit diese Bewertung dereinst noch besser ausfällt?
Wir erledigen unsere Aufgaben und engagieren uns für unser Land nach bestem Wissen und Gewissen. Ob dies jedoch von der Mehrheit der Schweizer Bevölkerung goutiert wird, zeigen die Ergebnisse der Wahlen an den Volksabstimmungen. Wir sind wählerstärkste Partei, jedoch können auch wir uns stetig verbessern.
Was sind Ihre persönlich wichtigsten Kernanliegen? Wofür möchten Sie sich einsetzen?
Ich übernehme sehr gerne Verantwortung. Deshalb engagiere ich mich seit 2020 auch gerne am politischen Geschehen in Appenzell als Bezirksrat. In der SVP kann ich an der Weiterentwicklung der Schweiz mit unserem Engagement teilnehmen, was mir auch wichtig ist. Als Vertreter der jungen Generation und der KMU-Nachfolger möchte ich politisch und gesellschaftlich mitgestalten. Durch meine Tätigkeit als Bauführer habe ich direkten Kontakt zur Bevölkerung und deren Anliegen. Die Wahrnehmung, dass die Bürger unbürokratische, durchdachte und weitsichtige Lösungen bevorzugen, entspricht auch meiner Haltung.
Unser Kanton, Appenzell Innerrhoden, früher einer der ärmsten Kantone, hat durch Fleiss, harte Arbeit, Zusammenhalt, Besinnung auf souveräne Werte und gesundem, weitsichtigem Denken sowie einem verwurzelten tiefen Zugehörigkeits- und Verantwortungsgefühl auch den nachfolgenden Generationen gegenüber, immer fundierte und volksnahe Entscheide gefällt und besonnen politisiert.
Die Parteizugehörigkeit ist nebensächlich. Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sind nach wie vor Werte, die wir uns in gewissen Fragen bewahren wollen und müssen – und dies parteiübergreifend. Es gilt, dem Volksvermögen, das durch vorgängige Generationen geschaffenen wurde, Sorge zu tragen und haushälterisch umzugehen. Unkontrollierte Umverteilungen und Ausbeutung unserer Sozialwerke müssen verhindert werden. Zudem dürfen Steuern nicht permanent erhöht werden. Dies schwächt Unternehmen und Bürger, die irgendwann nicht mehr investieren werden oder können. Die Zuwanderung muss neu geregelt werden. Auch unsere Neutralität in der jetzt hoch gefährlichen Kriegssituation müssen wir wahren und genau definieren. Unsere Stärken liegen und lagen seit je her in der Schaffung von neutralen Gesprächsplattformen. Dies schliesst humanitäre Hilfe, unsere Stärke, jedoch nicht aus.
Arbeitsplätze sollen vorrangig für Schweizer gesichert werden und Anreize zum Missbrauch unserer Sozialwerke und dem Asylwesen müssen verhindert werden. Waren und Personen sollten an den Grenzen wieder vermehrt kontrolliert werden. Auch der Kriminaltourismus und die Nichtumsetzen der Ausschaffung verurteilter Ausländer muss mit Nachdruck angegangen werden. Die Welt und die Rahmen- und Lebensbedingungen verändern sich rasanter denn je. Die Digitalisierung hat in allen Branchen Einzug gehalten. Alles und jeder ist miteinander vernetzt. Nun gilt es aber, unsere gesellschaftliche Vernetzung vermehrt zu stärken und zu erhalten. Dies fördert unser Zusammengehörigkeitsgefühl, unsere Wirtschaft, die Weiterentwicklung der Schweiz, der KMU und bildet hoffentlich ein gutes Fundament für die nächsten Generationen. Auch Steuern sollten gesenkt und die Steuereinnahmen nicht zweckentfremdet ausgegeben werden. Die Altersvorsorge muss gesichert werden. Wirtschaftsflüchtlinge sollen bei uns keinen Zuschlupf mehr finden, sondern nur noch echte Flüchtlinge. Der Asylmissbrauch muss gestoppt werden. Das finanzielle Engagement in den unterentwickelten Ländern soll vorangetrieben werden, damit die Menschen im Heimatland eine Grundlagenexistenz haben und in ihren Ländern und Kulturen bleiben können.
Unsere Familie und der Familienbetrieb Koch AG sind engagierte Investoren in Wasserkraft – dies schon vor der Energiekrise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Diese Stromgewinnungsform soll weiter gefördert und die Bewilligungshürden gesenkt werden. Gesunden Strom zu erzeugen ist heute möglich, sinnvoll und nachhaltig. Die öffentlichen Verkehrsnetze sollen weiter ausgebaut werden. Jedoch muss auch das Strassennetz mit den dafür vorgesehenen Steuern stetig unterhalten und ausgebaut werden. Ländliche Regionen dürfen nicht durch zu hohe Treibstoffabgaben belastet werden, da für viele Bewohner der Gebrauch eines privaten Autos die einzige Möglichkeit ist, zur Arbeit zu kommen. Ein gutes Strassennetz wirkt sich zudem fördernd für den Wirtschaftsstandort Schweiz aus. Für all diese Werte stehe ich ein. Als junger Schweizer Bürger möchte ich für unseren Kanton und unser Land diese Werte vertreten, verteidigen und helfen, unsere Schweiz in ihrer Entwicklung zu stärken.
Welche politischen Ambitionen haben Sie? In welcher Funktion würden Sie dereinst gerne aktiv sein?
