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Die Covid Task Force Papers

Blick in die Dunkelkammer

Haftungsfrei und verantwortungslos beraten. Das ist die Aufgabe der vielen Task Forces in der Bundesverwaltung. Gut versteckt im Internet findet man ihre Sitzungsprotokolle.

«Die Ostschweiz» Archiv am 23. November 2021

Die «Swiss National Covid-19 Science Task Force» (SN-TF) to the Bundesrat ist sozusagen der Champion aller Task Forces. Hoheitsvoll lässt sich deren Präsident in der «Tagesschau» vernehmen: «Wir begrüssen die Entscheidungen des Bundesrats.» Manchmal ist diese Plattform für Selbstdarsteller auch gar nicht zufrieden mit ihrem Bundesrat, dann muss sie schimpfen und kritisieren.

Das tat sie so ausführlich, dass sogar dem geduldigen Gesundheitsminister Alain Berset der Kragen platzte und er klarstellte: «Die Wissenschaftler sind sehr wichtig für uns, aber sie regieren nicht die Schweiz.» Diese nicht demokratisch legitimierte Versammlung sollte ab Januar 2020 den Bundesrat in seiner Corona-Politik beraten. Ausdrücklich ist im «Rahmenmandat» festgehalten: Die Mitglieder «kommunizieren nicht selbständig nach aussen».

Aber das stünde der Profilierungssucht der Mitglieder im Wege, denn wann hat ein Epidemiologe oder ein Virologe schon die Chance auf seine 15 Minuten Ruhm. Von Marcel Salathé hatte man bis vor knapp zwei Jahren noch nie gehört, inzwischen hat er einen Karrieresprung hinter sich. Christian Althaus schaffte es leider nicht, trotz Tausenden von Erwähnungen in den Medien, Pech gehabt.

Eigentlich liegt das Dossier, wie es im Beamtenjargon so schön heisst, beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Das hat, Überraschung, auch eine eigene Eingreiftruppe, die «Taskforce BAG Covid-19» (BAG-TF). Während aber die SN-TF es nicht mal für nötig hält, ihre Sitzungen zu protokollieren, tut das die BAG-TF. Auf Druck hat sie diese Protokolle gut versteckt ins Internet gestellt. Nur teilweise und üppig geschwärzt.

Dennoch erlauben diese Papers einen Einblick in diese demokratisch durch nichts legitimierte Dunkelkammer. Zunächst ist auch deren Wirken natürlich nicht gratis: «Die rund 100 temporären Mitarbeitenden in der Taskforce kosteten den Bund im 2020 rund 5 Millionen Franken.» Bei den Kosten von rund 100 Millionen Franken für eine geflopte «Impfwoche» kann man da allerdings von Peanuts sprechen.

Ansonsten ist über das Wirken dieser Task Force wenig bekannt. Das mag auch an der Qualifikation ihrer Co-Leiterin Christine Kopp liegen. Sie ist von Haus aus Ethnologin und war stellvertretende Leiterin der Fachstelle für Rassismusbekämpfung. Das trifft sich gut, das Virus ist ja ausländischer Herkunft.

Aber Scherz beiseite: Die Papiere zeigen, dass sich diese Task Force nur sehr am Rande mit ihren Aufgaben laut Pflichtenheft befasste, also Überwachung und Analyse der «Ausbreitung des Coronavirus in der Schweiz». Stattdessen: Impfungen im Allgemeinen und einer dritten Impfung wird unkritisch das Wort geredet. Aspekte wie Kosten/Nutzen von Massnahmen spielen in den Protokollen keine Rolle. Grosser Wert wird hingegen auf das Monitoring der veröffentlichten Meinung gelegt und auf Kommunikationsstrategien, wie diese beeinflusst werden könnte. Wichtige Informationen wie die, mit wem in «partnerschaftlicher Zusammenarbeit technische Lösungen zum Covid-19-Zertifikat in Diskussion» seien, sind geschwärzt.

