Für Spannung ist an der Innerrhoder Landsgemeinde vom 29. April vor allem dank einer Wahl gesorgt. Wer wird neuer Säckelmeister?
Die Innerrhoder Landsgemeinde vom Sonntag verspricht viel Spannung. Nicht nur der Ausgang der Abstimmung über den Neubau des Spitals als Ambulantes Versorgungszentrum Plus (AVZ+) ist ungewiss. Ebenso spannend dürfte die Wahl des Säckelmeisters verlaufen.
Obwohl es lange nicht danach aussah, kommt kurz vor der Landsgemeinde viel Spannung in den Wahlkampf. Dies hängt nicht zuletzt mit einigen Eigenheiten einer Landsgemeinde zusammen.
1. Nominiert wird durch Rufen aus dem Ring
Erste Eigenheit: Die politischen Gruppierungen portieren zwar im Vorfeld ihre Kandidaten. Doch nominiert wird effektiv erst im Ring, wenn von den Stimmberechtigten die Namen der Kandidaten zur Abstimmung vorgeschlagen werden. Hier können sogar noch neue Kandidaten auftauchen.
2. Interessenverbände sind gewichtiger als Parteien
Sobald ein Rücktritt bekannt wird, machen sich die politischen Gruppierungen auf die Suche nach möglichen Kandidatinnen und Kandidaten. Das sind der Kantonale Gewerbeverband, die Arbeitnehmervereinigung und der Bauernverband. Erst in jüngerer Zeit entstand auch in Innerrhoden eine Parteienlandschaft, welche derzeit (noch) nicht das politische Gewicht der Interessenverbände aufzuwiegen vermag.
3. Der richtige Zeitpunkt
Eine alte Erfahrung besagt, dass Kandidaten, die als erste vorgeschlagen werden, von der Landsgemeinde eher nicht gewählt werden. Also bemühen sich potenzielle Kandidaten, ihre Ambitionen möglichst spät bekannt zu geben.
So wird man Kandidat
Die Gruppierungen klären in ihren Reihen das Interesse an einer Kandidatur ab. Das braucht Zeit, weil die Betroffenen berufliche und familiäre Machbarkeiten klären müssen. Wenn die Kandidaten dann zugesagt haben, werden sie auf die Ochsentour durch alle Verbandsversammlungen geschickt, welche ihren Kandidaten rund drei Wochen vor der Landsgemeinde bestimmen.
Heuer ist vieles ein bisschen anders
Das Innerrhoder Wahlkarussell wurde durch die Ausserrhoder Appenzeller Zeitung angestossen, welche schon früh in einer Art medialem Hüftschuss eine Reihe von potenziellen Namen in die Luft warf, allerdings rein aus Optik des Redaktors und ohne vorher mit den Personen gesprochen zu haben. Es folgte, was folgen musste: Die vermuteten «Favoriten» sagten alle ab.
Als in dieser Situation dann der Kantonale Gewerbeverband seinen Kandidaten Ruedi Eberle portierte, erhielt dieser infolge des medialen Querschlägers das Etikett als «zweite Wahl». Dies trotz Leistungsausweis mit 15-jähriger Politerfahrung. So war es wenig überraschend, dass mit dem weniger bekannten Matthias Rhiner aus Oberegg ein zweiter Kandidat seine Chance witterte. Auch er mit politischer Erfahrung als Bezirks-, Schul- und Grossrat, wenn auch weniger lange und ausgeprägt als der von den meisten Gruppierungen favorisierte Eberle.
Als kurzfristig auch Bezirkshauptmann Reto Inauen – trotz vorher mehrmaligen Zu- und Absagen – doch noch seine Kandidatur bekanntgab, wurde der Wahlausgang restlos unsicher. So wird denn auch gemunkelt, dass seine Kandidatur als einziger CVP-Vertreter parteipolitisch «gestossen» sein könnte. Als Kandidat muss er zwar ohne Unterstützung von Verbänden und Parteien auskommen, weil seine Erklärung erst nach den Nominationsversammlungen erfolgte. Da die Landsgemeinde sich in unsicheren Situationen auch schon für das Unbekannte entschied, könnten sowohl Inauen als auch der im Inneren Landesteil weitgehend unbekannte Rhiner profitieren und den ursprünglichen Alleinkandidaten und Favoriten Ruedi Eberle in die Wüste schicken.
Emil Koller (*1959) ist Gründer der Werbeagentur koller.team in Appenzell. Er ist zudem ehemaliger Bezirkshauptmann und Grossratspräsident und hat früher den Kantonalen Gewerbeverband geführt.
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