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Leserbrief

Die Impfstoff-Bescherung naht

Der Blick auf die Börsenkurse der letzten zehn Tage  zeigt: Die von vielen Regierungen verordneten oder angedrohten Lockdowns mit entsprechend düsteren Prognosen standen ganz im Gegensatz zur optimistischen Börsenwelt.

Leserbrief «Die Ostschweiz» am 10. November 2020

Am Montagmorgen war dann zu lesen: Weltaktienindex erreicht Rekord! Kurz nach Mittag war dann die «Überraschung» perfekt, hiess es doch: «Sieg der Wissenschaft: Biontech und Pfizer melden Durchbruch bei Corona-Impfstoff» (ein wirksamer und sicherer Impfstoff gegen ein neues Virus beansprucht normalerweise viele Jahre) und «Bankindex mit grösstem Kurssprung seit zehn Jahren». Wer nun wie viele hierzulande ein sogenanntes Mittelstandsportfolio besitzt, stellt überraschend (und eventuell mit leicht schlechtem Gewissen) fest, dass das Vermögen durch die Corona-Krise keinesfalls kleiner geworden ist. Von Reichen ganz zu schweigen. Und dies in Zeiten, wo zigmillionen von Menschen ihre Arbeit verlieren, materiell zurückgeworfen oder gar in Armut und Hunger getrieben werden wegen der globalen Lockdown-Massnahmen.

Ein Aufschrei der Linken gegen diese Art von Kapitalismus wird sich dieses Jahr kaum hören lassen, das «Inter-natio-nale Soli-dari-tät» wird dann wohl 2021 so langsam wieder angestimmt. Auch die Grünen werden sich nebst ihren Kernthemen wohl vor allem damit beschäftigen, dass aus Umweltschutzgründen weltweit alle Menschen nur Swiss-Made-Stoffmasken tragen sollten. Und bei kommenden Abstimmungen lässt sich dann sehr leicht mit einem Kreuzchen an der richtigen Stelle gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt vorgehen. Und das alles in einer Zeit, in der die deutsche Stadt Essen mit 600‘000 Einwohnern seit Längerem die Bevölkerung dazu aufruft, Mitbürgerinnen und Mitbürger bei Corona-Verstössen zu denunzieren (Bericht «InfoSperber» vom 9.11.). In einem Jahr, in dem Bundesrat und Parlament zur Bewältigung der Corona-Krise Notmassnahmen von über 70 Milliarden Franken beschlossen haben.

David Nabarro, der Pandemie-Delegierte der WHO, vor einigen Wochen in einem dringenden Appell: «Lockdowns haben nur eine Konsequenz, die man niemals kleinreden sollte: Sie machen arme Menschen um ein Vielfaches ärmer.» Was für ein Statement, und ausgerechnet von der WHO. In den Medien weder diskutiert, noch kleingeredet, sondern (fast) nirgends erwähnt! Hätte er gesagt, es sei «fünf vor zwölf», wäre dies mit Bestimmtheit innert Minuten weltweit übernommen und publiziert worden. Apropos Medien: Der diesjährige Welthungertag am 16. Oktober unter dem Motto «Wachsen, Ernähren, Erhalten» fand 2020 medial gar nicht statt. Woran liegt das wohl? In «normalen» Jahren wird wenigstens an so einem Tag der Hungernden auf dieser Welt gedacht mit Hintergrundberichten zu dieser Thematik.

Ein dazu mögliches Beispiel: Der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat die Bedeutung des internationalen Handels für die nachhaltige Entwicklung erkannt und er war der festen Überzeugung, die Ursache von Armut und Unterentwicklung sei nicht zu viel, sondern zu wenig Handel (häufiges Argument von Mitte-Rechts für die positiven Auswirkungen der Globalisierung). Und eine (von mir sehr geschätzte) Kulturzeitschrift wie «Saiten» veröffentlicht in der Oktober-Ausgabe (im Wissen, dass Kultur offenbar nicht systemrelevant ist) einige sehr interessante Beiträge über «Erotik, Sex und Leidenschaft» ohne einen Covid-19-Bezug. Seit Sommer gibt es schon diverse Studien mit Inhalten wie «Die Menschen sind in der Krise monogamer geworden» oder «Intimität und soziale Beziehungen in der Zeit physischer Distanzierung». Heutzutage ist offenbar medial nicht nur gendergerechte, sondern auch coronagerechte Information oberstes Gebot. Da passt für mich die Redewendung: «In Hände, die einen füttern, wird nicht gebissen.»

Von den Öffentlichkeit fast unbemerkt wurden letzten Monat zwei Unterschriftensammlungen hochkarätiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Zuge der Covid-19-Pandemie lanciert. Am 4. Oktober die Great Barrington Declaration. Diese fordert wegen ernster Bedenken hinsichtlich der schädlichen Auswirkungen der vorherrschenden Covid-19-Massnahmen auf die physische und psychische Gesundheit einen gezielten Schutz, um vorwiegend die Risikopatienten zu schützen. Rund 610‘000 «besorgte Bürgerinnen und Bürger», 12‘000 medizinische und öffentliche Gesundheitswissenschaftler und 34‘000 Ärztinnen und Ärzte haben bisher diese Sichtweise mit ihrer Unterschrift unterstützt.

Als Reaktion darauf hat sich am 12. Oktober eine Denkschrift namens John Snow Memorandum gebildet. Bis heute haben mehr als 6900 Wissenschaftler, Forschende und Angehörige der Gesundheitsberufe diese Denkschrift unterschrieben, in der sich als Erstunterzeichner (Althaus, Eckerle, Hodcroft aus der Schweiz) über 80 Wissenschaftler und Expertinnen gegen eine unkontrollierte Ausbreitung von Covid-19 unter nicht Risikopatienten und für den Schutz aller Bevölkerungsgruppen aussprechen.

Als Nichtfachmann in solchen Dingen frage ich mich: Was zum Teufel ist denn die Kernaufgabe dieser Expertinnen und Experten? Hätte dieser hochkarätige und von wem auch immer finanzierte epidemiologische Think Tank der Wissenschaft nicht im Februar, spätestens Anfang März zusammen an einen Tisch sitzen sollen, um darüber zu diskutieren und zu debattieren, was hier und anderswo zu tun ist, nach alldem, was aus China schon zu wissen war? Über 80 Prozent der Erkrankten zeigten dort milde Symptome, rund 14 Prozent ein schweres Krankheitsbild und 4,7 Prozent eine kritische Erkrankung (Blogbeitrag Dr. Vernazza, 18.2.2020). Um danach fachlich und ruhig die Regierungsverantwortlichen zu informieren. Diese wären dann für das in Bergamo beginnende «mediale weltweite Trommelfeuer» jedenfalls besser gewappnet gewesen.

Oft höre ich die letzten Monate, dass in dieser starken Polarisierung der Meinungen zu Covid-19 die Zwischentöne fehlten im zwischenmenschlichen Kontakt. Wie soll man/frau sich denn auch näherkommen in solch völlig verrückten Zeiten, in denen nur schon «die Hand zur Versöhnung reichen» vielen schon Angst und Schrecken einjagen kann, geschweige denn eine herzliche Umarmung, die unzählige dringend benötigten! Hätte mir jemand die oben genannten «Fakten» vor einem Jahr vorgelesen, ich hätte ihn jedenfalls ganz bestimmt einen Verschwörungstheoretiker genannt!

Alain Vannod, St. Gallen

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