Der Schweizer Thomas Baer lebt seit einigen Jahren in Vorarlberg. In loser Folge berichtet er künftig über die Coronasituation in unserem Nachbarland Vorarlberg. Hier Folge 2.
Liebe Schweizerinnen und Schweizer
Was uns in den vergangenen zwei Jahren doch von diversen Politikern und «Star-Virologen» alles prophezeit worden ist, auch hier in Österreich! Schon ganz am Anfang wirkte es skurril, als am 16. März 2020, notabene am Anfang eines «Minibergs» an bestätigten Corona-Fällen erstmals der Lockdown (nicht Shutdown!) ausgerufen wurde. Ich sass noch in einer der letzten Gondelbahnen zum Skifahren und wir witzelten über das Virus, nicht wissend, was uns die kommenden Wochen und Monate bescheren würden. Lustig war das, was kam, in der Tat nicht: Hotels und Restaurants machten dicht, man durfte keine Leute mehr treffen, die Wohnung durfte nur verlassen werden, wenn man Einkaufen oder zur Arbeit musste (konnte). Nur noch Geschäfte des täglichen Bedarfs hatten offen; alle anderen Dienstleister waren geschlossen, ab 20 Uhr abends musste man drinnen bleiben und in Supermärkten herrschte Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Vor dem Lockdown sah es aus wie im Krieg! Die Regale waren leer, so wie man es aus den USA vor einem herannahenden Hurrikan kennt, wenn die Leute ihren Notvorrat bunkern. Und, obwohl ich das bis heute noch immer nicht verstehen kann, war das WC-Papier das begehrteste Utensil. Einkaufswagen waren zum Bersten voll, obwohl eigentlich allen Menschen hätte klar sein sollen, dass Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte jeden Tag offen haben würden.
Wenn ich das Verhalten der Menschen beobachtete, wähnte ich mich in einer anderen Welt, die mir plötzlich fern und fremd zu wirken schien. Ist das jetzt die «neue Normalität»? Unser Dorf war auf einmal wie ausgestorben, Autos fuhren kaum mehr; es war beängstigend still. Und dann brach keine Viruswelle, sondern eine Welle der Angstmacherei übers Land herein, die ihresgleichen suchte. 100'000 Tote sollte es nach Kanzler Kurz geben; jeder werde jemanden kennen, der an Corona verstorben sei – ich kenne bis heute niemanden, zumindest nicht persönlich. In unseren Zeitungen wurden Sargbilder von Lampedusa 2013 als Bergamo-Bilder publiziert, und dass ein beträchtlicher Batzen zur Aufrechterhaltung der Panikmache an diverse Boulevardblätter floss, ist längst kein Geheimnis mehr. Ihr liebe Schweizerinnen und Schweizer habt es noch einmal in der Hand, wenn ihr am 13. Februar über die Medienförderung abstimmen könnt. Staatlich subventionierte Medien sind brandgefährlich und können nicht mehr unabhängig, neutral und objektiv berichten!
«Vorweihnächtliche Stimmung»
Wöchentlich sah und hörte man die österreichische Bundesregierung am Fernsehen, wenn sie ihre neuen Strategien und Massnahmen bekanntgaben. Bald war es ein ziemliches Durcheinander. Was letzte Woche noch galt, konnte schon tags darauf überholt sein. Dann kam der zweite Lockdown am 17. November. Abermals durfte man niemanden mehr treffen (Ausgangssperre rund um die Uhr!), Handel und Dienstleister mussten wieder schliessen. Um die vorweihnächtliche Stimmung nicht ganz zu verderben, überbrachte Nikolaus «Kurz» am 7. Dezember den Lockdown «light», jedoch ohne Weihnachtsmärkte und Ausgangssperren nur noch nachts. An Weihnachten so etwas wie Gnade; eine weitere Erleichterung, damit man wenigstens maximal zu zehnt das Fest der Liebe und Besinnlichkeit feiern durfte, notabene ohne den Ein-Meter-Abstand und ohne Maske; welch ein schönes Geschenk! Die Bergbahnen durften dauerhaft aufsperren, aber Winterurlaub war nicht zulässig, und so war unser kleines Skigebiet faktisch nur für unser Dorf geöffnet, einfach ohne die Skihütten, dafür mit einem Schnäpschen an der Skilift-Talstation!
