Die Mitte, SP, FDP und Grüne reagieren auf das gestern Mittwoch kommunizierte Budget der St.Galler Kantonsregierung, das erneut mit einem Defizit rechnet. Alle Parteien finden Gründe, Kritik zu üben, und schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
Das gestern präsentierte Budget 2024 des Kantons St.Gallen sieht einen Aufwandüberschuss von 157,6 Millionen Franken und Nettoinvestitionen von 194 Millionen Franken vor. Gegenüber dem Aufgaben- und Finanzplan 2024-2026 verbessert sich damit das Ergebnis um 40,5 Millionen Franken.
Das sagt die Mitte Kanton St.Gallen:
Besorgt stellt Die Mitte fest, dass sich die Nettoinvestitionen gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte reduzieren. Der Umstand, dass der bereinigte Aufwand über dem Wirtschaftswachstum liegt und zu einem Anstieg der Staatsquote führt, ist nicht im Sinne der Mitte.
Die Mitte hat aufgrund des Aufgaben- und Finanzplanes im Budget 2024 mit einem Defizit gerechnet. Dass dieses nun geringer ausfällt, ist insbesondere den höheren Steuereinnahmen sowie teilweise dem Projekt «Haushaltsgleichgewicht 2022plus» zu verdanken. Das operative Defizit beläuft sich trotz allem auf 157,6 Millionen Franken – dies unter Ausklammerung der Eigenkapitalbezüge. Dank der umsichtigen Finanzpolitik der letzten Jahre – diese wurde von der Mitte massgebend geprägt – konnte das Eigenkapital gestärkt werden, um die Defizite auffangen zu können.
Die Mitte forderte in den letzten Jahren höhere Nettoinvestitionen. Sie stellt ernüchtert fest, dass diese nun mehr als 50 Prozent unter dem Vorjahresbudget liegen. Da die konjunkturellen Unsicherheiten unverändert hoch bleiben, ist es nicht zielführend, die Nettoinvestitionen derart zu reduzieren.
Erstaunt und besorgt ist Die Mitte über den markanten Anstieg des bereinigten Aufwandes. In der Summe nimmt dieser um 165,7 Millionen Franken oder 3,9 Prozent zu. Der bereinigte Aufwand liegt somit über dem erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent. Die Folge davon ist ein erneuter Anstieg der Staatsquote. Die Mitte fordert, dass sich der Kanton bei neuen Ausgaben stärker zurückhalten muss. Der weitere Anstieg der Staatsbeiträge und der höhere Sachaufwand sind kritisch zu überprüfen.
Das sagt die SP-Fraktion:
Die SP begrüsst, dass die Regierung die Teuerung für das Staatspersonal mit dem Budget 2024 voll ausgleichen will und dass verschiedene Massnahmen aus der Überprüfung des Lohnsystems «NeLo» umgesetzt werden. Damit das Lohnsystem funktioniert, fordert die SP, dass für individuelle Lohnerhöhungen jährlich ein Prozent der Lohnsumme eingesetzt wird. Weiter zentral ist, dass die Mittel für die Prämienverbilligung erhöht werden. Die Krankenkassenprämien werden im kommenden Jahr um 9 Prozent aufschlagen.
Es ist unbestritten, dass die Budgetierung alle Staatsebenen aktuell vor grosse Herausforderungen stellt, weil unklar ist, wie sich die Wirtschaft aufgrund der geopolitischen Lage und der Teuerung entwickelt. Wichtig ist, dass in diesen unsicheren Zeiten die Kaufkraft der Bevölkerung gestärkt wird, und dass der Staat bereit ist, entsprechende Massnahmen zu ergreifen.
Die Regierung stellt in ihrer Antwort auf die Interpellation 51.23.51 «Krankenkassenprämien explodieren, was unternimmt die Regierung» in Aussicht, dass sie auf das Jahr 2024 hin wieder am gesetzlichen Maximum budgetieren wird. SP-Kantonsrat und Mitglied der Finanzkommission Guido Etterlin: «Die extrem stark ansteigenden Krankenkassenprämien belasten immer mehr Haushalte, und es müssen die gesetzlich möglichen Mittel für die Prämienverbilligung zwingend ausgeschöpft werden.»
