Der Artist, Clown und Zauberer Sasso gelangte in den 40er- bis 60er-Jahren nationale Berühmtheit. Um sein Leben zu würdigen, mussten seine (Ostschweizer) Enkel einige Hürden überwinden, wie Beny Ruhstaller stellvertretend erklärt.
Sie wollen nicht, dass Ihr Grossvater Sasso in Vergessenheit gerät und haben seine Lebensgeschichte rekonstruiert. Er starb, als Sie neun Jahre alt waren. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?
Natürlich eine kindliche, idealistische Erinnerung. Ich weiss noch, dass ich sogar etwas stolz war, meinen Grossvater als Clown auf der Bühne des Zürcher Bernhard Theaters an einem Kindernachmittag in der ersten Reihe zu bewundern. Erst später hat mir meine Mutter dann gesagt, dass er eine lustige, aber auch traurige Seite hatte. Das alles habe ich natürlich erst viel später einordnen können.
Sie wollten mehr über sein Leben erfahren – insbesondere auch dann, als Ihre Mutter starb. Die Recherche gestaltete sich als sehr aufwendig. Worin bestand die grösste Herausforderung, die Erinnerungsstücke zusammenzutragen?
Nach dem Ableben meiner Mutter war es zuerst nur eine praktische Frage. Der Nachlass unserer Mutter musste organisiert werden, bevor die Frage aufkam, wer die vorhandenen «alten» Utensilien des Grossvaters, die meine Mutter Jahrzehnte im Keller lose gehütet hatte, an sich nimmt. Mit meinen zwei Geschwistern beschlossen wir, dass ich als «ältester» Enkel die Sachen übernehme. Die vorhandenen Stücke habe ich in einer Ecke meines Hauses aufgebahrt, wo auch die Urenkel erstmals davon Kenntnis nehmen konnten.
Ihr Grossvater war nicht nur ein Clown, sondern auch ein Artist und ein Künstler. Was hat Sie am meisten überrascht oder geprägt, was Sie im Laufe Ihrer Recherchen herausgefunden haben?
In Interviews mit vier Zeitzeugen und meinen bescheidenen Recherchen kamen zwar neue Informationen zusammen, und ich hatte immerhin eine Anordnung von Einzelinformationen und einzelnen Requisiten. Der Durchbruch zu einem umfassenden Bild des Künstlers kam jedoch erst mit dem Einbezug und der Beauftragung der befreundeten Historikerin Dr. Monika Burri. Sie wusste genau, wie und welche Archive durchzuarbeiten waren. Monika Burri fuhr sogar an den Geburtsort von SASSO – alias Otto Lutz.
Seine Vielfältigkeit ist es denn auch, was Sasso ausgezeichnet hat. Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie an Ihren Grossvater denken?
Die Vielseitigkeit konnte ich aufgrund der vorhandenen Unterlagen zwar erahnen. Ich wusste aber nicht, dass er so viele Auftritte hatte und viel bekannter war, als ich ursprünglich angenommen habe. Auch von den TV-Auftritten wussten wir nichts. Seine Karriere spielte sich schliesslich vor dem Internet- und Natel-Zeitalter ab. Er konnte nicht Autofahren und musste somit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit seinen zwei Koffern – die übrigens noch vorhanden sind – und all seinen Requisiten, Zaubertricks und Musikinstrumenten von Auftritt zu Auftritt tingeln. Meine Mutter sprach nicht von Auftritten, sondern meinte stets, Grossvater habe ein «Engagement».
Gibt es etwas, worin Sie sich ähnlich sind?
Ich denke, seine Nachkommen haben vermutlich die Kommunikationsfähigkeiten geerbt und keine Angst, vor (vielen) Leuten zu sprechen oder sich zu präsentieren – auf die «richtige» Bühne hat es aber niemand geschafft.
Und im Gegensatz, worin Sie sich deutlich unterscheiden?
Natürlich bin ich in einer ganz anderen Zeit aufgewachsen. Daher ist der Vergleich schwierig. Ich denke eher, dass das Bodenständige und der Kampfgeist uns bis heute sicher geprägt haben.
Von Filmaufnahmen bis hin zu Tonbändern haben Sie viele Erinnerungsstücke zusammentragen können. Welche Rückmeldungen gingen bei Ihnen ein?
Wir haben nun gleichzeitig die Medien, Künstlerorganisationen und Kulturschaffende bedient, welche die Information zu SASSO in ihren jeweiligen Foren geteilt haben. Da sind beispielsweise aus Luzern und Bern Reaktionen von rund Neunzigjährigen eingetroffen, die SASSO noch kannten oder sein Wirken verfolgt haben. Oder uns wurden neue Erinnerungsstücke zugesandt, beispielsweise eine Autogrammkarte von SASSO. Jemand wollte die Noten des Stückes «Allein und Verlassen» haben, und versuchen, diese zu spielen. Das Stück schrieb SASSO zu Ehren seiner Frau Bertha, meiner Grossmutter.
Was passiert mit all den Erinnerungsstücken?
Wir werden die Reaktionen sicher auswerten und alles verdanken, die Webseite, wenn möglich, ergänzen und damit das Bild und Wirken von SASSO weiter vervollständigen. Bis jetzt sind alle Unterlagen und Einzelstücke bei mir zu Hause und nicht öffentlich zugänglich. Freuen würde mich, wenn SASSO im Zuge anderer Clowns seiner Zeit seine Stellung erhält. Natürlich würden wir die Unterlagen für eine Ausstellung oder Präsentation zur Verfügung stellen.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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