Doch die Weihnachtsfreude währte nur «kurz» – der Name unseres Ex-Kanzlers schien Programm zu sein – denn ab dem 26. Dezember kam der dritte Lockdown! Jeder Haushalt durfte maximal mit einem anderen Haushalt Kontakt haben, die Ausgangssperre wurde wieder auf rund um die Uhr ausgeweitet. Die erlösende Botschaft kam aus Wien; hier wurde soeben die erste Impfung verabreicht. Man hörte ein tiefes Aufatmen der Erleichterung von Ost nach West. Doch was wäre Zuckerbrot ohne Peitsche, wenn im Januar der so nützliche Mund-Nasen-Schutz plötzlich nicht mehr sicher genug war und durch die FFP2-Maske abgelöst werden musste? Der «harte» Lockdown endete mit dem 8. Februar 2021. Die Schulen kehrten zu einem halben «Präsenzunterricht» zurück, zum Frisör dürfte man nur mit einem 48 Stunden lang gültigen Corona-Selbsttest. Meine Frisur glich langsam jener eines Neandertalers; aber wen musste das kümmern. Unter dem Skihelm und dick vermummt, sah man meine Mähne ja nicht! Die gesamte Gastrobranche blieb weiterhin geschlossen.
Die «Roten Zonen»
Den Vogel schoss unsere Landesregierung im vergangenen Mai ab: Der gesamte Bregenzerwald wurde abgeriegelt. Ausreisen durfte nur noch, wer an den Kontrollstellen einen negativen Test vorweisen konnte. Leider aber ist der Bregenzerwald so gut wie selbstversorgend, und so liessen sich viele Wälder gar nicht testen. Das passte Landesrat Gantner natürlich gar nicht, und so äusserte er unverblümt in Vorarlberg Live seine wahre Absicht: Er installierte in diversen Gemeinden, wo die Zahlen stiegen, «Rote Zonen», sprich, man durfte und konnte nicht mehr ungetestet und ohne FFP2-Maske durch den eigenen Ortskern spazieren! Und da ja auch die Lebensmittelgeschäfte sich meist in der Ortsmitte befinden, erhoffte sich Gantner, dass sich spätestens jetzt möglichst viele testen lassen würden.
Der Sommer, wenn die Corona-Viren bekanntlich in den «Urlaub» fahren, war gottlob entspannt. Nachdem am 19. Mai wieder alles, selbstverständlich nur mit 3G-Regel, öffnen durfte, wurde auf Juli nochmals weiter gelockert!
Eine «Drohkulisse» sondergleichen
Und jetzt aktuell, wo bald 65 % der gesamten Bevölkerung geimpft ist? Die Infektionszahlen steigen derzeit auf Werte, als hätte es die Corona-Impfung nie gegeben. Dumm nur, dass Ex-Kanzler Kurz noch vor wenigen Wochen die Pandemie für Geimpfte und Genesene für faktisch beendet erklärt hatte.
Nun ist die Gelegenheit für den neuen Kanzler Schallenberg gekommen, noch einmal tüchtig auf die Ungeimpften einzudreschen, derselbe Kanzler, der vor wenigen Tagen noch beteuerte, man werde niemanden zur Impfung zwingen. Jetzt aber werde der Winter und Weihnachten für Ungeimpfte «sehr ungemütlich». Doch ob seine «Drohkulisse», wie er selber sagt, Wirkung zeigen wird, ist mehr als fragwürdig. Ihr, liebe Schweizerinnen und Schweizer hattet ja eine scheinbar äusserst erfolgreiche Impfwoche hinter euch! Bei uns ist übrigens ein sogenannter 5-Stufen-Plan seit September in Kraft. Clou war, dass die Stufen 2 und 3 gleich einmal zusammengelegt wurden; und ja; der Lockdown für uns Ungeimpfte, ist nun sicher, bis mindestens Weihnachten! Doch glaubt mir, liebe Schweizerinnen und Schweizer; nach so vielen Lockdowns, Freiheitsberaubungen und Einschränkungen jeglicher Art, kommt es auf einen Lockdown mehr oder weniger auch nicht mehr an. Nur; eines ist sicher, auch in Österreich werden die Menschen diesen ganzen Irrsinn womöglich nicht mehr lange mitspielen. Spätestens dann, wenn alle Ungeimpften «im Hausarrest» sitzen, wird sich zeigen, was mit den Infektionszahlen wirklich passiert; Dänemark lässt grüssen!
In diesem Sinne phüet eu
Thomas Baer
Thomas Baer (*1971) absolvierte das Lehrinnen- und Lehrerseminar und unterrichtete von 1999 bis 2006. Danach arbeitete er als Freischaffender Journalist für den Tages Anzeiger Regional, verfasste auch sporadisch astronomische Berichte und Reportagen für die Neue Zürcher Zeitung und wurde ab 2007 Redaktor der astronomischen Fachzeitschrift ORION, welche durch die Schweizerische Astronomische Gesellschaft SAG herausgegeben wird. Heute lebt und arbeitet er in Vorarlberg.
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