Als Geschäftsführerin des Auktionshaus Rapp und der Galerie Rapp in Wil ist Marianne Rapp (*1976) von schönen und wertvollen Gegenständen umgeben. Ein Gespräch über Millionenbeträge, Enttäuschungen und Leidenschaft.
Marianne Rapp, was ist Ihr persönliches Lieblingsschmuckstück?
Mein Favorit ist der Aquamarin. Ich liebe Schmuckstücke mit diesem Edelstein, der von hellblau bis kräftig himmelblau funkelt.
Hat es einen materiellen Wert?
Ja, diese Stücke variieren von ein paar hundert Franken bis hin zu einigen tausend Franken.
Sie beschäftigen Sich täglich mit Werken und Objekten, die teilweise zu hohen Preisen den Besitzer wechseln. In wie vielen Fällen geht es um Leidenschaft und in wie vielen um die reinen Finanzen, um Investitionen?
Es geht eigentlich fast immer zuerst um Leidenschaft. Viele Menschen haben eine Passion, die sie mit dem Sammeln von Münzen, Uhren, Briefmarken oder schönen Schmuckstücken verbinden. Wir betreuen Sammler, die ein grosses Budget zur Verfügung haben und beraten sie natürlich auch, sinnvoll in Investitionsobjekte mit Leidenschaft zu investieren.
Können Sie persönlich nachvollziehen, wieso jemand horrende Summen für ein Kunststück, ein Sammelobjekt bezahlt?
Ja sehr gut. Es gibt doch dieses bekannte Sprichwort von Goethe: «Sammler sind glückliche Menschen», und genau darum verstehe ich auch, dass man für Objekte mit einem besonderen geschichtlichen Hintergrund oder Seltenheitswert hohe Summen ausgeben kann.
Die Frage muss ja kommen: Was war der höchste Preis, der bei Ihnen jemals für ein Objekt bezahlt worden ist? Und um welches Objekt handelte es sich?
Wir durften von schon viele ganz herausragende Objekte in der über 50-jährigen Firmengeschichte verkaufen. Ganz speziell war sicherlich die Briefmarkensammlung «Alma Lee», die wir für die Royal Philatelic Society, welche unter dem Patronat der verstorbenen Queen Elizabeth stand, versteigern durften. Diese Sammlung hat gegen zwei Millionen Franken eingebracht. Oder natürlich auch die lange verschollen geglaubte Briefmarkensammlung «Ticino», die für über 4,5 Millionen Franken versteigert wurde.
Waren Sie auch schon einmal enorm enttäuscht, weil ein Objekt deutlich unter Wert den Besitzer gewechselt hat?
Gewisse Objekte sind auch für uns schwierig einzuschätzen. So gab es auch schon Enttäuschungen, aber zum Glück gibt es viel mehr positive Überraschungen.
Ich habe vorher bewusst das Wort «Besitzer» verwendet. Von aussen betrachtet hat man den Eindruck, es seien vermehrt Männer, die in Ihrem Business mitmischen. Ein falsches Bild?
So unrecht haben Sie nicht, wir betreuen eine grosse Anzahl an männlichen Kunden. Aber vermehrt auch Frauen, insbesondere in den Bereichen Schmuck und Edelsteine sowie bei Luxushandtaschen und zeitgenössischer Kunst.
Trifft man gerade an Auktionen eigentlich immer wieder dieselben Personen an? Gibt es richtige Stammkunden?
Ja, wir haben Stammkunden auf der ganzen Welt. Viele Kunden sind auch zu Freunden geworden.
Gerade in den Segmenten Uhren und Schmuck sind in den letzten Jahren aber enorm viele Neukunden zu uns gekommen. Speziell aus Asien, aber auch Amerika. Da ist es leider nicht mehr möglich, alle persönlich zu kennen.
Haben sie schon einmal ein Objekt aus einer eigenen Auktion ersteigert?
Dieser Versuchung zu widerstehen, fällt einem tatsächlich nicht immer so leicht.
Wie schwierig ist es grundsätzlich, um an wirklich interessante Objekte zu kommen?
Es ist immer wieder von Neuem eine grosse Herausforderung, ein attraktives Auktionsangebot zusammen zu tragen. Da fühlen wir uns oft wie richtige Schatzsucher.
Auf welchen Wegen, mit welchen Kanälen streckt man hierzu die Fühler aus?
Primär erfolgt die Akquisition über persönliche Kontakte in unserem langjährigen Kunden-Netzwerk. Zudem gewinnen wir über unser Markenbotschafter-Programm Neukunden durch Weiterempfehlungen. Besonders ergiebig sind auch unsere öffentlichen «Expertentage», bei denen unkompliziert eine Erstmeinung eingeholt werden kann. Aber auch Social Media wird natürlich zunehmend wichtig.
Haben Sie für das Jahr 2023 schon gewisse Highlights in der Hinterhand?
Uns wurden bereits in allen Segmenten tolle Auktionsobjekte anvertraut. Dabei sind eine exklusive Schmucksammlung von Cartier, eine Neuentdeckung eines Basler Taube Briefes sowie auch hervorragende Münzen. Sie dürfen also heute schon auf eine spannendes Auktionsangebot freuen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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