Die Neugestaltung des Bahnhofplatzes in Wil fordert Opfer: Die Taxifahrer. Sie sollen in Zukunft weiter weg vom Geschehen stehen. Eine Stadtparlamentarierin macht sich nun stark für die Taxis: Diese seien Teil des öffentlichen Verkehrs und wichtig für die Stadt.
«Wiler Taxis kämpfen ums Überleben»: Das ist keine aktuelle Schlagzeile, sie ist sie rund vier Jahre alt und stammt aus den «Wiler Nachrichten». Damals ging es um einen allgemeinen Rückgang der Taxinutzerzahlen sowie den Vorwurf an die Stadt, sie erteile zu viele Konzessionen. Die Stadt berief sich damals - zu Recht - auf den freien Markt.
Nun sieht die Sache aber ein bisschen anders aus. Es geht um die geplante Neugestaltung des Bahnhofplatzes. Ein wichtiges Projekt, geht es doch um Eingriffe an eine zentrale Drehscheibe in der Region, die jedes Jahr von über vier Millionen Menschen genutzt wird. Es gilt, die Interessen von Bahn- und Buspassagiern, Auto- und Velofahrern und Fussgängern unter einen Hut zu bringen.
Und die Interessen der Taxibetriebe, die ebenfalls eine Rolle spielen. Sie werden aber laut der GLP-Stadtparlamentarierin Erika Häusermann im 75-seitigen Masterplan zum Projekt «lediglich am Rande erwähnt». Häusermann hat eine Anfrage an den Stadtrat eingereicht und macht bereits im Titel klar, was sie findet: «Die Neugestaltung des Bahnhofplatzes ohne Rücksicht auf Taxis und ihre Passagiere.»
Der Stadtrat setze sich im Masterplan für verbesserte Verkehrsabläufe für den ÖV und die anderen Verkehrsträger zum Ziel. «Offensichtlich sind die Taxis darin nicht inbegriffen», so Häusermann. Die Taxifahrenden seien enttäuscht, da sich ihre Lage klar verschlechtere: Die Standplätze sollen um rund 100 Meter nach Westen verschoben werden. Ausserdem soll es nur noch acht statt wie bisher elf Plätze geben. Die Stadtparlamentarierin zitiert dazu die SBB wie folgt: «Es ist offensichtlich, dass die grösseren Distanzen zu Ungunsten der Taxikunden ausfallen.»
Konkret bedeute die Verschiebung vor allem bei langen Zugskompositionen bis zu 400 Metern Länge einen klaren Nachteil. Zugreisende, die in Fahrtrichtung St.Gallen in den vorderen Wagen sitzen, müssen laut Häusermann mehrere hundert Meter zu Fuss zurücklegen, bis sie bei einem Taxi angekommen sind. Ebenfalls ein Problem sei es für Passagiere mit schweren Gepäck, für Rollstuhlfahrer oder Behinderte sowie ältere Reisende. Und auch für Frauen, die sicher nach Hause wollen. Sie alle seien angewiesen darauf, dass die Taxis am Bahnhof in kurzer Gehdistanz erreichbar sind.
Die Stadtparlamentarierin macht auch darauf aufmerksam, dass in Wil bereits klimafreundliche Elektrotaxis im Einsatz seien. Auch sei die Kooperation zwischen Bus und Taxi «zur Erfolgsgeschichte geworden. Eine weitere Innovation sei das «Wiler Abendtaxi» das eine Art Verlängerung des Stadtbus-Fahrplans darstellt. Es gebe mit diesen und weiteren Modellen ein Wachstumspotenzial für das Taxigewerbe, das nun aber durch die Verschlechterung des Standorts gefährdet sei.
Im direkten Gespräch mit dem zuständigen Stadtrat habe sie kein Gehör gefunden, so Erika Häusermann, so dass sie nun zum Mittel der Anfrage gegriffen hat. Was es bewirkt, bleibt abzuwarten.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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