Ich bin im Bezirksrat Appenzell und glücklich in dieser Funktion. Ich kann aktiv mitgestalten, wie unsere Steuergelder eingesetzt werden. Durch meine Berufserfahrungen kann ich wertvolle Beiträge in verschieden Bereichen leisten. Die Altersdurchmischung im Rat widerspiegelt im Kleinen, was in der ganzen Schweiz zentral ist. Es muss das Bedürfnis aller Alters- und Sozialklassen Rechnung getragen werden.
Ich strebe im Moment jedoch keine weiteren politischen Ämter an. Ich wurde bereits angefragt, mich bei den Wahlen als Grossratsmitglied aufstellen zu lassen. Dies habe ich jedoch dankend abgelehnt. Auch in der SVP strebe ich kein Amt an. Mein Hauptfokus liegt im Moment auf meiner beruflichen Weiterentwicklung im KMU der Koch Strassen- und Tiefbau AG. Wir Jungen in der 3. Generation beschäftigen uns jetzt schon mit der Nachfolgeregelung unseres Betriebs mit ca. 90 Mitarbeitenden. Hier gilt es, um- und weitsichtig zu planen und zu handeln.
Kommt es vor – ob im politischen Umfeld oder auch privat –, dass Sie eine extreme Position einnehmen, weil Sie Freude an der Debatte haben?
Ich provoziere nicht mit extremen Positionen, sondern versuche durch handfeste Argumente und Fakten sowie vielleicht einmal einer ungewöhnlichen Frage auf andere oder langfristige Sichtweisen hinzuweisen. Generell, auch in meinem Job, muss man gemeinsam zu guten Lösungen finden. Gleichzeitig soll und darf ein Gegenüber mit einer anderen Sichtweise nicht sein Gesicht verlieren müssen, wegen einer Fehleinschätzung. Das hat mit Respekt und Achtung zu tun.
Jedoch kann ich gut, auch in einer Gruppe mit geschlossener Meinung, eine Gegenmeinung vertreten und lasse dann den Versuch nicht aus, die Gruppe von meiner Sichtweise zu überzeugen – und scheue auch nicht die Konfrontation. Nicht, um Gegendruck aufzubauen oder zu provozieren, sondern, weil vielleicht Gegenargumente vergessen oder ausgeblendet wurden.
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie merken, dass Sie falsch liegen?
Es gibt in der Politik nicht richtig und falsch. Es ist immer ein Abwägen von Fakten, Analysen, Zahlen, Daten Ursachen und Werten. Niemand kann genau in die Zukunft schauen. Entscheide, die getroffen werden sind immer, die in diesem Zeitpunkt mit all den zur Verfügung stehenden Informationen und Fakten die bestmöglichen. So entscheide ich. Sollte sich eine Entscheidung im nachhinein als falsch herausstellen, muss sie korrigiert und reflektiert werden. Was hat zu dieser Fehlentscheidung geführt und wie können sich solche Fehlentscheidungen zukünftig vermeiden lassen? Entwicklung basiert auf der Grundlage von ständig gefällten Entscheidungen und deren Folgen. Im Leben, im Geschäft und in der Politik.
Möchten Sie eine neue Bekanntschaft in erster Linie von Ihren Qualitäten oder von Ihrer politischen Stossrichtung überzeugen?
Weder noch.
Ich bin Dario Koch, in seiner Ganzheit als Mensch mit einem grossen Herz und einer gesunden Portion Humor. Ausgestattet mit den familiären Prägungen, meinen Erfahrungen im Leben durch Erlebnisse, Bildung, Beziehungen, Reisen, der Natur und dem Ort meines Lebensmittelpunkts Appenzell, der auch in meiner Prägung mitschwingt.
All das macht mich aus, als Mensch, als Arbeitskraft und als Politiker.
Gibt es in der jüngsten Vergangenheit der Schweiz einen politischen Meilenstein, der Ihnen so gar nicht in den Kram passt?
Da wir in einer Demokratie leben, sollen alle Entscheide demokratisch von der Bevölkerung mitgetragen werden und nicht danach durch wiederkehrende Debatten nach einem Volksentscheid aufgerollt werden.
Von unserem Bundesrat hätte ich mir in der Corona-Zeit doch raschere Entscheide und Handlungen gewünscht. Vieles wurde zu spät entschieden und zu lange beobachtet. Da gäbe es Verbesserungspotential.
Welche drei Punkte stehen aktuell ganz oben auf Ihrer politischen Pendenzenliste?
Junge Menschen zu motivieren, sich politisch zu engagieren
Meine Aufgaben im Betrieb und in meinem politischen Amt zum Wohle aller, bestmöglich zu meistern
In der im Moment täglich wechselnden politischen Weltlage und in der Schweiz informativ «up to date» zu bleiben und mich ständig zu informieren. Dies ermöglicht mir, allumfänglich fundierte Entscheide auch in meinem Amt als Bezirksrat weitsichtig zu fällen
Und welche drei Punkte stehen auf der privaten Liste?
Meine Erfahrungen im Job als Bauführer im elterlichen KMU-Betrieb zu festigen und auszubauen
Job, Amt und private Beziehungen in einem gesunden Gleichgewicht zu halten, was auch der Schlüssel für eine gute Gesundheit auf Körper- und Beziehungsebene bildet
Mich von Leben überraschen zu lassen… und irgendwann eine Familie gründen, in Appenzell wohnen bleiben, vielleicht ein eigenes Haus bauen – denn ich bin ein absoluter Familienmensch und ein tief verwurzelter Appenzeller
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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