Zwei Jungparteien giessen ordentlich Öl ins Wahlkampffeuer. Unter dem Titel «Warum alle ausser Barbara Gysi unwählbar sind» greift die Juso des Kantons St.Gallen die Kandidatinnen Friedli, Vincenz und Ryser heftig an. Die Jungfreisinnigen reagieren darauf.
Dass die Juso sich für SP-Ständeratskandidatin Barbara Gysi stark macht, überrascht nicht. Sie stellt aber in einer Stellungnahme nicht etwa die Vorzüge der Nationalrätin in den Vordergrund, sondern schiesst heftig auf die anderen drei Mitstreiterinnen.
An heftigsten teilt die Juso gegen Franziska Ryser von den Grünen aus. Sie sei die «Berechnende».
Franziska Ryser sei nicht nur weniger rot als Barbara Gysi, sondern auch weniger grün. Für die JUSO Kanton St.Gallen stellt sich daher die Frage, ob diese gemässigte Position bloss ergriffen wurde, um «in der Mitte Wählerinnen und Wähler zu fischen, oder ob Ryser die Dringlichkeit der Klimakrise wirklich nicht verstanden hat.»
Auch soziale Themen seien in Franziska Rysers Programm schwer zu finden. «Sie framed sich zwar als Feministin, indem sie sich zum Beispiel für die Einführung des dritten Geschlechtseintrags einsetzt. Abgesehen von weiteren eher liberalen gleichstellungspolitischen Forderungen, fehlt die sozialpolitische Perspektive fast komplett in ihrem Programm», so die Juso.
Der Jungpartei passt es zudem überhaupt nicht, dass Ryser in Bern eine Wohngemeinschaft mit den Nationalräten Andri Silberschmidt (FDP) und Mike Egger (SVP) bildet. Silberschmidt wird als «Vorzeige-Liberalo» bezeichnet, Egger als «Hardliner mit Verbindung zu rechtsextremen Kreisen». Die Juso dazu: «In diese WG einzuziehen war abgebrüht, berechnend und mediengeil.»
Esther Friedli wird indes als «menschenfeindlich» bezeichnet, als eine Person die im Machtzirkel der SVP verkehrt. «Wie sie diesen Platz ergattern konnte, ist nicht ganz nachvollziehbar», so die Ansicht der Juso.
Auch Susanne Vincenz-Stauffacher bekommt ihr Fett ab. Bei der gesamten Klimapolitik habe sie den Ernst der der Lage nicht erkannt.
Dies ist die Form, mit der die Juso des Kantons St.Gallen politisiert. Angriffig, verletzend und auf die Person geschossen. Ob sie damit Barbara Gysi einen Dienst erweist, wird sich zeigen.
Eine erste Reaktion gab es von Seiten der Jungfreisinnigen des Kantons. Sie verurteilen das Vorgehen der Juso und fordern Barbara Gysi dazu auf, sich von dieser Art der Kommunikation zu distanzieren.
Die Freisinnigen schreiben: «In ihrer Mitteilung ‘analysieren’ die JUSOs St.Gallen die drei Nationalrätinnen und Ständeratskandidatinnen Susanne Vincenz-Stauffacher, Esther Friedli und Franziska Ryser. Dass diese ‘Analyse’ auf reinen Vorurteilen und haltlosen Unterstellungen beruht, verdeutlicht die Beschreibung von Frau Friedli. Diese wird als ‘Heuchlerisch, rassistisch, fremdenfeindlich, verlogen und gefährlich!’ bezeichnet. Zudem wird Franziska Ryser unterstellt, aus PR-Gründen Rechtsradikalismus zu tolerieren. Sämtliche Aussagen lassen sich in keiner Weise belegen.»
Die JFSG fordern Barbara Gysi deshalb auf, sich klar von diesem Politikstil sowie ihrer Jungpartei zu distanzieren. «Alles andere wäre einer Politikerin, die den Kanton St.Gallen und dessen Bevölkerung auf nationaler Ebene vertreten soll, unwürdig.»
Und weiter: «Der Politikstil der JUSO ähnelt immer mehr dem vieldiskutierten ‘Trumpismus’: ein schriller Kommunikationsstil, persönliche Angriffe gegen andere Kandidatinnen sowie haltlose Unterstellungen, wie sie in den amerikanischen Wahlkämpfen seit Donald Trump leider üblich sind.»
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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