Nadia Damaso hat geschafft, was viele zwanghaft versuchen: Sie wurde mit ihren eigenen Kochrezepten und den selber dazu erstellten Fotos praktisch über Nacht zum Szenen-Star. Wie hat die heute 24-jährige Bündnerin das alles verdaut? Und vergeht ihr manchmal auch die Lust, im Rampenlicht zu stehen?
Nadia Damaso, Sie haben Ihr erstes Buch mit 19 Jahren erstellt, es von A bis Z selber konzipiert und gestaltet. Was gab Ihrer Meinung nach den Ausschlag, dass es praktisch über Nacht zum Besteller in der Schweiz wurde?
Was ich so von den Leuten hörte ist, dass das Buch etwas Neues bietet, frisch, voller Farbe, Emotionen und Freude ist. Die Zutaten der Rezepte, die ich bis heute brauche, waren im Jahr 2015 noch eher unbekannt, wie zum Beispiel Chiasamen, Quinoa, Mandelmilch und ähnliches. Es gab diese Zutaten noch nicht einmal im Coop. Mittlerweile ist da eine riesige Entwicklung passiert, und man findet die Zutaten überall. Ich habe so viel Leidenschaft und Liebe da reingesteckt – ohne gross zu überlegen, was andere denken oder was richtig oder falsch sein könnte, sondern einfach zu 100 Prozent Nadia reingegeben. Das führt letztlich zu Authentizität und kommt bei den Menschen gut an.
Wie fühlte sich das an, plötzlich das neue, frische Gesicht in der Kochszene zu sein?
Es kam natürlich alles sehr plötzlich und hat mich selbst wohl am meisten überrascht. Wenn ich jetzt zurückdenke, dann merke ich erst, wie jung man mit 19 Jahren eigentlich ist. Das mag sicherlich auch ein Grund gewesen sein, warum das erste Buch so eingeschlagen hat – dieses «Mit 19 Jahren einfach ein Kochbuch schreiben». Ich bin ein Mensch, der nicht so viel überlegt, der mehr mit dem Herzen denkt als mit dem Kopf, einfach in den Moment hineinlebt und die Dinge, die passieren, mit viel Vertrauen und einem offenen Herz annimmt. Erfolg hat für mich nichts mit Zahlen, Geld und Status zu tun, und daran messe ich mich auch nicht. Erfolg hat für mich damit zu tun, die Menschen emotional erreichen zu können.
Wie lange dauerte es, bis sich die ersten Unternehmen mit Werbeverträgen an Sie wendeten?
Das kam relativ rasch, nachdem mein erstes Buch in kürzester Zeit auf Platz 1 der Bestsellerliste kam. Also etwa einen Monat, nachdem mein Buch erschienen ist.
Nicht lange dauerte es auch, bis das zweite Buch veröffentlicht wurde. Gingen Sie an die Erstellung des zweiten Werks anders heran? Spürten Sie Druck?
Klar hatte ich mehr im Kopf als beim ersten Buch. Dieses habe ich so frisch und frei von der Leber kreiert, ohne gross nachzudenken. Beim zweiten Buch hatte ich schon gewisse Dinge im Kopf, die Leute beim ersten Buch etwas bemängelt hatten. Ich habe aber dann schnell gemerkt, dass ich mich nicht verbiegen lassen darf, da es sonst nicht mehr «Nadia» ist. Und natürlich hatte ich auch etwas den Druck, mit meinem zweiten Buch zu zeigen, dass ich nicht einfach nur ein «One Hit Wonder» bin.
Hat man mitunter Bedenken, dass das Interesse an der eigenen Person oder an den eigenen Werken irgendwann wieder schwinden könnte?
