Das Schweizer Stimmvolk wird von Vertretern des Ja für das Geldspielgesetz brandschwarz angelogen.Die Befürworter dieses unsäglichen Gesetzes übernehmen alles ungefiltert.
Vor allem die Aussage, dass weniger Geld in die sozialen und kulturellen Institutionen fliessen würde ist komplett falsch, genau das Gegenteil ist der Fall:
1. Wenn seriöse ausländische Geldspielanbieter mittels Lizenzen (eingebunden mit klaren Auflagen und natürlich besteuert) in unserm Markt agieren könnten, würde viel mehr Geld in gemeinnützige Institutionen fliessen! Dies zeigen vorbildhaft Dänemark und UK. Zudem ist erwiesen, dass in Dänemark der Schwarzmarktanteil knapp 5% beträgt, im überaus regulierten Markt Frankreich fast 50%.
2. Das Argument von Nichtverhinderung bei Spielsucht das immer wieder ins Feld geführt wird, stimmt einfach nicht: die serösen ausländischen Anbieter machen viel mehr als alle unsere staatlichen Anbieter wie Sporttipp und Swiss Casinos, das lässt sich belegen.
3. Die Parlamentarier liessen sich wie unsere Frau Sommaruga leider von der Casino-Lobby «über den Tisch ziehen», dies natürlich mit überaus grosszügigen Geschenken und Einladungen etc. Denn das Gesetz wurde durch Swiss Casino erstellt. Man stelle sich vor ein Autokonzern dürfte unsere Abgas- und Feinstaub-Gesetze bestimmen und installieren!?
4. Der Gipfel ist dann die Netzsperre: Frau Sommaruga will doch tatsächlich wie Genosse Kim Jong Un das Internet für ihre Bevölkerung sperren. Eine Internet Sperre wäre fatal, so fängt es an wo hört es auf? Ausländische Konzerne wie Amazon, Zalando usw. gehörten bei dieser Denke doch alle gesperrt, denn die bezahlen keine Steuern in der Schweiz aber ziehen Milliarden aus unserem Markt ab!!
An alle denkenden Schweizer Bürger: es gibt nur eine Antwort: Nein zu diesem fragwürdigen neuen Geldspielgesetz.
Wie kam es zu diesem Gesetzesvorschlag?
Glücklicherweise ist das Referendum gegen das neue Geldspielgesetz zustande gekommen, und wir dürfen über dieses Gesetz am 10. Juni abstimmen. Mit diesem Referendum zeigt die Jugend den «alten? Parlamentariern die gelbrote Karte, denn das Referendum wird von allen Jungparteien von links bis rechts unterstützt! Denn Bundes- National- und Ständerat wollen ein Gesetz, das es unseren Casinos erlaubt, auch online Geldspiele anzubieten aber gleichzeitig ausländische Wett- und Casinoanbieter verbietet und dann die entsprechenden Seiten im Internet sperrt!?
Wie kam das zustande: Dieses Gesetz wurde von der Casino Lobby Schweiz ausgearbeitet und unsere «linke» Bundesrätin unterstützt diese Lobby. Da fragt sich die kleine Angestellte beispielsweise im Buchhandel oder im Textilhandel: Könnte man jetzt ein Gesetz lancieren, das es Amazon und Zalando verbietet, Kunden in der Schweiz Ware anzubieten oder sogar zu verkaufen? Könnten wir jetzt die Grenze nicht definitiv für alles Fremde schliessen und für alle Branchen Heimatschutz betreiben?
Millionenbeträge aus den Erträgen von Swisslos uns den Casinos fliessen über die kantonalen Lotteriefonds in gemeinnützigem Sinn an Vereine und Institutionen. Doch: Neben diesem anerkannten und gewollten Geldfluss verwendet insbesondere die Sport-Toto-Gesellschaft in erheblichem Umfang Gelder, um Entscheidungen im Bundeshaus zu beeinflussen. Leider wurde das Gesetz sowohl im Stände- als auch im Nationalrat durch gewunken. Dies natürlich nicht einfach so! Dafür hat der mächtige Casinoverband im Vorfeld mit viel Geld gesorgt.
