Die Mähsaison steht vor der Tür und damit verenden jährlich viele Rehkitze - weil sie sich im hohen Gras ducken, statt wegzulaufen. Die Jagdgesellschaft Oberuzwil verfügt nun über eine Drohne, um ihr Leben zu retten.
«Jeder, der schon einmal ein Rehkitz erlösen musste, weil es in eine Mähmaschine geraten ist, ist Feuer und Flamme für das Projekt», fasst es Diana Eisenring von der Jagdgesellschaft Oberuzwil zusammen. Jahr für Jahr verenden viele erst wenige Tage alte Rehkitze, weil sie von ihrer Mutter zur Deckung ins hohe Gras gelegt werden. So kurz nach der Geburt fehlt ihnen jedoch der Fluchtinstinkt – bei Gefahr ducken sie sich, statt wegzulaufen. Kommt dann eine Mähmaschine, bedeutet dies für sie meist den sichereren und qualvollen Tod.
**Mit Wärmebildkameras **
In der Vergangenheit wurden die zu mähenden Wiesen vorgängig mit Holzstäben und Plastiksäcken «verblendet». So sollten die Muttertiere gewarnt werden, damit sie ihre Jungen aus der Wiese holen und der Bauer am nächsten Morgen gefahrlos mähen konnte. Weil die Methode jedoch nicht in jedem Fall funktioniert und das Gras zudem von den Helfern niedergetrampelt wird, rüsten nun die Jagdgesellschaften mit Wärmebildkameras nach. Drei Mitglieder der Jagdgesellschaft Oberuzwil waren von den guten Erfahrungen der Nachbarn überzeugt. «Wir sind ein junger und moderner Verein – weshalb also nicht effizienter und besser werden?», so Diana Eisenring weiter. Die alte Methode bedeutete einen grossen Aufwand für die Landwirte. Die Wiesen mussten vorgängig meist mit Hilfe der Jäger verblendet werden. Wurde dann trotz aller Vorsichtsmassnahmen ein Rehkitz beim Mähen verletzt, war dies für alle Beteiligten eine schlimme Erfahrung.
**Finanzielle Unterstützung **
Unvorbereitet eine neue Methode einzuführen, kam für die Jagdgesellschaft Oberuzwil jedoch nicht in Frage. Sorgfältig habe man sich im Vorfeld über die technischen Möglichkeiten informiert und auch die Gemeinde um finanzielle Unterstützung angefragt. «Dies war uns wichtig, weil es schliesslich eine öffentliche Arbeit ist, die wir übernehmen», so Diana Eisenring.
Mit der Unterstützung der Gemeinde und dank der flexiblen Verfügbarkeit der Jäger und Freiwilligen werden derzeit Testflüge vorgenommen. Dabei werden warme PET-Flaschen als Attrappen in einer Wiese deponiert. Das Interesse der Landwirte für das neue Projekt ist gross. «Natürlich gibt auch diese Methode keine hundertprozentige Sicherheit. Dennoch ist sie sicher besser geeignet, die Tiere zu schützen, als es mit der Verblendung möglich ist.»
**Freiwillige benötigt **
Anfang Mai beginnt die Setzzeit der Rehe. Entsprechende Infoschreiben zur Rehkitzrettung mittels Drohne habe man bereits an die Landwirte im Jagdrevier Oberuzwil verteilt. Den Rücklauf wertet Diana Eisenring als positiv. Die Verantwortlichen denken, dass durch Mund-zu-Mund-Propaganda noch einige Interessierte mehr dazu stossen werden. Auf ihren Aufruf an zeitlich flexible Helfer, welche die Jäger bei den Einsätzen unterstützen, haben sich sieben Interessierte gemeldet. Diese seien sehr willkommen – schliesslich werden pro Einsatz etwa sechs Helfer benötigt. Die Felder können nur frühmorgens und bei trockener Witterung gesichert werden. Wird es zu warm, kann mit der Wärmebildkamera ein Rehkitz nicht mehr gefunden werden.
Ausgeschlafen in den Tag zu starten, das wird nun also in den nächsten Wochen für die Jäger und die freiwilligen Helfer seltener. Für Diana Eisenring jedoch stellt dies kein Problem dar. Denn das Projekt ist ein wichtiger Beitrag zur Hegearbeit. «Viele haben von einem Jäger das Bild eines alten, dicken Mannes mit Hut im Kopf», sagt Diana Eisenring. «Wir sind jedoch ein frischer und junger Verein, der sich für das Tierwohl einsetzt», so sagt die Ostschweizerin. «Wie könnte ein Tag besser starten, als ein kleines Rehkitz zu retten und es in Sicherheit zu wissen?»
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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