Der Volksmund sagt: Beamte haben kaum etwas zu tun, deshalb lesen sie im Büro den ganzen Tag Zeitung. Nun machte sich die Bundeskanzlei daran, dieses Vorurteil zu widerlegen.
Am Montag nach der Abstimmung zur Erhöhung des Frauenrentenalters bemerkte der Kanton Solothurn einen peinlichen Fehler: Im Städtchen Balsthal wurde offenbar ein Stapel mit Nein-Stimmen versehentlich zu den Ja-Stimmen gelegt. Ergebnis: Es wurden aus Versehen zu viele Ja- und zu wenige Nein-Stimmen gezählt. Wegen dieser paar hundert Stimmen, die nachträglich korrigiert werden mussten, kippte daraufhin das kantonale Ergebnis von einem "Ja" zu einem "Nein".
So etwas kommt nicht alle Tage vor und war entsprechend ein gefundenes Fressen für die Medien. Jede Publikation im Blätterwald, die etwas auf sich hält, brachte daraufhin diese Meldung. Nur die Bundeskanzlei erfuhr offenbar nichts davon.
Wenn man heute, also mehr eine Woche später, auf der Webseite der Bundeskanzlei das amtliche Ergebnis anschaut, stehen da weiterhin ein "Ja" und die alten Zahlen für den Kanton Solothurn.
Zwar steht "Provisorisches amtliches Ergebnis" - gut möglich also, dass die Bundeskanzlei partout nicht auf Zeitungsberichte abstellen will. Aber: Der Kanton Solothurn veröffentlichte die korrigierten Daten bereits am Freitag im kantonalen Amtsblatt. Viel amtlicher als eine Publikation im Amtsblatt geht nicht mehr.
Und selbst wenn der Kanton Solothurn zwar umgehend die Medien informierte, aber dabei in der Eile vergessen haben sollte, die neuen Zahlen der Bundeskanzlei zu senden: Nichts verbietet es dieser, von sich aus beim Kanton Solothurn um die korrigierten Zahlen nachzufragen.
Thomas Baumann ist freier Autor und Ökonom
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