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Schlusspunkt

Aus. Ende. Vorbei. Denn der Sieger steht fest.

Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer hat sich entschieden. Still und doch vielsagend. Ihrem Willen – oder ihrer Lethargie – kann man nichts mehr entgegensetzen. Es macht keinen Sinn, sich dem noch länger in den Weg zu stellen.

Stefan Millius am 15. Mai 2021

Wo soll man beginnen, wenn man aufhören will? Das Feld ist weit. Grenzenlos sogar. Die letzten 14 Monate haben so viel an reiner Willkür, Aktivismus ohne Evidenz und unberechtigtem Aushöhlen der Grundrechte gebracht, dass es ein Kraftakt wäre, alles aufzulisten. Ein sinnloser Kraftakt. Denn wir haben sehr früh und unermüdlich alles aufgeführt, was nicht erklärlich und dennoch gelebte Realität ist in der Schweiz im Jahr 2021. Es gibt alles Schwarz auf Weiss. Aber ohne Folgen für die Wahrheitsfindung.

Das Land, das sich heute präsentiert, ist das Ergebnis einer kafkaesken Entwicklung, die auf Übertreibungen, Unverhältnismässigkeit und auch nackten Lügen basierte. Aber, und das muss man selbstkritisch eingestehen, es ist nie gelungen, mehr Leute mit dieser Botschaft zu erreichen als diejenigen, die es ohnehin schon erkannt haben. Angst ist stärker als Wissen.

Irgendwann erreicht man den Punkt, an dem man einräumen muss: Es bringt nichts. Obschon die Schweiz ausgestattet ist mit beneidenswerten Volksrechten, mag nur eine Minderheit diese beanspruchen. Bei uns ist sich jeder selbst der Nächste. Wenn die kommenden Ferien mit einem Impfzertifikat gesichert werden können: Wohlan, warum auch nicht. Dass damit eine Zweiklassengesellschaft geschaffen wird, die mit nichts anderem als dem Begriff Apartheid umschrieben werden kann, dass das der Beginn einer unheilvollen Entwicklung ist, interessiert nur eine kleine Gruppe. Die grosse Masse arrangiert sich mit der neuen Wirklichkeit. Weichgeklopft von einer Panik, die nie eine echte Basis hatte. Jede Zahl beweist das. Aber wenn Regierungen und Medien Hand in Hand ihre eigene absurde Interpretation dieser Zahlen verbreiten und sie zur Durchsetzung völlig verfehlter Massnahmen nützen und fast alle mitmachen, ist der Krieg verloren.

In Bern wurde das besonders sichtbar. Statt einer Grossdemonstration kritisch denkender Menschen war nur eine Seite wirklich präsent: Die Polizei. Wild entschlossen in einem ungesunden blinden Gehorsam, die Macht zu verteidigen. Zu verteidigen vor friedlichen Bürgern, die keine Angst vor einem Virus haben, das 99 Prozent der Menschen in Ruhe lässt, sondern Angst vor dem schleichenden Abbau von Rechten. Vor einem überbordenden Staat. Vor einem Staat, der sich am 13. Juni voraussichtlich vollends legitimieren lassen wird und dann tun und lassen kann, was er will. Begleitet von einem «Terrorgesetz», das Leuten auf eine blosse Ahnung hin die Freiheit rauben kann. Früher war das Thema von Science-Fiction-Filmen, nun wird es unsere Realität.

Es ist ein Staat, den keiner ernsthaft haben will, aber man bekommt bekanntlich immer, was man verdient. Und wer schweigt, der verdient nichts Besseres.

