Haben Sie auch schon mal versehentlich zu wenig Porto auf eine Sendung aufgeklebt? Dann bekommen Sie danach bald Post von der Post. Die müssen Sie dann mit einer zusätzlichen Frankatur zurückspedieren. Das Ganze ist so unwirtschaftlich, dass der gesunde Menschenverstand aufjault.
Mir ist völlig klar, dass es die Post nicht grundsätzlich durchgehen lassen kann, wenn der Wert der Briefmarken auf einem Brief oder einem Paket nicht dem entspricht, was da kleben müsste. Das ist ein bisschen wie die Kontrollen im öffentlichen Verkehr: Wüsste man, dass sie niemals stattfinden, würde man auch nie wieder ein Ticket lösen. Etwas tun muss man also.
Aber das, was die Post macht, grenzt an Absurdistan. Da verliert man mal die Übersicht betreffend Tariftabelle über Formate, Gewicht und so weiter und klebt beispielsweise Marken im Wert von 1.50 Franken statt 1.60 Franken auf eine Sendung. Schon bald kommt eine hübsche Postkarte. Absender: Die Post. Dort wird man aufgefordert, den fehlenden Betrag von 10 Rappen in Form einer Marke aufzukleben und der Post zurückzusenden. Da kein Mensch eine 10-Rappen-Marke zuhause hat, nimmt man vermutlich, was gerade rumliegt. Und seien es 85 Rappen. Oder man nimmt die 10-Rappen-Marke von 1883 aus der Briefmarkensammlung des Grossvaters, die ein paar Tausend Franken wert ist.
Schauen wir das aus der Perspektive der Post an. Die prüft eine Sendung, stellt fest, dass sie unterfrankiert ist, muss die erwähnte Postkarte generieren, verschickt sie (und schickt damit einen Briefträger auf die Reise), nimmt dann die mit dem nötigen Porto frankierte Postkarte entgegen, prüft sie wiederum und erklärt den Fall für erledigt. Dazu kommen Materialkosten der Karte.
Mir kann kein Mensch sagen, dass der Arbeitsaufwand, den sich die Post damit aufhalst, auch nur ansatzweise das deckt, was da zurückkommt. Wenn jemand wirklich den Aufwand auf sich nimmt, eine 10-Rappen-Marke zu beschaffen, dürfte alles in allem locker eine Stunde Arbeit für die Post angefallen sein für die Vergütung von 10 Rappen. Das ist möglicherweise der Stundenlohn einer Kleidernäherin in Bangladesh, aber kaum für einen Mitarbeiter der Schweizer Post.
Wie man es sonst löst? Keine Ahnung, und die muss ich auch nicht haben, ich bin kein Postangestellter. Sicher ist nur, dass dieses Vorgehen grausam unwirtschaftlich ist. Vor allem, wenn man noch den Aufwand der Person einrechnet, die sich – obwohl es sich meist um einen unbeabsichtigten Fehler handelt – noch mit der Beschaffung der richtigen Marke und dem Zurücksenden der Karte herumschlagen muss.
Die Post gibt sich ja gern privatwirtschaftlich. Aber im tiefsten Innern ist sie ein lupenreiner Staatsbetrieb geblieben. Da geht es nicht darum, was Sinn macht. Sondern nur ums Prinzip. Selbst wenn man dabei drauf zahlt.
Kollege Bossart steigert die Aufregung:
Ja, da hast du in allen Punkten zu 100 Prozent recht, vergisst dabei allerdings, dich über den wahren Skandal aufzuregen: Im umgekehrten Fall - und den gibt's zuhauf! - macht die Post nämlich keinen Mucks.
Da kann man den Brief oder das Paket noch so überfrankieren und vom gelben Riesen im Staatsbetriebspelz kriegt man nichts zurück. Weder ein Dankeschön, geschweige denn das zu viel bezahlte Porto in Form von Wertzeichen oder Bargeld. Ich bin mir sicher, fragte man nach, warum dem so ist, würde rasch die Betriebswirtschaftlichkeit als Argument herbeigezogen werden. Von wegen, dass es zu viel kosten würde, den Absender zu eruieren, um ihm 10 Rappen zurückzuerstatten.
Ha. Genau.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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