Seit Anfang des Jahres ist es Pflicht, die Gülle mit einem Schleppschlauchsystem auszubringen. Die Folge: Die Bestellungen sind in die Höhe geschossen, die Herausforderungen für Ostschweizer Hersteller sind hoch.
Die Zeiten, in welchen die Gülle munter aus dem Fass durch die Luft spritzt, gehört endgültig der Vergangenheit an. Ein Augenschein in einer St.Galler Gemeinde jedoch besagt etwas anderes. Ein Bauer düngt seine Wiese in diesen Tagen noch mit dem herkömmlichen System. «Wir haben bereits ein Schleppschlauch bestellt», sagt er, auf die Gesetzesänderung angesprochen. «Doch die Hersteller werden von den Bestellmengen überrannt. Nun müssen wir warten.»
Bestelleingang generieren
Ursprünglich war die Einführung der Schleppschlauchsysteme bereits auf Anfang 2022 geplant. Der Beschluss führte jedoch dazu, dass die Bestellungen in die Höhe schossen. Eine Auslieferung konnte in der Folge nicht mehr gewährleistet werden. Der Termin wurde auf den 1. Januar 2024 verschoben. Doch auch dieser kann offensichtlich nicht überall eingehalten werden. Teilweise wurden die Maschinen auch zu spät bestellt.
Thomas Hollenstein hat derzeit in seiner Produktion in Wilen bei Wil alle Hände voll zu tun. «Dass das ursprüngliche Datum verschoben wurde, kam uns gelegen», sagt er im Gespräch. «Es gab uns Luft, Bestellungen zu generieren und auch die Landwirte konnten sich noch einmal über die verschiedenen Systeme der Schleppschläuche informieren.»
Gülle ist nicht gleich Gülle
Bereits seit 2019 tüftelte er, zusammen mit seinem Mitarbeiter Lukas Bosshart, an dem «Schleppfix». Der Hauptunterschied zu den herkömmlichen Systemen ist ein Gülleverteiler ohne Verteilkopf mit rotierenden Bauteilen. Ablaufschläuche sucht man hier vergebens. «Unsere Version überzeugt, weil sie einfach, effizient und verschleissarm ist», fasst es Hollenstein zusammen. Ein weiterer Vorteil sei die hohe Ausbringleistung.
Dennoch habe man einige Herausforderung meistern müssen, um das Produkt auf den Markt zu bringen. «Jede Gülle ist anders», so Hollenstein. Doch das Produkt müsse trotz der unterschiedlichen Anforderungen bei jedem Kunden gleich funktionieren. Im Entwicklungsprozess habe man verschiedene Ansätze wieder verwerfen müssen. «Wir haben nach der Devise gelebt: Etwas Einfaches zu entwickeln, ist komplizierter, als etwas Kompliziertes zu entwickeln.»
Viel investiert
Der Andrang der letzten Wochen und Monate sei sehr gross gewesen, so Hollenstein. «Den Grossteil der Bestellungen erhielten wir aus der Schweiz. Der Exportanteil lag Ende 2023 dennoch bei rund 45 Prozent.» Die Herausforderung sei jetzt, die hohen Bestelleingänge abzuarbeiten. «Wir haben eine stressige Zeit hinter uns, und auch die nächsten Wochen und Monate werden zum Glück nicht ruhiger.»
Die Produktion habe man stark erhöht, zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, den Maschinenpark aufgestockt. So sei ein hohes Investitionsvolumen zusammengekommen. Angst, dass die Nachfrage nachlässt, hat Hollenstein aber nicht – aus gutem Grund. «Wenn der Schweizer Markt gesättigt sein sollte, können wir den Export-Markt weiter ausbauen», sagt er. Denn auch in anderen Ländern sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Schleppschlauch-Pflicht beschlossen wird.
Zudem müsse ein Unternehmer auch risikofreudig sein, und sein Optimismus helfe ihm dabei, dennoch ruhig schlafen zu können. «Wir sind nach wie vor von unserem System überzeugt, weil es nicht mit der Konkurrenz vergleichbar ist.»
Preislich gleich geblieben
Preislich dürfe man natürlich keine «Äpfel mit Birnen» vergleichen. Sein System sei kein herkömmliches Schleppschlauchsystem. Mit anderen «Schuhsystemen» könne man preislich aber absolut mithalten.
Derzeit muss man mit einer Lieferfrist von etwa sieben bis zehn Monaten rechnen, je nach Modell. Das tönt erst einmal nach viel, doch eine gewisse Lieferfrist gibt dem Unternehmen auch Sicherheit. «Würde sie nur bei zwei, drei Wochen liegen, könnten wir nicht mehr angemessen auf den Markt reagieren», so Hollenstein. Bis Ende Jahr ist das Unternehmen ausgelastet.
Die Kunden würden mehrheitlich verständnisvoll reagieren, und mit einer gewissen Lieferzeit rechnen. Auf den Preis hat die erhöhte Nachfrage bei Hollenstein aber keinen Einfluss, wie er bestätigt. Seit Juli 2022 sind die Preise stabil geblieben, trotz den steigenden Rohstoffpreisen und dem starken Franken im Exportbereich.
(Bilder: PD)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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