logo

Gio Cettuzzi

Der «chuchipirat» revolutioniert die Lagerküche

Seit fast zehn Jahren engagiert sich Gio Cettuzzi als Koch in Lagern und Kursen. Eine ehrenamtliche Aufgabe, die mit aufwendigen Vorbereitungen verbunden ist. Im Zuge seiner Weiterbildung an der Ostschweizer Fachhochschule hat der 38-Jährige deshalb die Web-App «chuchipirat» entwickelt.

Die Ostschweiz am 19. Oktober 2023

Diese unterstützt Freiwillige in Jugendverbänden wie Jungwacht-Blauring oder Pfadi beim Planen von Menüs für kleinere und grössere Gruppen. Nicht zuletzt trägt die Anwendung auch dazu bei, Food Waste zu reduzieren. Bis Anfang 2024 soll sie allen Interessierten zur Verfügung stehen.

In einem Lager ist das Essen viel mehr als bloss Beilage. Nicht selten erinnern sich Teilnehmende noch lange Zeit später daran. Damit Zmorge, Zmittag und Znacht schmecken und rechtzeitig sowie in ausreichender Menge auf den Tisch kommen, ist jedoch einiges an Aufwand notwendig. Dazu gehört nicht nur die Zubereitung der Speisen, sondern auch die Menüplanung. Intoleranzen, spezielle Ernährungsformen oder variierende Angaben zur Anzahl Personen machen diese zusätzlich komplexer.

«Wer zum ersten Mal in einem Lager kocht und noch keine persönlichen Hilfsmittel zur Hand hat, investiert gut und gerne 10 bis 15 Stunden in die Vorbereitung», sagt Gio Cettuzzi. Der 38-Jährige, der als Leiter SAP Analytics & Technologie bei dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich arbeitet und ehrenamtlich Vorstandsmitglied bei Jungwacht-Blauring ist, kocht sei 2014 immer wieder in J+S-Kursen und -Lagern. «Planungsarbeiten wie das Berechnen der richtigen Mengen oder das Erstellen von Einkaufslisten sind der administrative Horror», sagt er. Engagiere sich jemand freiwillig im Küchenteam, dann vor allem aus Spass am Kochen und nicht, um viel Zeit damit zu verbringen, Zutaten zu skalieren oder Rezepte auf Allergene hin zu untersuchen.

Mit wenigen Klicks zum Postizettel

Zu Beginn seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Lagerkoch nutzte Gio Cettuzzi eigene Excel-Tabellen als Hilfsmittel. Diese gab er auch an andere weiter. «Irgendwann schwirrten unterschiedliche Versionen umher», erinnert er sich. Er habe sich deshalb immer wieder gedacht, dass es doch eine zentrale Lösung geben müsste. So entstand die Idee zu seiner Web-App «chuchipirat». Diese ist mittlerweile bis zur Beta-Version ausgereift.

Der «chuchipirat» bietet Hobbyköchinnen und -köchen, die sich ehrenamtlich in Kursen und Lagern engagieren, Unterstützung bei der Menüplanung. Zur Zielgruppe gehören etwa Freiwillige in Jugendverbänden wie Jungwacht Blauring oder Pfadi. In der App ist eine grosse Rezeptdatenbank hinterlegt, die von der Community gepflegt wird. Dort findet man bewährte Gerichte, die andere schon einmal gekocht haben. Gleichzeitig lassen sich auch neue Rezepte erfassen, die die anderen dann wiederum nutzen können. Weiter hilft der «chuchipirat» bei der Erstellung von Menüplänen. Dazu gibt man ein, wann welches Gericht serviert werden soll und wie viele Portionen es braucht. Anhand des Menüplans lässt sich dann mit wenigen Klicks ein Postizettel generieren. Es ist nicht notwendig, zu eruieren, wo überall Zwiebeln als Zutat vorkommen. Denn der «chuchipirat» führt alles zusammen und erstellt eine übersichtliche Liste nach Abteilungen.

Auch lassen sich die Rezepte filtern. So zeigt die Anwendung in Sekundenschnelle an, welche Gerichte beispielsweise vegan sind oder welche Speisen Allergene enthalten.

Essensreste vermeiden

Eine wichtige Funktion der App ist die Skalierung, also das Hochrechnen der Mengenangaben auf die gewünschte Gruppengrösse. In vielen Rezepten werden die Mengen mit einer bestimmten Anzahl Esslöffel angegeben. Das kann mühsam sein. Denn wer beim Zubereiten einer Salatsauce für 45 Personen 33 Esslöffel Essig abmessen muss, ist eine Weile beschäftigt. Der «chuchipirat» rechnet Einheiten wie Esslöffel in das metrische System um.

Wo überall möglich wird ein Skalierungsfaktor berücksichtigt. So werden zum Beispiel für das Bestreichen zweier Zöpfe nicht automatisch zwei Eier benötigt. Ein Ei reicht aus. Das spart Lebensmittel. Allgemein besteht ein wichtiges Ziel der App in der sinnvollen Mengenberechnung. «Essensreste sind ein grosses Thema», sagt Gio Cettuzzi. «Es ist allen ein Anliegen, diese zu vermeiden.»

Im Informatikunterricht das Rüstzeug erhalten

«Die Idee für diese App hatte ich schon früh, aber es fehlte mir das Wissen für die Umsetzung», sagt er. Das änderte sich, als er im Jahr 2020 die Weiterbildung zum MAS in Human Computer Interaction Design an der OST – Ostschweizer Fachhochschule begann. «Im Informatikunterricht erhielt ich das Rüstzeug, um im Web etwas zu programmieren.»

Mit dem frischerworbenen Know-how machte er sich in Eigeninitiative an die Entwicklung des «chuchipirat». Im Rahmen der Masterarbeit haben er und eine Mitstudentin die App dann genau unter die Lupe genommen. Der Fokus lag darauf, die Interaktion zwischen den Benutzenden und dem Rezept zu optimieren. Um die Bedürfnisse der Userinnen und User besser zu verstehen, haben die beiden unter anderem die Küchenteams in fünf verschiedenen Sommerlagern für je einen halben Tag begleitet sowie mehrere Usabilitytests durchgeführt. «Die Masterarbeit hat einige Stolperfallen aufgezeigt», sagt Gio Cettuzzi. Nun gehe es darum, diese auszuhebeln.

Anfang 2024 das Beta-Stadium verlassen

Das Ziel bestehe darin, dass die sonst mehrstündige Planung von Menüs in weniger als einer Stunde abgeschlossen sei, sobald man die App ein bisschen kenne, erklärt der Masterabsolvent und ergänzt: «Wenn man Lust hat, kann man sogar alles auf dem Heimweg im Zug auf dem Handy erledigen.»

Derzeit investiert er ein- bis eineinhalb Tage pro Woche, um den «chuchipiraten» in Form zu bringen. Noch wird die App nur von Testuserinnen und -usern benutzt. Doch die Nachfrage ist gross. Beinahe wöchentlich erhält Gio Cettuzzi Anfragen, ob er Zugriff gewähren könne. Dann bittet er jeweils noch um ein bisschen Geduld. Spätestens Anfang nächsten Jahres soll der «chuchipirat» das Beta-Stadium verlassen und allen Interessierten zur Verfügung stehen.

Für Gio Cettuzzi ist jedoch klar: «Die Arbeit an einer Software ist nie abgeschlossen. Der chuchipirat bleibt ein Lebensprojekt.»

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Die Ostschweiz

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.