Die Denkfabrik Thinktank Thurgau wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Im Laufe der Zeit hat sie sich von der Themensucherin zur Themensetzerin entwickelt. Seit einigen Jahren untersucht die Denkfabrik die verschiedenen Aspekte rund um das Thema «Digitalisierung».
Ein Thinktank ist eine Denkfabrik. Ein Ort oder ein Gremium also, indem Dinge ausgeheckt werden. Der Thinktank Thurgau wurde vor 20 Jahren anlässlich des Symposiums «Den Thurgau denken» im Rahmen der 200-Jahr-Feier des Kantons Thurgau in Weinfelden gegründet. Seither organisiert der TTT Veranstaltungen und initiiert Projekte, die sich mit politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Veränderungen und Entwicklungen befassen und für den Kanton und die Region mittel- und langfristig von Bedeutung sein können.
Die eigentlichen Denker und Denkerinnen des TTT sind die acht Stiftungsräte und -rätinnen. Matthias Mölleney ist Stiftungsratspräsident und sagt: «Wir treffen und vier bis sechs Mal im Jahr zu Projektmeetings und besprechen Dinge wie: Wer hat welche Ideen? Wer kennt interessante Referentinnen zu welchen Themen?» Die Stiftung selbst hat eine Geschäftsführerin, die mit einem Teilzeitpensum alles organisiert und managt, die Stiftungsräte erfüllen ihre Pflicht ehrenamtlich.
Wandlung im Laufe der Zeit
Wenn Mölleney auf die letzten 20 Jahre zurückblickt, erkennt er zwei Phasen. «In der ersten Phase war es die Aufgabe der Denkfabrik, herauszufinden, wo es interessante Projekte mit einem Bezug zum Thurgau gab, die die Stiftung unterstützen konnte. Es sind verschiedene interessante Dinge entstanden, die inhaltlich allerdings komplett unabhängig voneinander waren.» Mit der Neubesetzung des Stiftungsrats im Jahr 2015 wurde die zweite Phase eingeläutet: Fortan wollte der TTT das übergeordnete Thema selbst festlegen und in jedem Kalenderjahr unter einen anderen Fokus stellen. «Alles, was wir tun, sollte thematisch im Kontext stehen», sagt Mölleney. Man einigte sich auf das übergeordnete Thema «Digitalisierung». Die vergangenen Jahresfokusse waren zum Beispiel: «Digitalisierung und die kaufmännischen Berufe», «Digitalisierung und Gesundheit», «Digitalisierung und Mobilität» oder «Digitalisierung und Alter». Der Denkstoff geht der Stiftung noch lange nicht aus. Mölleney lacht: «Wir haben noch eine ganze Liste von Themen mit Bezug zur Digitalisierung, die wir noch nicht bearbeitet haben. Die Digitalisierung betrifft einfach alle Lebensbereiche.» So lautete der letztjährige Fokus «Digitalisierung und Politik». Dieses Jahr werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Menschen untersucht. Mölleney erklärt: «Themen wie Datenschutz oder Datensicherheit sind wichtig. Ein Stichwort dazu ist der gläserne Bürger. Wie transparent sind wir eigentlich?». Für dieses Fokusthema hat TTT die Zusammenarbeit mit der Universität Konstanz gesucht, wo es einen Lehrstuhl gibt, der in und zu diesem Bereich forscht.
Wissenschaftskongress und Jugendpreis
Im Stiftungsjahr gibt es fixe Anlässe: So findet jährlich ein Wissenschaftskongress statt. Hier tauschen sich Forschende zu einem bestimmen Thema aus. Die Ergebnisse werden dann aufbereitet und wenige Monate später in einem Forum der Allgemeinheit vorgestellt. «Das passiert in einer für alle verständlichen Form, damit jeder eine Chance hat, sich für das Thema zu interessieren. Uns ist es nämlich wichtig, alle Informationen und Resultate unserer Arbeit der gesamten Bevölkerung zugänglich zu machen», unterstreicht Mölleney. Neben Wissenschaftskongress und Forum werden jedes Jahr auch Jugendpreise vergeben. Letztes Jahr gingen die beiden ersten Preise zum Beispiel an eine Maturandin, die eine Arbeit über Smart Farming im Thurgau geschrieben hat und an einen Maturanden, der das Thema «Abstimmungs- und Wahlvorhersagen» untersuchte.
Ein Projekt auf Dauer
Zum 20-Jahr-Jubiläum sind keine speziellen Anlässe geplant. Die Feierlichkeiten werden in die regulären Veranstaltungen integriert. Auf die Frage, ob es die Denkfabrik auch noch weitere 20 Jahre braucht, antwortet Mölleney bestimmt: «Klar, irgendwann sind wir mit der Digitalisierung durch. Dann suchen wir eben ein neues Thema.» Aber die Idee der Denkfabrik sei auf Dauer ausgelegt. «Selbstverständlich müssen wir flexibel bleiben und uns immer wieder neu erfinden», fährt er fort. «Mit neuen Generationen kommen vielleicht auch neue Formate, frische Interessen und andere Fragestellungen. Was aber bleibt: Der TTT soll immer eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Bevölkerung sein.»
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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