Aktives Lobbying
Die Sport-Toto-Gesellschaft spendiert Politikern Stadionbesuche und vieles mehr. Die National- und Ständeräte wurden durch die Toto Gesellschaft in den vergangenen Jahren regelrecht «bearbeitet». Dazu muss man wissen: die Toto- Gesellschaft ist seit 2006 nicht mehr im operativen Wettgeschäft tätig, sondern lobbyiert im Auftrag von Swisslos und der Lotterie Romande im Bundeshaus. Beispiele: Es wurden über 90 Parlamentarier (natürlich mit Anhang) zur alljährlichen aufwändigen und teuren Sport-Gala im Bellveue Palace eingeladen. Hauptakteur dieses Lobbyings ist der Direktor Roger Hegi. Der Ex-Fussballer trainiert den FC Nationalrat und übernimmt auf Kosten der Toto-Gesellschaft gleich auch die anfallenden Kosten der Hobby-Kicker. Zudem sponserte er schon mal Golfturniere für so 35‘000 Franken. An einem nahm dann auch Jürg Stahl (SVP ZH) teil, er liess sich ein paar Tage später zum Präsidenten von Swiss Olympic wählen. Günstig gestimmt wurden die Entscheidungsträger in allen Räten und natürlich auch die Regierungsräte der Kantone:
Die dafür nötigen internen Spezial-Budgets stellt Direktor Hegi selbst auf. Er lässt diese dann von Präsidenten und Vorstand genehmigen. Im Kontrollgremium Vorstand sitzen ausnahmslos aktive oder pensionierte Regierungsräte. Präsident ist der Thurgauer alt Regierungsrat Bernhard Koch (CVP), der den St. Galler alt Regierungsrat Peter Schönenberger (CVP) ablöste. Anstoss am Umstand, dass erkleckliche Summen für Lobbying-Events zugunsten von Politikern ausgegeben werden, nahmen und nehmen sie nicht. Auch dann nicht, wenn Lobbying-Einladungen zu individuellen Kosten von bis zu 10 000 Franken pro Politiker führen. Für ausgewählte Politiker gratis. Günstig gestimmt werden so Entscheidungsträger in Stände- und Nationalrat, die über das neue Geldspielgesetz zu entscheiden hatten. Dieses beinhaltet die Zementierung bestehender Geldspielstrukturen in der Schweiz.
Regelmässige, teure Events für National-, Stände- und Regierungsräte sind insbesondere der Spengler Cup in Davos, das Swiss Indoors in Basel sowie Besuche an Welt- und Europameisterschaften – für ausgewählte Politiker natürlich gratis. Usanz in der Lobbying-Praxis von Jurist und Toto- Direktor Hegi ist, dass neben Gratistickets, die der Gesellschaft von Partnerverbänden gratis zugehalten werden, oft weitere teure Tickets auf Rechnung bestellt werden. Hegi verwaltet diese selbst. Öfters kommt es vor, dass Politiker, die eingeladen sind, und von denen Hegi im Gegenzug Loyalität bei der Entscheidung über das Geldspielgesetz erwartete, Teilnahmen absagen. Dann springen kurzfristig Freunde und Familienangehörige ein, um wenigstens die teuer gekauften Plätze in Sportarenen zu besetzen. Auch alt Regierungsrat Schönenberger, der die Aufsicht über Hegi führte, profitierte so über Jahre samt Gattin und Angehörigen von hochpreisigen VIP-Behandlungen.
Selten hat eine Branche erfolgreicher lobbyiert. Und selten ist ein fragwürdigeres Gesetz herausgekommen.
Die Schweizer Kasinos haben bei der Erarbeitung des Geldspielgesetzes und bei dessen Beratung im Erstrat ganze Arbeit geleistet. Während die Bundesverwaltung von einem «sorgfältig austarierten Kompromiss» sprach, war Justizministerin Sommaruga im Juni 2017 im Ständerat ehrlicher. «Die Kasinos haben sich hier durchgesetzt», sagte sie auf die Frage von Andrea Caroni (FDP AR.), warum künftig nur bestehende Kasinos in der Schweiz legal Online-Glücksspiele sollen anbieten dürfen.
Das neue Gesetz soll aus Sicht des Bundesrates zwei Ziele erfüllen. Zum einen soll ein grosser Teil der Spielerträge (online wie offline) wie bisher der AHV und gemeinnützigen Zwecken zugutekommen. Zum anderen soll dem Schutz vor Spielsucht Rechnung getragen und ein «sicherer und transparenter Spielbetrieb» gewährleistet werden. Illegale Online-Angebote würden mittels sogenannter Netzsperren blockiert.
Das Gesetz verhindert Steuer-Mehreinnahmen in zig Millionenhöhe
Mit dem vorliegenden Gesetz werden allerdings beide Ziele nicht erreicht. Das Anbieten von Online-Spielen ist gemäss geltendem Recht nicht erlaubt. Das hindert viele Spieler jedoch nicht daran, via ausländische Anbieter online zu spielen und somit wie bis anhin mit ihrem Geld im Ausland zu spielen, immer schön am Schweizer Fiskus vorbei. Die Spieler selber machen sich dabei nicht strafbar. Wer online Poker spielt oder auf Fussballspiele wettet, der wird auch künftig bei seinem präferierten Anbieter spielen. Das allfällige künftige Angebot eines Schweizer Kasinos wird er oder sie dankend links liegen lassen. Die Netzsperre zu umgehen, ist dabei kein Aufwand.