Dass die Regierung für das Staatspersonal den vollen Teuerungsausgleich vorsieht, wird von der SP sehr begrüsst. Neben dem Teuerungsausgleich braucht es aber auch genügend Mittel für individuelle Lohnerhöhungen: SP-Kantonsrätin und Fraktionschefin Bettina Surber: «Das Lohnsystem des Kantons hat in den vergangenen Jahren nicht funktioniert, weil der Kantonsrat zu wenig Mittel für individuelle Lohnerhöhungen und für notwendige neue Stellen eingesetzt hat. In vielen Bereichen wie auch bei der Kantonspolizei war eine angemessene Lohnentwicklung nicht möglich.» Die SP fordert, dass für individuelle Lohnerhöhungen fix 1 Prozent der Lohnsumme budgetiert wird. Eine faire Lohnentwicklung ist dem Personal geschuldet. Und es ist eine solche auch entscheidend, damit der Kanton als attraktiver Arbeitgeber bestehen kann.
Dass der provisorische Rechnungsabschluss 2023 ein leicht schlechteres Ergebnis zeigt als budgetiert, ist auf die St.Galler Budgetierungspraxis zurückzuführen mit der sogenannten «Schattenrechnung» für die Erträge der schweizerischen Nationalbank. Aktuell zeigt diese einen Überschuss von mehr als einer halben Milliarde Franken im Eigenkapital des Kantons. Guido Etterlin dazu: «In den vergangenen Jahren wurden jeweils viel zu wenig Erträge budgetiert als dann später realisiert wurden. Jetzt liegen die Vorzeichen erstmals umgekehrt, was aber problemlos zu verkraften ist.»
Das sagt die FDP-Fraktion:
Die FDP-Kantonsratsfraktion ist besorgt über das horrende Ausgabenwachstum, das die St.Galler Regierung im Budget 2024 präsentiert. Obschon für 2024 erneut mit deutlich erhöhten Steuererträgen gerechnet wird, resultiert ein budgetierter operativer Aufwandüberschuss von 158 Millionen Franken. Die Freisinnigen stellen sich diesen Entwicklungen entgegen, bekämpfen den ungebremsten Anstieg der Staatsquote und fordern eine deutliche Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen.
Die Regierung des Kantons St.Gallen hat heute Vormittag das Budget 2024 mit einem Ausgabenwachstum von vier Prozent und einem Aufwandüberschuss von 158 Millionen Franken präsentiert. Dass trotz sprudelnder Steuereinnahmen ein solches Defizit vorliegt, weist darauf hin, dass der Kanton ein klares Ausgabenproblem hat.
Gründe dafür sind wie bereits in den Jahren zuvor höhere Staatsbeiträge, ein höherer Personalaufwand, Entschädigungen an das Gemeinwesen sowie ein Anstieg bei den Sachaufwendungen. Besonders kritisch sieht die FDP das ungebremste Wachstum der Staatsquote. Wiederholt wächst der Verwaltungsapparat schneller als die Volkswirtschaft, was dem Kanton St.Gallen langfristig schaden wird.
Einzig die laufenden Effizienzanalysen geben Hoffnung, dass mit Effizienzsteigerung und der Reduktion von Doppelspurigkeit aufwandseitig wichtige Fortschritte erzielt werden könnten. Ob die Bevölkerung davon profitieren wird oder ob das Geld direkt an anderer Stelle wieder ausgegeben wird, bleibt offen.
Gerade in Zeiten steigender Energiekosten und Krankenkassenprämien, schwacher Konjunktur und zunehmender Unsicherheit müssten Mehraufwände kritischer denn je hinterfragt und eine Entlastung statt Belastung der Bevölkerung angestrebt werden. Mit dem von der FDP vorangetriebenen, bereits beschlossenen automatischen Ausgleich der kalten Progression ab 2024 konnte immerhin eine überproportionale Besteuerung des Mittelstands infolge allgemeiner Teuerung verhindert werden.
