Eine, die vor 20 Jahren ihr HSG-Studium abgeschlossen hat, ist Michèle Mégroz. Heute ist sie Geschäftsleiterin der St.Galler Beratungsfirma CSP. Sie erinnert sich an ihre Studienzeit und äussert sich dazu, wie gut sie das Studium auf die Arbeitswelt vorbereitet hat.
Frau Mégroz, vor 20 Jahren haben Sie Ihr Studium an der HSG abgeschlossen. Woran denken Sie besonders gerne zurück?
Es war eine coole Zeit. Ich habe viel Leute getroffen und unzählige Freundschaften geschlossen, die zum Teil bis heut anhalten. Die Diskussionen untereinander fand ich sehr bereichernd. Ich habe Volkswirtschaftslehre (VWL) studiert. Auch damals gab es international in der Wirtschaft grosse Veränderungen. Das war eine ideale Voraussetzung, die gelehrten Theorien gleich in der Praxis zu überprüfen.
Gab es auch etwas, das Ihnen während des Studiums missfallen hat?
Ich empfand gewisse Präsenzpflichten als unnötig. Wenn jemand ein Thema nicht interessiert, dann liegt es doch in seiner Eigenverantwortung, wie er oder sie sich den Stoff aneignen möchte. Da hätte ich mir mehr Freiheit für die Studierenden gewünscht. Und über etwas ärgerte ich mich auch noch: Ich wollte damals ein Restaurant eröffnen, was aber nicht geklappt hat. Für eine Reimmatrikulation war ich aber leicht zu spät dran. Da liess niemand mit sich reden und ich musste zwangsläufig ein Jahr pausieren. Das empfand ich als sehr bürokratisch. Obwohl das Zwischenjahr schlussendlich natürlich sehr bereichernd und auch eine gute Gelegenheit für ausgedehntere Reisen war.
Die HSG wird heuer 125 Jahre alt und gehört neben der ETH zu den renommiertesten Unis der Schweiz. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
Man arbeitet bereits während des Studiums mit Firmen zusammen, was interessante Kontakte mit sich bringt und vor allem sofort einen Praxisbezug herstellt. Zudem hat die HSG eine gute Grösse. So gross, dass man sich untereinander noch kennt, und doch gross genug, dass der Austausch stets lehrreich und interessant bleibt. Zudem ist die HSG auch bei ausländischen Studierenden beliebt, was das Studentenleben ebenfalls bereichert und auch zu guten und ambitionierten Mitstudenten führt.
Der Ruf von HSG-Studenten und -Absolventinnen ist nicht nur gut. Über welche Klischees ärgern Sie sich am meisten?
Dass alle versnobt seien, einen Porsche fahren würden und viel Geld zur Verfügung hätten (lacht). Klar, solche Studenten gibt’s tatsächlich an der HSG; für den Grossteil trifft das aber nicht zu.
Und welche Klischees sind tatsächlich wahr, wenn allenfalls auch mit einem Augenzwinkern?
Manche Absolventen haben– wie soll ich sagen? – ein etwas überhöhtes Selbstbewusstsein. Die muss man dann etwas auf den Boden der Realität zurückholen. Ich weiss nicht, ob ich selbst auch so war… (lacht).
Angenommen, Sie müssten sich noch einmal für ein Studium entscheiden. Würden Sie wieder die HSG wählen?
Wenn ich wieder VWL studieren würde, dann auf jeden Fall. Auch die an der HSG neu geschaffene Richtung Computer-Sciences würde mich sehr interessieren. Aber vielleicht würde ich mich auch für ein naturwissenschaftliches Studium entscheiden…. Biologie, oder Mathematik. Dann würde die HSG natürlich nicht passen.
Studien ganz allgemein gelten als etwas «verkopft». Wie gut hat Sie Ihr Studium auf Ihre jetzige Funktion als Vorsitzende der Geschäftsleitung der CSP AG vorbereitet?
Aus meiner Sicht ist es nicht von Bedeutung, welches Studium man macht. Egal, was man studiert, im Studium lernt man analytisch zu denken, lernt, wie man strukturiert an Themen herangeht. Dies ist eine wichtige Kompetenz. Wer aber während des Studiums nicht arbeitet, sondern nur studiert, ist für die Arbeitswelt nicht genügend vorbereitet. Denn die absoluten Basics der täglichen Zusammenarbeit lernt man nicht im Studium. Die vielen vermittelten betriebswirtschaftliche Themen nutzen einem aber in der Unternehmensführung und es ist natürlich von Vorteil, wenn man sich diese nicht erst später aneignen muss. Auch bin ich zum Beispiel immer wieder überrascht, wie viele Personen Statistiken nicht lesen können. Auch dies lernt man in einem Studium und erachte ich als wichtig. Insofern schafft ein Studium sicher eine sehr gute Basis für das spätere Arbeitsleben. Allerdings sind auch zahlreiche andere Wege dahin möglich und viel Praxisrelevantes lernt man erst im Job. Zum Glück, denn ohne Lernen und Weiterentwicklung wäre es ja auch nicht mehr spannend.
Als Alumna sind sie weiterhin mit Ihrer alma mater und den ehemaligen Gspändli verbunden. Ist so ein Studium an der HSG lebensprägend?
Sofern ein solches Studium physisch stattfinden kann, wahrscheinlich schon. Man befindet sich während des Studiums auch in einer interessanten Lebensphase, in der man viele Grundlagen für die spätere Entwicklung schafft und darüber hinaus sehr viele Freiheiten hat. -Auch stehe ich noch immer mit ehemaligen Studienkollegen und -kolleginnen in Kontakt. Wir treffen uns auch ab und zu zum Essen oder Austausch. Als ehemalige Alumni-Präsidentin vom Chapter St.Gallen habe ich zudem diverse Events mitorganisiert. Das war für die Netzwerkpflege ebenfalls förderlich und hat es mir auch ermöglicht, noch etwas näher an der HSG dranzubleiben.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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