Bei den Nationalratswahlen 2019 erlebten die Freisinnigen im Thurgau eine bittere Niederlage. Nationalrat Hansjörg Brunner wurde abgewählt. Der Sitz ging an die Grünen und zwar an Kurt Egger. Nun tritt der FDP-Politiker erneut an. Im Interview erklärt er seine Gründe.
Hansjörg Brunner, 2019 wurden Sie nicht wiedergewählt. Wie schmerzlich war diese Niederlage für Sie?
Natürlich war die Niederlage bitter für mich und für meine Partei. Ich spürte eine grosse Leere, als dass, was sich schon nach den ersten Hochrechnungen abzeichnete, dann bittere Tatsache war. Am Wahlwochenende 2019 ist unsere ganz Partei unter die Räder gekommen. Es war keine persönliche Niederlage von mir. Schliesslich hatte ich fast 13'000 Stimmen erhalten, mehr als jeder andere FDP-Kandidat in den letzten 20 Jahren zuvor, und 5000 mehr als Kurt Egger, der mich beerbt hat. Meine Abwahl war kein Misstrauensvotum der Stimmbürgerschaft, vielmehr hat sie meinen Einsatz für unseren Kanton im Nationalrat goutiert. Diese Tatsache und dass mir von breiten Kreisen assistiert worden ist, in Bern gute Arbeit geleistet und einen engagierten Wahlkampf geführt zu haben, liess mich schon bald wieder positiv vorausschauen.
Wann fassten Sie für sich persönlich den Entschluss, 2023 nochmals einen Anlauf zu nehmen?
Nach dem Wahlwochenende musste ich mich zuerst einmal um meine Firma kümmern. Das tat mir gut und machte meinen Kopf wieder frei. Schnell spürte ich, dass mir die intensive politische Auseinandersetzung fehlt. Von diesem Zeitpunkt an verfolgte ich wieder intensiv, was in Bundesbern geschieht und was unsere Vertreterinnen und Vertreter für den Thurgau bewerkstelligen. Und ich war mit dem, was geschah beziehungsweise erreicht wurde, öfters nicht zufrieden. So reifte in mir bald wieder der Entschluss nochmals anzutreten, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ich bin schliesslich ein Kämpfer und Beharrlichkeit gehört zu meinen Stärken.
Was sind die wesentlichen Gründe? Hofft man bei der FDP, mit einem bekannten Namen den Sitz wieder zu ergattern?
Es gibt in Bern noch so viel für den Kanton Thurgau und seine Bevölkerung herauszuholen. Ich war auf gutem Weg und würde diesen sehr gerne weitergehen. Die Chance unsere Wahlscharte von 2019 auszumerzen, ist mit bekannten Namen auf der Liste natürlich grösser, aber es wird auch eine kluge Listenverbindung brauchen.
Was macht Sie hoffnungsvoll?
Ich bin grundsätzlich ein Optimist. Die Vorzeichen sind heute völlig anders als vor den Wahlen 2019. Andere Themen beherrschen die Schlagzeigen. Schöne Worte und gute Absichten nützen angesichts der vielen Probleme und Schwierigkeiten, die uns gegenwärtig extrem zu schaffen machen, überhaupt nichts. Es braucht konkrete Konzepte und Taten, wie wir die Krise bewältigen können. Es ist jetzt nicht die Zeit für schöne Wahlsprüche- und Wahlversprechen. Jetzt ist die Zeit zum Handeln und zum Anpacken. Das ich das kann, habe ich schon oft unter Beweis gestellt.
Wäre im Falle einer Niederlage das Kapitel Bundesbern für Sie definitiv abgeschlossen?
Selbstverständlich ist mir bewusst, dass ich keinen einfachen Weg beschreite. Aber ich sehe das mit den Augen eines Sportlers. Wer sich schon vor Beginn eines Wettkampfs mit einer allfälligen Niederlage beschäftigt, wird kaum als Sieger durchs Ziel laufen. Politik gehört zu meinem Leben. Und ich bin jetzt im besten Alter, hoch motiviert und voller Energie. Wie die Zukunft ausschauen wird, weiss niemand.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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