Der Kanton St.Gallen verfügt über eine robuste Eigenkapitalbasis von 1.1 Milliarden Franken und wurde von der Ratingagentur Standard & Poor’s neu auf das beste Rating AAA hochgestuft. Auch im Jahr 2024 werden wiederum deutlich höhere Steuererträge verzeichnet werden. Wäre das Ausgabenwachstum geringer, wäre gar ein ausgeglichenes Rechnungsergebnis möglich.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welches Ziel der Kanton mit dieser vielversprechenden Ausganglage verfolgen möchte: Setzt man weiterhin auf ungebremstes Ausgabenwachstum und zehrt damit fahrlässig von den erarbeiteten Reserven oder möchte man die Ressourcenstärke mit steuerlicher Attraktivität, gezielten Investitionen und Ausgabenvernunft fördern?
Für die FDP ist klar, dass sich der Kanton St.Gallen weiterentwickeln muss, um ein attraktiver Wohn-, Arbeits- und Wirtschaftsstandort bleiben zu können. Im Zentrum stehen dabei Innovation und Standortförderung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine fortschrittliche Bildung, raumplanerische Massnahmen sowie steuerliche Attraktivität. Vor diesem Hintergrund wird sich die Kantonsratsfraktion im Rahmen der Beratung für Zurückhaltung in der Ausgabenpolitik und eine Steuersenkung einsetzen. Das Steuermonitoring der Universität St.Gallen zeigt nämlich klar: Der Kanton St.Gallen ist bei den mittleren Einkommen und bei der Vermögenssteuer unattraktiv. Das muss sich ändern – Leistung muss sich wieder lohnen!
Das sagen die Grünen:
Die Regierung rechnet für das Jahr 2024 mit einem operativen Defizit von 157,6 Millionen Franken Für das Jahr 2023 erwartet sie ein Defizit von 225 Millionen Franken – 64 Millionen mehr als budgetiert. Auch für 2024 kann schon jetzt vorausgesagt werden, dass die Rechnung schlechter als budgetiert ausfallen wird, da erneut eine Ausschüttung der Nationalbank eingerechnet wurde. Dass eine solche nicht erfolgen wird, erscheint so gut wie sicher.
Die Rechnungsdefizite sind das Resultat der übertriebenen Steuersenkungen, die von der Mitte-Rechts-Mehrheit im Kantonsrat beschlossen wurden. Es wird nun offensichtlich, dass der Staatshaushalt dadurch aus dem Lot geraten ist. Das Eigenkapital schmilzt dahin, weitere Steuersenkungen wären deshalb aus Sicht der Grünen unverantwortlich.
Die Krankenkassenprämien werden im nächsten Jahr massiv steigen. Es ist deshalb dringend nötig, dass der Kanton St. Gallen auch im Budget 2024 den Maximalbetrag für die Prämienverbilligung einstellt. Jede Kürzung wird die Grüne-Fraktion vehement bekämpfen.
Erfreut nehmen die Grünen zur Kenntnis, dass die Regierung dem Staatspersonal den vollen Teuerungsausgleich gewähren möchte. Nachdem im Vorjahr lediglich ein Teil der Teuerung ausgeglichen wurde, ist dies auch unbedingt erforderlich. Die Mitarbeitenden des Kantons haben diese Wertschätzung verdient.
Die Nelo-Review hat gezeigt, dass mit den bisher zur Verfügung stehenden Mitteln für individuelle Lohnmassnahmen die nötige Lohnentwicklung nicht erzielt werden konnte. Die Grünen begrüssen deshalb die von 0,4 auf 0,6 Prozent erhöhte Quote, auch diese ist aber noch knapp bemessen. Die weiteren Lohnmassnahmen bei der Polizei und den IT-Supportfunktionen unterstützt die Grüne-Fraktion ebenfalls. Sie sind in Zeiten des Fachkräftemangels dringend angezeigt, damit der Kanton als Arbeitgeber attraktiv bleibt.
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.
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