Für die vielen, die die «Republik» nicht kennen: das ist ein Online-Magazin, das sich von Millionären aushalten lässt, dennoch ständig Bettelaufrufe veröffentlicht und auch mit Selbstmord droht, sollte die Kohle nicht rumkommen.
Es ruft zum Beispiel ein «Klimalabor» ins Leben, das viele Monate damit verbringt, herauszufinden, worüber die wohlbezahlten Redaktoren eigentlich schreiben sollten. Kein Wunder, dass schnell um 250'000 Franken gebettelt wird, sonst müsse das Labor leider, leider eingestellt und die drei zuständigen Nasen eingespart werden. Wie schon zuvor acht weitere Mitarbeiter.
Das Online-Magazin möchte die Welt und die Demokratie retten und verteilt dafür ungefragt Ratschläge und Forderungen. Selbst ist die 50-köpfige Crew, die sich für mehr als 100'000 Franken im Jahr bei diesem und jenem «beraten» lässt, nicht in der Lage, den eigenen Laden im Griff zu behalten.
Steuern zahlen? Öhm, ist nicht so einfach, da muss mal schnell knapp eine Million Rückstellung gemacht werden, mögliche Steuerhinterziehung. Ausgaben mit den Einnahmen in Einklang bringen? Ach was, wenn die Abozahlen sinken, dann begegnet man dem am besten mit einem Aufblähen der Ausgaben. Von schwindelerregenden 6,6 Millionen auf trümmelige 8,6 Millionen. Ach, dafür bräuchte es dann 33'000 zahlende Abonnenten? Statt den vorhandenen knapp 29'000? Macht doch nix, zuerst das Geld ausgeben, dann weiterschauen.
Ach, und 33'000 Abos würden maximal 7,92 Millionen einbringen. Woher die restlichen rund 700'000 nehmen? Ach, vielleicht mal wieder betteln gehen.
Der erste Chefredaktor wurde abserviert, müffelt aus dem fernen Berlin rein und darf sich immer noch «Stabsstelle Chefredaktion» nennen. Sein interimistischer Nachfolger warf auch das Handtuch, nun versucht’s die «Republik» mit einer Doppelspitze; ein Unwilliger und eine Unfähige.
Der gross angekündigte VR-Präsident Roger de Weck warf schon nach kürzester Zeit das Handtuch. Wahrscheinlich, weil er mal nachgeschlagen hatte, wie es mit der Verantwortlichkeit bezüglich Konkursverschleppung aussieht. Denn das macht den wesentlichen Unterschied zwischen dem Zürcher «Kosmos» und der Zürcher «Republik» aus. Das sogenannte Kulturzentrum «Kosmos» ist unter seiner Schuldenlast und begleitet von wilden Schuldzuweisungen der Verantwortlichen zusammengebrochen. In seiner Pleite hinterlässt es Millionenschulden und stellte 72 Angestellte von einem Tag auf den anderen auf die Strasse. Ohne dass die Erblinken und Millionäre unter den Betreibern denen eine Träne nachweinten, geschweige denn, sie finanziell unterstützten.
Nach dem Rücktritt von de Weck hätte schnell ein Nachfolger gesucht werden müssen. Denn auch ohne für teures Geld beraten zu werden, sollte jeder wissen, dass eine Genossenschaft einen dreiköpfigen Vorstand braucht, eine AG einen funktionierenden Verwaltungsrat. Aber doch nicht die «Republik», die muss vom Handelsregister ermahnt werden, nun eilig eine Urabstimmung abhalten und schlägt der Einfachheit halber die gleichen drei Pensionäre für die AG und die Genossenschaft vor. Deren Kenntnisse von einem Medienprojekt, das finanziell am Schlingern ist: null. Zwei der drei stellen sich auch nur als Notnagel zur Verfügung, längstens bis Ende Oktober, dann ist schon wieder die nächste Abstimmungsrunde fällig.
Und in diesem Saftladen schreibt Constantin Seibt ellenlange Stücke, die wohl freiwillig keiner zu Ende liest. Aktuell die «Folge 1» über sein Lieblingsthema. Für ihn geht es nämlich um alles. Um das Ganze. Um Demokratie – oder Faschismus. In der Schweiz, in Europa, vor allem aber in den USA. So sondert er über 40'000 Anschläge ab über «Die Zukunft des Faschismus». In den USA, wohlgemerkt. Verkörpert wird diese Zukunft für Seibt durch «den vielleicht bedeutendsten Verbrecher in der Geschichte der USA», durch das «Arschloch Trump». Oder durch den anderen Präsidentschaftskandidaten bei den Republikanern: «Die Zukunft des Faschismus gehört eher Bürokraten wie DeSantis.»
Trump und DeSantis seien Faschisten? Der Mann ist ja nicht ganz dicht, abgesehen davon, dass Seibt damit den vielen Problemen der «Republik» noch ein weiteres aufhalsen würde: für solche masslosen Beschimpfungen könnte man sie zu Tode prozessieren. Wenn es den beiden US-Politikern nicht völlig egal wäre, was da einer aus seiner geschützten Werkstatt kläfft.
Das alles könnte man abbuchen unter der Befriedigung der eigenen, schwindenden Klientel in der luft- und realitätsdicht abgeschlossenen Gesinnungsblase von verbitternden Rechthabern. Die der Welt nicht verzeihen können, dass sie sich einen Dreck um deren Ratschläge kümmert. Dabei wäre die Erde, wäre die Schweiz, wären wir alle so viel besser dran, würden wir auf diese Schreihälse hören, die nicht mal den eigenen Laden im Griff haben.
Aber dieser erste ellenlange Artikel von Seibt ist auch noch illustriert. Und zwar aus der miesesten Ecke der abgefeimten Demagogie. Hetzer, Faschisten, Brandstifter und andere üble Gestalten verteufeln ihre Gegner. Die «Republik» tut’s auch. Im schnellen Wechsel erscheinen über dem Artikel zwei gezeichnete Porträts des Präsidentschaftskandidaten Ron DeSantis.
Einmal ist er lediglich unrasiert, unsympathisch mit verkniffenem Blick vor kaltblauem Hintergrund abgebildet. Dann verwandelt er sich in einen Teufel in Menschengestalt. Das Böse aus der Hölle, im Hintergrund zündeln die Flammen des Fegefeuers, mit roten Augen wie der Gottseibeiuns starrt er den Leser an.
Das ist dermassen perfide und widerlich, dass es selbst für die schamlose «Republik» einen peinlichen Tiefpunkt bedeutet.
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.