Das «Null Stern Hotel» der Riklin-Brüder könnte in neuer Form ins Toggenburg kommen. Erste Schritte sind bereits eingeleitet. Und aus dem Appenzellerland kommen ermutigende Worte.
Die Idee des «Null Stern Hotel», einem Kunstprojekt, das touristische Folgen hatte, könnte im Toggenburg in neuer Form zum Leben erweckt werden. Dieses Angebot haben die Schöpfer des Werks, die Künstler Frank und Patrik Riklin, der jüngst ziemlich gebeutelten Tourismusregion gemacht.
Und das Angebot fällt auf fruchtbaren Boden. Bereits haben die Verantwortlichen von Toggenburg Tourismus reagiert. Noch im Mai wird ein erstes Treffen mit den Riklin-Brüdern stattfinden. Was daraus wird, bleibt noch offen, die ersten Schritte sind aber gemacht. Nach Meinung der Kollegen von der «Ostschweiz am Sonntag» war die Idee des «Null Stern Hotel» das Ergebnis eines «Feierabendbiers». Man sieht, für was Bier alles gut sein kann.
Nicht nachhaltig?
Doch zurück ins Toggenburg. Auch wenn nun der Kontakt hergestellt ist, fielen dort nicht alle Reaktionen euphorisch aus. Grösstes Fragezeichen: Die Nachhaltigkeit. So ist Urs Gantenbein, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bergbahnen Wildhaus AG, skeptisch, dass das «Null Stern Hotel» im Toggenburg mehr sein könne als eine Marketingaktion. Man wolle eine «Wertschöpfung über Jahre» erzeugen und nicht einfach einen einmaligen PR-Effekt auslösen.
Wie sieht man das im Appenzellerland, wo das «Null Stern Hotel» 2017 eine Saison lang auf der Alp Göbsi stationiert war? Auf die Frage, ob er die Partnerschaft wieder eingehen würde, sagt Urs Berger, Geschäftsführer von Appenzellerland Tourismus AR: «Ohne zu zögern: Ja klar!» Man könne über die Nachhaltigkeit von verschiedensten Arten von Tourismuswerbung durchaus streiten. «Aber wir haben es geschätzt, das Appenzellerland international mit diesem Kunstprojekt bekannt zu machen.» Noch heute sei man in Kontakt mit verschiedensten Gästen, die sich für das Projekt und somit fürs Appenzellerland interessierten. Berger: «Man muss auch mal etwas Spezielles wagen, wenn man im grossen Tourismusmarkt als kleine Region wie das Appenzellerland nicht untergehen will.»
Projekt als Motivator
Was aber ist wirklich geblieben? Zunächst einmal ist wohl wirklich vor allem Werbewirkung entstanden. Berger erklärt, man habe dank dem «Null Stern Hotel» über den Tourismus in Ausserrhoden und über die verschiedenen Übernachtungsformen gesprochen. Gleichzeitig habe das Projekt aber auch andere Gastgeber motiviert, etwas zu wagen.
Ein Beispiel dafür ist Köbi Dietrich. Der Landwirt ist eine Art «Hausherr» auf der Alp Göbsi, und letztes Jahr amtete er als oberster Gastgeber - sozusagen Butler - im «Null Stern Hotel». Zusammen mit anderen Freiwilligen hiess er die Gäste willkommen und umsorgte sie. Und er bekam Lust, diese Rolle weiterzuspielen. Einige Monate nach dem Abenteuer war es noch ruhig, dann liess ihm das Ganze keine Ruhe. Kurzerhand richtete er auf seinem «Dietrich Hof» ein Gästezimmer ein, schaffte sich einen Hotpot an und begrüsst nun Gäste auf seinem Hof. Ein direkter Zusammenhang zum einstigen «Null Stern Hotel» besteht nicht, was die Unterbringung angeht, aber ohne die Aktion wäre das neue Angebot nie entstanden.
Interne Auswirkungen
Laut Urs Berger wurde «ein weiteres innovatives Übernachtungsprojekt» durch das «Null Stern Hotel» beschleunigt, man werde bald darüber informieren können. «Auch intern war es für unsere Unternehmung ein spannendes Projekt», fügt Urs Berger an. «Meine Mitarbeiterinnen mussten Prozesse mit den Gästen machen, die normalerweise unsere Partner - zum Beispiel Hotels - selbst erledigen. Das war für mein Team ein sehr gutes Learning und hilft, das Handeln unserer Partner noch besser zu verstehen.»
Mit anderen Worten: Das «Null Stern Hotel» hat drei Monate lang für eine «volle Alp» gesorgt und darüber hinaus weitere Prozesse in Bewegung gesetzt. Ob das Toggenburg diesen Effekt ebenfalls in Gang setzen will, ist offen. Mit Sicherheit würde es schlecht ankommen, wenn man einerseits auf die Gelegenheit verzichtet und andererseits später beklagt, dass irgendwie nichts geht im regionalen Tourismus.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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