Die Coronazeit verhalf der Camping-Branche zu einem noch nie dagewesenen Boom. Die Verkaufszahlen der Wohnmobile pendeln sich nun langsam wieder ein. Dies, nachdem man mit Lieferengpässen zu kämpfen hatte. Doch die Vergangenheit wirft ihren Schatten mit unliebsamen Nebeneffekten auf die Branche.
Die Anzahl der neu zugelassenen Wohnmobile kennt seit zehn Jahren nur eine Richtung: nach oben. Waren um die Jahrtausendwende noch rund 22'000 Fahrzeuge zugelassen, waren es 20 Jahre später bereits über 71'000. Vergangenes Jahr stieg die Zahl auf über 87'000 Fahrzeuge. Im Coronajahr 2020 wurden 26 Prozent mehr Camper neu eingelöst als im Vorjahr.
«Es war schon eine verrückte Zeit», erinnert sich Peter Käser, Inhaber von Käser Camping in Bischofszell (Bild). «Eigentlich hätten wir wie wahnsinnig verkaufen können – bloss überstieg die Nachfrage die Lagerbestände bei weitem.»
Nicht befriedigend
Bereits vor Corona liefen die Geschäfte gut. Doch die Pandemie brachte viele Menschen dazu, das Campieren auszuprobieren. Die Folge: Materialengpässe, Lieferverzögerungen und leere Lagerbestände.
«Es ist Jammern auf hohem Niveau», fasst es Käser zusammen. «Aber während dieser speziellen Zeit war unser Job nicht wirklich befriedigend. Wir konnten den Kundenwünschen nicht nachkommen und mussten doch einige enttäuschen, weil die Fahrzeuge schlicht nicht erhältlich waren.»
Viele Mitbewerber
Nun ist der Peak wohl erreicht, schätzt Käser. Die Lieferzeiten hätten sich von teilweise über zwei Jahre wieder auf ein Jahr eingependelt. Es ist wieder möglich, mit dem Flugzeug zu verreisen – was wohl auch viele tun. Denn: Inzwischen versuchen einige, die damals neu eingelösten Camper als Occasionsware weiterzuverkaufen.
Doch dieser Umstand bringt eine andere Problematik mit sich. «Während der Coronazeit sind die Camper-Anbieter wie Pilze aus dem Boden geschossen», sagt Käser. Viele hätten wohl das schnelle Geld gewittert. Das nötige Fachwissen hätten aber lange nicht alle mitgebracht. Käser: «Es gibt doch einige Anbieter, die zwar die Camper verkauft, vom Unterhalt aber keine Ahnung haben und deshalb die Kunden auch nicht beraten können.»
Die besagten Kunden würden jetzt vermehrt einen über die Jahre etablierten Anbieter aufsuchen, um ihr Gefährt in standhalten zu können. «Vielleicht ist es nötig, dass sich jetzt, wo die Zahlen sich langsam einpendeln, auch die Spreu vom Weizen trennen kann», sagt Käser.
Fordernde Zeiten
Ähnlich sieht es Tobias Bühler. Er ist der Inhaber der Paroz AG in Frauenfeld. Seit vielen Jahren ist hier alles erhältlich, was das Camper-Herz begehrt. Die Nachfrage nach neuen Fahrzeugen habe sich inzwischen wieder auf Vor-Corona-Zeiten eingependelt, erklärt er im Gespräch. «Es waren fordernde Zeiten», fasst er zusammen. Und: Dem Unternehmen seien langjährige Kundenbeziehungen wichtig.
Während der stressigen Pandemie musste man sich uns umso mehr bemühen, damit die Qualität aufrechterhalten werden konnte. Teilweise sei es zu und hergegangen wie auf einem Basar. «Nun haben wir wieder mehr Zeit, um die Kundenbeziehungen zu pflegen, wie beispielsweise die anstehende Hausmesse zu planen. Dies ist uns sehr wichtig», sagt er. Mit der Werkstatt verfügt das Unternehmen über ein zweites Standbein.
Konkurrenz belebt
Auch Bühler bestätigt, dass die Coronazeit viele neue und dubiose Anbieter auf den Markt gebracht hätte. «Es ist ähnlich wie in der Autobranche vor etwa zehn Jahren. Damals hatte es ebenfalls viele Grau-Importeure. Inzwischen ist es bei den Wohnmobilen fast gleich.» Dennoch müsse man mit solchen Mitbewerbern leben, auch wenn die Preisgestaltung dadurch leide.
Bühler hätte schon einige Kunden gehabt, die billig gekauft hätten, und damit hinters Licht geführt worden seien. Denn: «Die Firmen sind nicht imstande, Reparaturen oder Unterhaltsarbeiten durchzuführen. Die Kunden kommen dann zu uns.»
Für die nächsten Monate ist Bühler trotz der sich wieder normalisierenden Zahlen positiv gestimmt. Denn Qualität zahle sich über kurz oder lang eben aus. «Die Gesamtwirtschaft muss sich wieder finden. Ist man kein ‘Kiesplatzhändler’, wird man auch in Zukunft bestehen können.»
Campingliebe
Und wie verhält es sich bei den Campingplätzen? Spürt man auch da, dass sich der Boom wieder gelegt hat? Die Auslastung sei nach wie vor gut, sagt Urs Zellweger, Betreiber vom Campingplatz Seehorn. «Die Sommerferien waren gut besucht. Die Nachfrage im Vergleich zur Coronazeit hat aber abgenommen.» Die Geschichte hätte sich inzwischen entspannt, und es sei grundsätzlich so, dass das Geschäft sehr wetterabhängig sei. Doch gerade jetzt, wenn der Sommer noch einmal sein schönstes Gesicht zeigt, wird wohl der eine oder andere seine Zeit auf dem Campingplatz verbringen wollen.
Bilder: PD
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.