Ist Ihnen das Haus mit dem grossen Garten langsam zu viel Arbeit? Möchten Sie auf das Alter hin lieber in eine Eigentumswohnung ohne Treppen ziehen und können Ihre Kinder den Platz besser gebrauchen? Hier erfahren Sie, was es bei einer Übertragung Ihrer Immobilie zu beachten gilt.
Melanie Strässle ist Rechtsanwältin bei der Muri Partner Rechtsanwälte AG in Weinfelden.
Eine Möglichkeit besteht darin, dass Sie Ihr Eigenheim an eines Ihrer Kinder zum Verkehrswert verkaufen. Der Kaufpreis kann durch Ihr Kind entweder mit eigenen Ersparnissen und/oder einer Aufstockung der Hypothek finanziert werden oder Sie gewähren Ihrem Kind für den Kauf ein Darlehen. Ein solches Vorgehen zieht keine späteren erbrechtlichen Konsequenzen nach sich, da die Immobilie zum Verkehrswert gekauft wurde und somit keine «Vererbung» oder sonstige Begünsti-gung vorliegt. Zudem bleiben Ihnen die finanziellen Mittel erhalten, um allfällige Pflegekosten im Alter zu decken.
Übertragung der Immobilie als Erbvorbezug
Alternativ können Sie Ihr Eigenheim auch im Sinne eines Erbvorbezuges oder teilweisen Erbvorbezuges an eines Ihrer Kinder übertragen. Dies bedeutet, dass sich Ihr Kind den Wert der Immobilie bzw. die Differenz zwischen dem bezahlten Kaufpreis und dem Verkehrswert auf sein Erbe anrechnen lassen und gegenüber seinen Geschwistern ausgleichen muss. Damit kommt es trotz dieser «vorweggenommenen» Erbschaft zu einer Gleichbehandlung Ihrer Kinder.
Ihr Kind muss grundsätzlich den Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt des Todes und nicht im Zeitpunkt der lebzeitigen Übertragung ausgleichen. Somit ist bei einem Erbvorbezug auch ein allfälliger Mehrwert der Immobilie im Todeszeitpunkt massgebend. Sofern dies nicht gewünscht ist, können Sie Ihr Kind von einer solchen Ausgleichung des Mehrwertes befreien. Eine derartige Anordnung kann jedoch die Pflichtteile von Miterben verletzen. Möchten Sie sicher gehen, dass in der späteren Erbteilung Klarheit herrscht und kein Streit entsteht, sollten Sie den Erbvorbezug in einem Erbvertrag regeln, welcher auch von den pflichtteilsberechtigten Miterben unterzeichnet wird und diese darin auf ihren Pflichtteil verzichten zu lassen.
Zudem empfiehlt sich das Einholen einer Liegenschaftsschätzung im Zeitpunkt der lebzeitigen Übertragung. Eine rückwirkende Schätzung erst im Todeszeitpunkt ist insbesondere dann schwierig, wenn Ihr Kind bereits erhebliche Investitionen in die Immobilie vorgenommen hat.
Übertragung der Immobilie als Schenkung
Entspricht es Ihrem Wunsch, dass Ihr Kind die Zuwendung der Immobilie in der späteren Erbteilung nicht ausgleichen muss, können Sie Ihr Eigenheim Ihrem Kind mit einer teilweisen oder vollständigen Schenkung überschreiben. Gleichzeitig vereinbaren Sie, dass diese Zuwendung bzw. die Differenz zwischen dem vom Kind bezahlten Kaufpreis und dem Verkehrswert (bei einer teilweisen Schenkung) später nicht an seinen Erbteil anzurechnen ist. Da auch eine solche Anordnung die Pflichtteile von Miterben verletzen kann, empfiehlt es sich, zusammen mit dem Kind, welches die Liegenschaft erhält, sowie den pflichtteilsgeschützten Miterben eine einvernehmliche erbvertragliche Lösung zu erzielen.
Empfehlung
Im Sinne einer nachhaltigen Nachlassplanung sollte – wenn immer möglich – ein Erbvertrag mit allen involvierten Personen abgeschlossen werden, welcher Regelungen in Bezug auf den Anrechnungswert, auf allfällige künftige Wertveränderungen der Immobilien, Verzicht auf Herabsetzungsansprüche, allenfalls Vorkaufsrechte und/oder Gewinnbeteiligungen sowie weitere Vereinbarungen enthalten kann. Nicht ausser Acht gelassen werden sollte der Umstand, dass Sie als Eltern mit einer teilweisen oder vollständigen Übertragung der Immobilie zu Lebzeiten später über zu wenig finanzielle Mittel verfügen könnten, um eventuelle hohe Pflegekosten im Alter selbst zu bezahlen.
Melanie Strässle ist Rechtsanwältin bei der Muri Partner Rechtsanwälte AG in Weinfelden.
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