Schnell erregt, schnell gelegt: die Sprachreiniger sind schon wieder ganz woanders. Oder doch nicht? Warum wird immer noch an Winnetou-Glace geschleckt?
Sagen wir mal so: Der Hersteller des guten alten Mohrenkopfes erfreut sich anhaltenden Zuspruchs. Weil er nicht einsieht, was an dieser Bezeichnung rassistisch sein soll. Und weil er sich zu diesem Thema schon viel länger Gedanken gemacht hat als die Krakeeler, die plötzlich ihre Erbschuld entdeckten, sich auch in der Schweiz niederknien, das Haupt senken und «Black Lives Matter» grölen.
Als ob das, so ausserhalb von Afrika, bezweifelt würde. Aber das Weisswaschen, Pardon, die Reinigung der Sprache zu fordern, das ist wohlfeil, gratis als Signal fürs eigene Gutmenschentum zu haben. Man setzt ein Zeichen. Für Weltoffenheit, gegen Rassismus. Boykottiert Mohrenköpfe! Das haben die Mauren nicht verdient!
Ich finde, man sollte da konsequent den Weg zu Ende gehen. Im Schweizer Telefonverzeichnis finden sich tatsächlich fast 450 Einträge zum Namen Mohr. In Arbon gibt es sogar ein Taxi Mohr, es gibt Cafés mit diesem Namen, und, oh Schreck, selbst mit dem Begriff Mohrenkopf findet man neben dem Schlingel aus dem Aargau weitere sechs Einträge. Als Gipfel des Rassismus wird sogar eine «Mohrenkopfschleuder» neben Hüpfburg und anderen Zerstreuungen angepriesen. Da ist noch viel zu tun.
Aber immerhin, dem unseligen Brauch des Zwergenwerfens frönt in der Schweiz niemand, sonst müsste auch da ein Kampffeld eröffnet werden. Schon längst ins Feuer der Sprachreinigung geraten sind allerdings so diskriminierende Begriffe wie «Eskimo»- oder «Alaska»- oder gar «Winnetou»-Glace.
Denn Karl May war bekanntlich ein in der Wolle gefärbter Rassist, der den edlen Indianer schuf, ohne auf den Genozid durch den weissen Mann hinzuweisen. Da ist Frisco in Rorschach gefordert. Man denke über eine Namensänderung nach, lässt der Glacehersteller eilfertig verlauten. Offenbar ist Kälte nicht gut fürs Funktionieren der Hinrzellen.
Richtig finde ich hingegen, dass Toast und Pizza Hawaii auch schon unter Rassismusverdacht gerieten. Was können die Ureinwohner Hawaiis für diese Geschmacksverirrung?
Andererseits kostet Protest nun doch auch etwas, man muss organisieren, trommeln, informieren, Bewilligungen einholen, damit der Kampf für schwarze Leben auch seine Ordnung hat. So bittet das «Institut Neue Schweiz» (INES) mit «Migrationsvordergrund» für das Einfordern von «Repräsentation, Mitsprache und Teilhabe» gleich mal um eine Online-Spende von mindestens 60 Franken, besser noch die «Soli-Mitgliedschaft» von 100 Franken. Denn: «Für Projekte, Blogs, Events und Interventionen ist INES angewiesen auf finanzielle und ideelle Unterstützung.»
Aber immerhin, erste Informationen sind gratis. Die «Unia-Jugend gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit» bietet einen «Ratgeber» an.
Da wird zunächst einmal die deutsche Sprache vergewaltigt: «Als GewerkschaftssekretärIn oder Aktivmitglied» sei der Leser sicher schon mit Rassismus konfrontiert worden, oder «einE JugendlicheR» habe um Hilfe gebeten. Offensichtlich nicht zum Thema Rechtschreibung. Wobei es ja auch typisch ist, dass bei der Funktion Sekretär gleich auch ein Binnen-I für Frauen drangehängt wird, während das beim Mitglied – nomen est omen – nicht für nötig gehalten wird.
Spannend ist dann auch die Definition von Rassismus: «Wer eine andere Person anders behandelt, weil sie eine andere Hautfarbe hat oder aus einem anderen Land stammt oder einer anderen Religion zugehört, handelt rassistisch.» Da kann man nur hoffen, dass das unsere muslimischen Mitbürger auch so sehen.
Staatliche Hilfe wird einem von der «Fachstelle für Rassismusbekämpfung» zuteil, sie liess sich von der «Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und Humanrights.ch» einen «Rechtsratgeber Rassistische Diskriminierung» erstellen. Er wurde zudem «im Rahmen des Projekts «Beratungsnetz für Rassismusopfer» produziert». Alles angesiedelt im Eidg. Departement des Inneren (EDI). Hier müssen wir allerdings tapfer sein, das Werk umfasst 179 Seiten. Ja, so viel gibt es über rassistische Diskriminierung zu sagen.
Wir sehen also: Wer meint, mit dem Kampf gegen den Mohrenkopf und für die Bedeutung schwarzer Leben sei es schon getan, irrt gewaltig. Ich werde nun auch ein Zeichen setzen. Gegen Rassismus. Gegen Diskriminierung. Ich werde meiner dunkelhäutigen Frau ab sofort verbieten, mich mit einem Negerkuss zu empfangen. Als Signal, als Fanal, gerade hier in der Schweiz, deren Geschichte ja ohne die Sklavenhaltung aller Orten nicht denkbar wäre.
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