Maik Bischoff.
«Geile Siech»: So ruft man Maik Bischoff auf den Zürcher Strassen oft hinterher. Der gebürtige Toggenburger mit indischen Wurzeln fällt nicht nur mit seinem Roller gerne auf. Ein Gespräch über Totenköpfe, schräge Geschäftsideen und das Anderssein.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine ergänzende Information zu einem im Printmagazin «Die Ostschweiz» publizierten Artikel. Das Magazin kann via abo@dieostschweiz.ch bestellt werden.
Maik Bischoff ist Lehrer, Künstler und Querdenker. Mit seinem geschmückten Roller macht der 49-jährige Toggenburger seit 23 Jahren seinen aktuellen Wohnort Zürich unsicher.
Maik Bischoff, Sie fallen auf der Strasse mit Ihrem Roller ziemlich auf. Wie kamen Sie auf die Idee, ihn mit Totenköpfen zu schmücken?
Bischoff: Die Idee war, mehr Farbe, Fröhlichkeit und Originalität auf die Strassen zu bringen. Und mal ehrlich, welches Kind im Manne kann einem Gestell voller Totenköpfe und Knochenhänden wiederstehen? Alles meins, an den Roller geschraubt und (fast) alle haben Freude daran.
Wie reagieren die Menschen auf den Zürcher Strassen?
Bischoff: Viele Leute fotografieren und finden den Blumen-Skelettroller lustig und bizarr. Jugendliche pfeifen und johlen mir hinterher «Geile Siech». Auch mit der Polizei halte ich öfters ein erzwungenes Schwätzchen. Die war aber bisher sehr kulant. Die Schädel sind ja nicht echt. Es gibt aber auch harsche Kritik. Ein Date schimpfte empört: «Das ist die schlimmste Geschmacksverirrung, die ich je gesehen habe.» Wir haben uns nie mehr gesehen.
Wird Ihr Motorrad immer mal umgeschmückt?
Bischoff: Ja, ich versuche, den Roller den Jahreszeiten anzupassen. Grundlage bleiben immer die Schädel mit Blumen. Im Frühling zieren flauschige Hasenohren und Margeriten die Köpfe. Im Sommer Sonnenbrillen und Strohhut. Im Herbst Halloween-Glitzerhörnchen und im Winter Klausmützen und Wattebart.
Maik Bischoff.
Eigentlich wollten Sie mit Ihrem Roller Geld verdienen. Was war die Idee?
Bischoff: In Bali sind wir oft mit Töff-Taxi gefahren. Schnell und günstig. Sowas braucht es hier auch, dachte ich und entwarf schon mal ein Logo. Der Amtsschimmel trat die Idee dann aber tot. Bei einem Anruf aufs Strassenverkehrsamt wurde mir gesagt: «So was gibt es nicht, klären sie erst mit der Versicherung die Möglichkeiten ab.» Die Versicherung verwies zur Polizei. Die Polizei wiederum verwies zum Strassenverkehrsamt. Da hatte ich dann keinen Bock mehr.
Gibt es noch andere verrückte Dinge, die Sie von den sogenannten Normalos unterscheidet?
Bischoff: Ich habe einen außergewöhnlichen Drang, meine Umwelt so zu gestalten, wie sie mir gefällt. Da folge ich dem Leitspruch von Pippi Langstrumpf. Was es so, wie ich es will, nicht gibt, muss erschaffen werden. So baue ich mir Leuchtmöbel, Tische mit Dinosaurier-Beinen und gerade meinen eigenen Thron. Jeder Mensch ist ja ein König. Und ich kann Max und Moritz auswendig aufsagen.
Haben sie auch einen aussergewöhnlichen Beruf?
Bischoff: Naja, ich unterrichte Grafikdesign am Computer an der Berufsmaturitätsschule Zürich. Und nebenberuflich giesse und verkaufe ich selber Kerzen in Form von Robotern.
Urspünglich sind Sie nicht Zürcher, sondern kommen aus Wattwil. Wie wichtig sind Ihnen Ihre Ostschweizer Wurzeln?
Bischoff: Die sind überaus wichtig. Sie müssen sich das folgendermassen vorstellen: Das kleine, herzige Inderbüblein Maiki wächst in den siebziger und achtziger Jahren mit seinen zwei grossen afrikastämmigen Adoptivbrüdern im SVP-verregneten Toggenburg auf. Eine bodenständige, katholische, aber doch liebevolle Erziehung. Viele von den super lustigen und herrlich politisch unkorrekten Kasperli-Platten dröhnen bis heute in meinem Kopf. Den «Rüblidieb» kann ich mit jeder Betonung auswendig aufsagen. Also, langer Schwede kurzer Finn: die Ostschweiz hat aus mir den bodenständig knorrig-freundlichen Clown gemacht, der ich heute bin.
Was vermissen Sie an der Ostschweiz am meisten?
Bischoff: Zuerst mal das Brot. In St. Gallen ist es überhaupt keine Frage, dass es gutes Brot gibt. Das ist dort völlig normal. Hier in Zürich ist das keine Selbstverständlichkeit. Allerdings muss ich fairerweise sagen, dass es in den letzten Jahren besser geworden ist. Ich wohne zum Beispiel direkt über einer Bäckerei, die sehr gutes Brot anbietet. «Aber wa daa wieder choscht» - O-Ton Papa. Und ganz klischeehaft: Ich vermisse die Olma-Bratwurst.
Nadine Linder war Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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