Und weiter: Antizipierend werden die Geschäfte des Bundesrats diskutiert, gar «Hinweise für Speaking Notes für BRAB bei Covid-Traktanden» erarbeitet («wir sind auf eure Fach-Inputs angewiesen und schätzen diese» – Rest geschwärzt). Die Task-Force bestimmt also das Wording von Gesundheitsminister Alain Berset (BRAB). «Sprachreglung», «Bereinigung der Statistiken», «heute 154 Artikel im Medienspiegel»: Das interessiert mehr als die Protokollierung wissenschaftlicher Erkenntnisse oder Debatten. Während der Gesundheitsminister eine «Normalisierungsphase» im Sommer 2021 ankündigte, hält die Task-Force fest: «Für einen Wechsel ist es noch zu früh.»

Entlarvend ist die Darstellung einer «aktuellen Kampagnenwelle» von Februar bis März 2021: «Halbredaktionelle Beiträge (Sponsored Content) mit Fokus auf ältere Bevölkerung in diversen Zeitungen, Zeitschriften und Online- Portalen.» Und: «Kommunikationsmassnahmen in Zusammenarbeit mit Pflegeorganisationen» – die Namen sind geschwärzt. Nur in einem lapidaren Satz wird dagegen ein Kernproblem der Impfaktion erwähnt: «Hersteller empfehlen dritte Impfung. Verträge mit Impfstoff-Herstellern: Hersteller übernehmen keine Haftung.»

Hier spricht die Task Force so ganz nebenbei ein entscheidendes Problem der Impfungen an. Das in der Schweiz gültige Produktehaftpflichtgesetz legt eindeutig fest: «Vereinbarungen, welche die Haftpflicht nach diesem Gesetz gegenüber dem Geschädigten beschränken oder wegbedingen, sind nichtig.»

Angesichts der äussert kurzen Testphasen für die neuen Impfstoffe weigerten sich die Hersteller, sie an Länder zu verkaufen, in denen sie für allfällige Impfschäden haftbar gemacht werden könnten. Also ist auch in der Schweiz laut Epidemiegesetz möglich, diese Haftpflicht wegzubedingen. Beziehungsweise, sie wird vom Staat übernommen, also von den Steuerzahlern.

Das gilt allerdings nur während einer «besonderen» oder einer «ausserordentlichen» Lage, unsere Bezeichnungen für einen Notstand. Damit erhebt sich natürlich die Frage, wie es denn bei einer möglichen Rückkehr zur Normalität aussähe; gilt dann die normale Haftpflicht wieder?

Aber mit solchen Fragen hat sich keine einzige der wuchernden Task Forces und der Krisenstäbe befasst. Denn natürlich hat neben dem BAG auch das Verteidigungsdepartment, das Finanzministerium und so weiter seine eigenen Krisenstäbe, die alle eifersüchtig darüber wachen, dass man in ellenlangen Vernehmlassungen ihre Meinungen berücksichtigt. Mit der SN-TF wollte sich der Bundesrat aus dieser Umklammerung befreien und sozusagen eine eigen, direkte, persönliche Task Force haben.

Die ihn, diskret und nicht an die Öffentlichkeit gewandt, berät. Das ist nun gründlich in die Hose gegangen. Wie die Protokolle der BAG Task Force belegen, wird hier im Wesentlichen Leerlauf, Monitoring und Beeinflussung der öffentlichen Meinung sowie direkt des Bundesrats betrieben. Wenn man die meisten dieser Krisenstäbe ersatzlos streichen würde, wäre die Krisensituation in der Schweiz eher ent- denn verschärft.

Denn den Blick auf die Wirklichkeit, auf die Wirtschaft, auf die Gesamtauswirkungen von Lockdowns, Restriktionen und Beschränkungen, den haben diese Stäbe nicht. Oder wie ein gebildetes und frustriertes Mitglied unter dem Schutz der Anonymität bitter bemerkte: mit den Krisenstäben sei es so wie im berühmten Gedicht von Rainer Maria Rilke über den eingesperrten Panther: «Und hinter tausend Stäben keine Welt.»

Kein Wunder, dass der Bundesrat eiert; beraten von Gremien mit Tunnelblick führt er im Blindflug.

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