Das Gesetz befeuert den wachsenden Schwarzmarkt
Die Erfahrungen im Ausland zeigen denn auch: Dort, wo protektionistische Gesetze in Kraft sind, floriert der Schwarzmarkt. In Frankreich etwa, wo Online-Spiele offiziell verboten sind, beträgt deren Anteil bei Glücksspielen mehr als 50 Prozent. In Deutschland hat sich der Markt für Online-Kasinos trotz einem Totalverbot innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. Der Schweizer Gesetzesentwurf lehnt sich eng an das belgische Modell an. Doch auch dort sind die Erfahrungen wenig berauschend. Wirtschaftlich sind die Online-Angebote für die belgischen Kasino-Betreiber unattraktiv; einige überlegen sich bereits, wieder aus dem Geschäft auszusteigen. Das zeigt, dass die Spieler trotz Netzsperren vor allem bei den grossen internationalen Anbietern spielen. Die EU hat gegen Belgien zudem ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt, weil die Dienstleistungsfreiheit zu stark eingeschränkt wird. Ebenfalls nicht erwähnt wird in der Botschaft das Modell Dänemarks. Dort können sich ausländische Anbieter um Lizenzen bewerben. Sie liefern entsprechend Steuern ab und müssen sich an die gesetzlich definierten Regeln halten. Der Schwarzmarktanteil beträgt in Dänemark gemäss der dortigen Aufsichtsbehörde gerade einmal fünf Prozent. Dänemark kennt zudem wie die Schweiz das staatliche Lotteriemonopol.
Lanze für ausländische Wett- und Casinospielanbieter
Es wurde und wird immer wieder argumentiert, ausländische Anbieter würden unseriös arbeiten und die Suchtproblematik sowie die Regeln der schweizerischen Casino- und Wettspielanbieter nicht befolgen. Es bleibt ein Rätsel, weshalb man seriöse ausländische Anbieter (BWIN, BETATHOME, BET365; INTERWETTEN usw) nicht einfach in einem Lizenzsystem mit einbindet. Es wäre nichts einfacher als das, diese ausländischen Anbieter unserer Kontrolle und unserem Fiskus zu «unterwerfen». Seriöse Anbieter haben nichts zu verstecken und würden sich mittels Lizenz einbinden und kontrollieren lassen! Studien beweisen, dass im freien Markt sogar sehr viel mehr Einnahmen für den Staat generiert wird, so beispielsweise im freien Markt England!
Eingriff in die Grundrechte
Auch der Bundesrat hatte ursprünglich nicht ausgeschlossen, dass ausländische Anbieter sich um Lizenzen bewerben können. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Markt, der sich auf ca. eine Milliarde Umsatzfranken beläuft, würde hohe Steuereinnahmen und Abgaben generieren. Geld, das beim nun gewählten Modell zum Grossteil im Schwarzmarkt versickert. Doch unter dem Druck der Kasino-Betreiber, die die Vorlage bearbeitet und auch durchgesetzt haben, knickten Bundesrat und Verwaltung ein.
Die gewählte Lösung kollidiert nicht nur mit der in der Verfassung garantierten Wirtschaftsfreiheit. Auch die Netzsperren stellen gemäss einem Gutachten der Universität Zürich (siehe Anhang) «einen problematischen Eingriff in die Grundrechte» dar. Zudem steht das Gesetz absehbar in Konflikt mit einem allfälligen Dienstleistungsabkommen mit der EU.
Sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat störte sich allerdings nicht an all diesen Punkten und winkte das Gesetz durch. Wir Stimmbürger haben es nun im Juni in der Hand wie alle Jungparteien unserem Parlament in dieser Frage die gelbe Karte zu zeigen, indem wir das neue Geldspielgesetz ablehnen. Die Befürchtung bleibt, dass die Kasino Lobby im Wahlkampf Millionen einsetzt um IHR Gesetz, sprich Pfründe, zu sichern.
* «Unwirksame Netzsperren»*
Um den Zugang zu illegalen Angeboten zu verhindern, sollen die Internetprovider verpflichtet werden können, den Zugriff auf bestimmte Inhalte zu verhindern. Solche Netzsperren sind höchst umstritten, zumal sie gemäss Experten äusserst leicht zu umgehen sind. Zu diesem Schluss kommt das Gutachten des Rechtswissenschaftlichen Instituts. «Netzsperren können ohne grossen Aufwand und mit bescheidenem technischem Wissen umgangen werden», schreiben die Gutachter und erwähnen als Beispiel etwa die Nutzung eines virtuellen privaten Netzwerks (VPN). Damit seien Sperren auch für technisch wenig versierte Nutzer «faktisch unwirksam».
Gerade Personen, die von Spielsucht betroffen seien, würden sich von dem kleinen Aufwand nicht abhalten lassen. Die Wirksamkeit der Massnahme sei im Hinblick auf deren Verhältnismässigkeit entscheidend, so die Autoren des Gutachtens weiter. Mit Blick auf den beschränkten Nutzen und die damit verbundenen Eingriffe in die Grundrechte (persönliche Freiheit der Nutzer, Wirtschaftsfreiheit der Anbieter und der Internetprovider) erscheine die Einführung von Netzsperren «problematisch».
Dazu könne die Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung Schaden nehmen, wenn sie sich «weitgehend untauglicher Mittel» bediene. Letztlich müsse dies jedoch der Gesetzgeber entscheiden
Jörg Caluori (*1953) ist freischaffend und wohnt in Niederbüren und Kapstadt.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.