Bei mir geht es immer um Qualität über Quantität. Wenn man sich selbst treu bleibt und das, was man tut, ehrlich, authentisch und mit einer guten Absicht macht, dann wird man immer Menschen anziehen. Vielleicht nicht so viele, aber das kommt auch nicht darauf an. Das Allerwichtigste für mich ist es, dass ich das Interesse an mir beziehungsweise das Interesse, meine Kreativität auszuleben, nie verliere. Doch darüber mache ich mir eigentlich keine Sorgen. (lacht)
Sie sind inzwischen ja längst zur eigenen Marke mit der eigenen Firma geworden. Entsprechend gibt es auch eigene Küchenmaschinen und Küchenmesser von Nadia Damaso. Wie gross ist die Nachfrage?
Die Nachfrage ist super. Mal kommt ein Schwall von Interessenten herein, mal etwas weniger. Meine Produkte sind ja auch nicht unbedingt billig, also man geht nicht einfach in den Supermarkt und kauft sich schnell so ein Messer oder eine Maschine für mehrere hundert Franken oder noch mehr.
Wenn Sie auf die fünf vergangenen Jahre zurückblicken: Was hat sich in Ihrem Leben seither am meisten verändert?
Ich selbst. Wenn ich so zurückfühle, habe ich mich als Mensch schon ziemlich verändert. Innerlich bin ich durch eine riesige Veränderung gegangen, ich bin ruhiger geworden, gelassener. Mit 19 war ich auf Vollstrom, 100’000 und die ganze Zeit nur auf «go go go!». Ich mache immer noch sehr viel, doch nehme mir auch viel mehr Zeit für mich selbst. Die Balance zwischen Körper, Geist und Seele habe ich zwar schon vor einigen Jahren angesprochen, doch nun lebe ich das mehr. Und was ich festgestellt habe: Auf dem Markt gibt es inzwischen sehr viele Rezepte von meiner Art. Es kommt mir so vor, als ob jeder Zweite ein Kochbuch schreibt…
Gab oder gibt es Momente, in denen Sie sich wünschen, gewisse Bereiche hätten sich anders entwickelt?
Ich habe volles Vertrauen, dass alles, was passiert, genau seinen Grund hat und so sein muss, wie es ist. Letztlich gibt es nur das Jetzt.
Wie gehen Sie damit um, plötzlich eine öffentliche Person zu sein?
Auf eine Weise, dass ich mich nicht als öffentliche Person sehe. Wenn mir jemand sagt, ich sei bekannt oder ein Promi, dann kommt mir das extrem komisch vor. Ich sehe mich nicht als das. Die ganze «Glitz&Glam-Welt» ist nicht so meines. Da ist so vieles gekünstelt, und ich kann es nicht leiden, wenn man gewisse Menschen wegen eines Status' besser oder freundlicher behandelt.
Wann erscheint das nächste Buch? Und was wird es beinhalten?
Nun, ich habe ja erst vor einigen Monaten mein drittes Kochbuch herausgegeben. Das ist gefüllt mit über 180 einfachen, gesunden, frischen, nahrhaften Rezepten für jeden Tag. Unter anderem gehe ich darin auch sehr stark auf die angesprochene Balance zwischen Körper, Geist und Seele ein. Ich merke, je älter ich werde, desto ganzheitlicher wird mein Tun. Doch nun verspüre ich den Drang nach Veränderung, danach, meine Kreativität auf eine andere Art und Weise auszudrücken. Ich habe meine Kochbuch-Trilogie geschrieben, und es war ein schönes Kapitel meines Lebens, ich durfte viel lernen und habe viel erlebt. Es fühlt sich aber irgendwie so an, als würde sich ein Kreis schliessen. Ich sage nicht, dass es gar nicht mehr um Kochen geht, doch es kommen auch einige Dinge, die man so von mir noch nicht kennt. Mehr dazu sage ich nicht. (lacht)
Könnte es sein, dass irgendwann das erste «Nadia Damaso»-Restaurant Eröffnung feiert?
Das wird man genau dann erfahren, wenn es einmal soweit kommen sollte. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass es nicht einfach ein Ort sein würde, an dem man sich einfach sättigen kann. Es würde ein richtiger Erlebnisort für alle Sinne werden. Wir werden sehen. Aber ich kann garantieren, dass noch einiges kommt und es einfach «Nadia» sein wird.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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