Der St.Galler Stadtpräsident Thomas Scheitlin ist der Meinung, unsere Stadt sei modern und urban. Wirklich?
Die Stadt St.Gallen liegt mir sehr am Herzen und ich engagiere mich aktiv für den Fortschritt und eine moderne Entwicklung. Es ist mir persönlich ein grosses Anliegen, eine offene, tolerante und lebendige Innenstadt, in all ihren Facetten und mit all ihrem kulturellen Reichtum als «meine Stadt» bezeichnen zu dürfen.
Umso mehr befürworte ich ein attraktives Angebot ausserhalb der Ladenöffnungszeiten. (Damit sind nicht der neue Bahnhof, Lokremise, Offa oder Olma gemeint). Das Leben als Büezer, Unternehmer und Student ist geprägt von so viel mehr Vielfalt und nicht von einer persönlichen Wahrnehmung eines Stadtpräsidenten. In Glanz und Gloria am 24.4.2018 meinte Thomas Scheitlin, dass unsere Stadt modern und urban sei. Das Sitterwerk, unsere Stickerei, das Rathaus, unser neuer Bahnhof sollen tatsächlich für den Menschen der seine Steuern pflichtbewusst zahlt von grosser Bedeutung sein?
Soll das ein Angebot sein, das auf die Menschen der Stadt zugeschnitten ist, ein Angebot das alle Altersgruppen und ihre vielfältigsten Bedürfnisse abdeckt und nicht nur eine Touristenattraktion für ein Prestigeimage sein soll?
Mir als kleiner Frau würde sicher der Blick erweitert, wenn ich mein Büro so wie der Stadtpräsident im obersten Stock des Rathauses haben würde. Jedoch mein Ausblick auf das direkt vor mir liegende würde vermutlich in dieser Höhe verloren gehen. Und so frage ich mich, weshalb ist das oberste Geschoss im höchsten und attraktivsten Gebäude der Stadt nicht für alle Menschen zugänglich? Weshalb ist dort nicht eine Lounge, ein Stadtrestaurant oder eine Bar eingebaut, als Attraktion für die Menschen und die Besucher unserer Stadt?
Ich wünsche mir eine lebendige Stadt die Nachts zum Ausgang und die am Sonntag zum Verweilen anregt. Ich wünsche mir ein reichhaltiges Angebot das breit gefächert attraktiv ist, ein Angebot für den Durchschnittsmenschen in St.Gallen und nicht nur für Junge oder nur gut Situierte.
Die Innovationen und Ideen wären von mutigen Unternehmern und Privatpersonen vorhanden, nur werden sie sehr rasch von Behördenseiten gebremst und leider allzu oft von politischer Seite zu wenig wahrgenommen. Es fehlt die Toleranz, mutige Ideen zu unterstützen und zu fördern. Es fehlt, an die Innovationen zu glauben und dafür zu kämpfen, Paragrafen zu überwinden und nach Lösungen zu suchen, statt Paragrafen zu finden welche die Ideen zu Nichte machen. Ich appelliere für eine barrierefreie, lebendige und lebensfrohe Stadt am Tag, in der Nacht und besonders am Sonntag und fordere die Politik dazu auf, Toleranz zum Mut zu zeigen und Ideen zu unterstützen.
Eine lebenswerte Stadt ist die Quintessenz einer mutvollen Veränderung und sollte doch ein Mehrwert für uns alle sein.
Sarah Bösch (*1982) ist Geschäftsführerin und Mitinhaberin der Hotelkrippe GmbH in St.Gallen.
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