Mit einem Nein zu den Mediensubventionen geben wir den Medienschaffenden die Chance, sich von den Sirenengesängen der staatlichen Subventionspolitik zu verabschieden und zurück zu einer unabhängigen Berichterstattung zu finden.
Vor kurzem entschied die Verwaltungsrekurskommission, dass der von der Stadt St.Gallen erhobene Wasserrappen rechtlich unzulässig ist. Das Gericht stützte die Argumentation des Klägers Remo Daguati, Stadtparlamentarier und Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands, wonach es sich bei den Beiträgen an Wasserversorgungsprojekte im Ausland um eine unzulässige Steuer ohne Rechtsgrundlage handelt.
Juristerei ist keine gesicherte Wissenschaft. Denselben Sachverhalt kann man in vielen Fällen und guten Gewissens unterschiedlich beurteilen. Trotzdem erstaunt, dass nicht nur die Juristen der Stadtverwaltung, sondern auch die von einem ehemaligen Gerichtspräsidenten geführten Technischen Betriebe die rechtlichen Voraussetzungen des Wasserrappens vollkommen falsch einschätzten. Dies ist umso bemerkenswerter, als bereits in der Parlamentsdebatte gewichtige kritische Stimmen Zweifel an der Rechtsmässigkeit des Vorgehens äusserten.
Nur, diese Einwendungen interessierten weder den Stadtrat noch die Mehrheit des Stadtparlamentes. Der Zweck heiligt die Mittel. Ganz besonders dann, wenn es um edle Motive und das Geld von Dritten geht. Entscheidend ist die gute Absicht. Gesinnungspolitik heisst die Maxime.
Alles in allem eine Steilvorlage für Medienschaffende, die sich kritisch mit politischen Vorgängen auseinandersetzen. Wer allerdings den Kommentar zu diesem Vorfall im Tagblatt vom 4. November liest, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Kritisch beurteilt werden weder die rechtswidrige Vorlage noch der Stadtrat oder das Stadtparlament. Im Gegenteil. In den Senkel gestellt wird der Beschwerdeführer, der das Recht auf seiner Seite hat. Dieser wird als «Robin Hood der St.Galler Hausbesitzer» lächerlich gemacht, als Egoist ohne jedes Verständnis für Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und Durst leiden. Unfairer, polemischer geht es nicht.
Aufmerksame Zeitungsleser überrascht dies allerdings kaum. Die ganz grosse Zahl der Medienschaffenden hat sich von ihrer Rolle als vierte Gewalt im Staate verabschiedet. Nicht erst seit Corona. Was zählt, ist die Nähe zur Politprominenz. Man sonnt sich im Glanz von Amtsinhabern und kritisiert, wer nicht in den allgemeinen Jubelgesang auf die gnädigen Damen und Herren in unseren Regierungen einstimmt.
Eine devote Haltung, die in Bundesbern aus naheliegenden Gründen viel Sympathie geniesst. Und belohnt werden soll. Mit Subventionen von rund einer Milliarde Franken. Einfach so. Zum Glück ist noch nicht aller Tage Abend. Am 13. Februar kommt das Medienpaket zur Abstimmung. Mit einem Nein zu den Mediensubventionen geben wir den Medienschaffenden die Chance, sich von den Sirenengesängen der staatlichen Subventionspolitik zu verabschieden und zurück zu einer unabhängigen Berichterstattung zu finden.
Bild: USA-Reiseblogger auf Pixabay
Kurt Weigelt, geboren 1955 in St. Gallen, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Seine Dissertation verfasste er zu den Möglichkeiten einer staatlichen Parteienfinanzierung. Einzelhandels-Unternehmer und von 2007 bis 2018 Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell. Für Kurt Weigelt ist die Forderung nach Entstaatlichung die Antwort auf die politischen Herausforderungen der digitalen Gesellschaft.
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