In Filmen und in der Werbung sehen wir ihn oft. Den Weihnachtsmann. Unseren Kindern hingegen erzählen wir, es sei das Christkind, dass die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legt. Ganz schön verwirrend. Nicht nur für unsere Kinder.
Dass das «Christkind» die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legt, daran glauben meine Kinder mit ihren 10 und 12 Jahren nicht mehr. Genau so wenig wie an die «Zahnfee», den «Samichlaus», oder den «Osterhasen». Trotzdem wollte meine jüngere Tochter vor ein paar Tagen wissen, warum in Filmen meist der «Weihnachtsmann» den Kindern ihre Geschenke bringt und es bei uns das «Christkind» sei. Und ob der Nikolaus und der Weihnachtsmann die gleiche Person seien. Diesen Fragen und den Antworten darauf bin ich nachgegangen.
Tatsächlich sehen der Weihnachtsmann und der Nikolaus heute fast gleich aus. Beide tragen einen langen weissen Bart, einen roten Mantel und einen Sack voller Geschenke. In Wahrheit und historisch gesehen, haben der Weihnachtsmann und der Nikolaus aber wenig miteinander gemeinsam.
Der Nikolaus
Was unsere Kinder und wir unter Nikolaus kennen wird bei uns in der Schweiz «Samichlaus» genannt. Er kommt traditionell am 6. Dezember und geht nach christlicher Überlieferung auf den Bischof Nikolaus aus Myra in der heutigen Türkei zurück. Er lebte im 4. Jahrhundert und half den Armen und Benachteiligten. Er legte nachts Köstlichkeiten und Geschenke für Kinder besonders armer Familien auf deren Fenstersimse. Zu seinen Ehren, werden noch heute in vielen europäischen Länder Kinder am Namens- und Todestag des heiligen Nikolaus beschenkt.
Bei uns in der Schweiz nennen wir den heiligen Nikolaus «Samichlaus». «Sami» ist dabei eine schweizerdeutsch angepasste Form des lateinischen «sanctus» für «der Heilige». Und «Chlaus» ist die Mundart Form für Nikolaus. Der «Samichlaus» gilt noch heute als Freund der Kinder und als Vorbote für Weihnachten.
Der Weihnachtsmann
Der Weihnachtsmann ist eine Ableitung aus der historischen Figur des Nikolaus und somit eine Kunstfigur, die heute aber weltweit bekannt ist. Entstanden ist der Weihnachtsmann durch viele europäischen Auswanderer, die unsere Tradition und die Figur des Nikolaus mit nach Amerika nahmen. Zunächst wurde er in den USA noch genau gleich wie der Nikolaus abgebildet. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich das heutige Bild vom Weihnachtsmann durch. Ein freundlicher, gemütlicher, älterer Mann, mit langem weissem Bart, rotem Mantel, Hose und Stiefeln. Die Amerikaner nennen ihn bis heute «Santa Claus». Er wohnt am Nordpol, umgeben von Elfen und Wichteln, die ihm dabei helfen, die Weihnachtsgeschenke für Kinder herzustellen. In der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember fliegt er mit seinem Rentierschlitten zu den Häusern, klettert durch deren Schornsteine und legt seine Geschenke unter die Weihnachtsbäume.
Bei uns wurde diese Märchenfigur vor allem durch den amerikanischen Limonadenhersteller «Coca-Cola» bekannt. Er nutze den Weihnachtsmann als Werbefigur, damit die Menschen auch in der kalten Jahreszeit das bekannte Getränk nicht vergassen. Noch heute sind die Werbeclips von «Coca-Cola» mit seinem «Christmas Truck» Kult.
Das Christkind
Das Christkind ist natürlich nichts anderes als Jesus in der Krippe. Dem Reformator Martin Luther war der heilige Nikolaus ein Dorn im Auge, der den Kindern die Geschenke bringt. Er wollte den Glauben an Gott für die Menschen stärken und deshalb soll das heilige Jesuskind die Kinder mit Geschenken bescheren.
Das Christkind wird in zeitgenössischen Abbildungen als etwa 10-jähriges Kind dargestellt. Es ist eher weiblicher Natur und ein Engels- oder Elfenwesen mit Flügeln. Im Gegensatz zum Weihnachtsmann beschert es unsere Kinder nicht erst in der Nacht zum 25. Dezember, sondern bereits an Heiligabend.
Die Katholische Kirche war lange gegen das Christkind und akzeptiert dieses erst seit 1900. Trotzdem glauben noch heute die Kinder im überwiegend katholischen Süden und Westen Deutschlands eher an das Christkind. So zum Beispiel in Bayern. Während im Norden und Osten der Nikolaus die Geschenke bringt. Aber dieser Nikolaus hat sich inzwischen in den weltlichen Weihnachtsmann mit roter Kleidung und weissem Bart aus den USA verwandelt.
Nadine Linder war Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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