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Verschoben, verschoben, verschoben

Der Verlauf der «Katastrophe» erinnert an Uriella

Unsere Spitäler sind voll mit Corona-Erkrankten. Wenn nicht gestern, dann heute. Oder eben nächste Woche. Sicher aber übernächste. Allmählich erinnert das Gebaren der Warner an die berühmteste Weisssagerin der Schweiz: Erika Bertschinger alias Uriella. Das aber war ihr Untergang.

Stefan Millius am 09. November 2020

Wie lange ist es eigentlich her, als uns die ersten Warnrufe erreichten? Als die Verantwortlichen von Kleinspitälern für Panik sorgten? Als uns gesagt wurde, dass unsere Krankenhäuser bald übervoll sein werden, dass uns italienische Verhältnisse drohten? Einen ersten Überblick haben wir bereits hier gegeben. Und inzwischen wird das System der Angstmacherei immer offensichtlicher. Selbst bislang unkritische Medien melden vorsichtige erste Zweifel an, auch wenn sie danach gleich wieder dafür sorgen, dass diese zerstreut werden.

Alles verläuft, wie man es vorhersehen kann. Die Überlastung der Spitäler blieb aus, aber das ist selbstverständlich nur der Tatsache zu verdanken, dass die Taskforce des Bundes so massiv vor dieser gewarnt hatte. Denn plötzlich verhielten sich alle Schweizerinnen und Schweizer vernünftig, die Kette der Ansteckung wurde etwas verlangsamt, deshalb wurden die Prophezeiungen nicht wahr. Beziehungsweise: Noch nicht. Selbstredend kommt das dicke Ende noch. Es gibt bereits neue Termine, und sollten diese verstreichen, ohne dass die Katastrophe eintritt, so wird diese eben wieder verschoben.

Interessant daran ist, dass wir uns in den vergangenen Wochen anhören mussten, wir seien zu wenig diszipliniert, tun zu wenig brav, was man von uns verlangt, es gebe zu viele Leute, die sich verantwortungslos verhalten. Darauf folgten zahlreiche behördliche Rügen, verbunden mit dem Hinweis, man müsse wohl noch schärfere Massnahmen beschliessen, bis das dumme Volk endlich kapiert, was es geschlagen hat.

Und dieses undisziplinierte Volk hat nun gleichzeitig dafür gesorgt, dass die Situation nicht mehr ganz so dramatisch ist wie im Oktober, als die Spitäler angeblich bald zu platzen drohten? Seltsam. Wo genau wurden denn Verbesserungen erzielt? Durch die Maske in Läden, weil ja - Achtung, Ironie - die Läden als Verbreitungsort Nummer 1 bekannt sind? In Restaurants, wo man nun bis zum Tisch die Maske tragen muss? Welche der jüngst beschlossenen Massnahmen hat denn Erleichterung verschafft? Irgendwo in der Zahlenorgie des Bundesamts für Gesundheit müsste das ja wohl stehen.

Vielleicht ist es unfair, aber: Man wird den Eindruck nicht los, dass die Behörden gar nicht mal so glücklich sind, wenn Zahlen nach unten zeigen und noch Spitalbetten frei sind.


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Das Ganze erinnert lebhaft an Erika Bertschinger, besser bekannt als Uriella. Das spirituelle Medium, im Februar 2019 verstorben, hatte am Höhepunkt ihrer Karriere eine grosse Gefolgschaft und predigte dieser immer mal wieder den nahenden Weltuntergang. Gerettet würde am letzten Tag nur, wer an ihrer Seite ist, und zwar von Raumschiffen. Blöderweise weigerte sich die Welt unterzugehen, Uriella musste dafür einige griffige Erklärungen hervorzaubern und die Apokalypse auf einen neuen Termin festlegen.

Ähnlich lief es bei der St.Michaelsvereinigung im thurgauischen Dozwil. Auch dort gab es Weltuntergangsszenarien, die dann nicht eintraten. Bei solchen Gruppierungen hat das jeweils einen nicht zu unterschätzenden Effekt: Mit jeder Ankündigung, die sich als Blindgänger entpuppt, sinkt die Glaubwürdigkeit bei einem Teil der Anhänger. Die Lehre daraus: Man kann nicht beliebig oft apokalyptische Prognosen machen. Uriellas Imperium schrumpfte immer mehr, in Dozwil sah es nicht anders aus.

Bisher scheint es aber so, als hätten Uriella und die St.Michaelsvereinigung eine weit weniger treue Gefolgschaft als das Bundesamt für Gesundheit und die Corona-Taskforce.

Eine aktuelle Übersicht zur Lage gibt der «Offene Brief» einer Ärztin.

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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