Aber kann man von den Leuten, die nicht schweigen, erwarten, dass sie unermüdlich und ohne Ablaufdatum darauf hinweisen, was in diesem Land geschieht? Auf Kosten der eigenen psychischen Gesundheit, der Jobsicherheit, des Verlusts des sozialen Umfelds? Es gab wohl kaum je Demonstranten, die auf die Strasse gingen, weil ihnen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit oder das Tragen einer Maske persönlich auf die Nerven ging. Sie taten es, weil sie erkannten, wohin dieser Weg führt – für uns alle. Innerhalb von etwas mehr als einem Jahr wurde so vieles möglich, was früher undenkbar war, und man mag sich gar nicht ausmalen, was vor diesem Hintergrund noch alles geschehen kann. Wer Kinder hat, will das gar nicht erst versuchen. Die Büchse der Pandora ist offen.

Nichts von dem, was seit Frühjahr 2020 geschehen ist, hat eine Berechtigung, nichts ist belegbar nötig oder gar wirksam. Aber die Leute spielen mit. Und man sollte sie nun lassen. Aus dem Spiel wird früh genug ernst werden. Früh genug und doch zu spät. Die Frage «Warum habe ich geschwiegen?» wird noch viele Menschen begleiten in den nächsten Jahren. Spätestens, wenn sie schliesslich doch noch selbst zum Opfer von dem werden, was sie zugelassen haben.

Aber noch einmal: Ist es gerecht, die Verantwortung für die Gesellschaft, für die Bewahrung der Grundrechte, den wenigen Leuten aufzubürden, die früh erkannt haben, was hier geschieht? Müssen sie sich aufopfern für eine Mehrheit, die blind ist und blind bleibt? Es winkt keine Medaille, kein Schulterklopfer. Im Gegenteil. Man muss sich von den Medien und der Öffentlichkeit für diesen Einsatz sogar als Skeptiker, Leugner oder schlicht für verrückt bezeichnen lassen. Man muss sich «wegweisen» oder verhaften lassen im Bestreben, zu retten, was zu retten ist. Es ist bekanntlich moralisch verboten, Parallelen zu früheren Zeiten zu ziehen, aber das muss man ja auch gar nicht tun, sie sind offensichtlich.

In diesem Sinn: Wir haben es monatelang aus Überzeugung getan, und es war ohne Frage wichtig für viele Menschen, wie die zahlreichen Rückmeldungen zeigen. Aber wir haben erkannt, dass es nichts bewegt hat. Weiterhin sind wir offen für Gastautoren und ihre kritischen Gedanken, ihr Wachrütteln, ihre Bereitschaft, sich ohne Rücksicht auf eigene Verluste gegen eine Gesellschaft einzusetzen, in der sich eine Regierung von bis an die Zähne bewaffneten Leuten bewachen lässt, gegen Teile des eigenen Volks. Gegen Menschen, die nichts anderes tun als sich für das einzusetzen, was in der Verfassung steht.

Die Worte dieser Autoren sind weiterhin hoch willkommen. Aber wir selbst kapitulieren. Tag für Tag sagen, was ist, auf Widersprüche hinweisen, auf die nackten Fakten und Zahlen verweisen, die belegen, dass alles Lug und Trug ist: Das macht nicht mehr länger Sinn. Es ist vergebene Liebesmühe. Man erreicht damit nur Menschen, die es selbst schon wissen. Der Rest, und das ist der überwiegende Teil der Bevölkerung, will offenbar auf einer nicht existierenden Basis hintergangen und der Grundrechte beraubt werden. Aus Desinteresse, aus Lethargie, aus Müdigkeit, aus Angst.

Das ist nicht zu verstehen, aber es ist zu akzeptieren.

Es gibt eine irische Lebensweisheit. Sie lautet: «No forcing the sea.» Was so viel bedeutet wie: Du kannst das Meer nicht in den Griff kriegen, du kannst es niemals beherrschen, egal, was du versuchst, es ist immer stärker als du. Das Meer der Angst, systematisch kreiert von Leuten, die sich damit die lästigen, mitdenkenden Teile der Bevölkerung vom Hals geschafft haben, ist unüberwindbar. Weder Zahlen noch Fakten noch Enthüllungen noch der gesunde Menschenverstand können gegen dieses Meer ankommen.

«No forcing Corona.»

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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