Der Ausserrhoder SVP-Nationalrat David Zuberbühler will die Fragestunde dazu nutzen, dem Bundesrat Fragen zur beabsichtigten Impfung zu stellen. Dabei geht es vor allem um mögliche Komplikationen durch Nebenwirkungen und die Haftungsfrage. Zuberbühler im Gespräch.
Es geht los mit den Impfungen, Grossbritannien spielt den Vorreiter, andere Staaten sind in den letzten Vorbereitungen der Zulassungsarbeiten. David Zuberbühler, Nationalrat SVP AR, will den Bundesrat diesbezüglich in der Fragestunde konfrontieren. Er sei absolut kein Impfgegner, stellt der Herisauer fest. Ihm gehe es darum, dass die Schweiz Anfang 2021 Impfstoffe einführen wolle, die in Rekordzeit entwickelt wurden. «Eine Folge davon ist, dass mögliche mittel- und langfristige Nebenwirkungen noch nicht eingehend erforscht werden konnten», so Zuberbühler. Vom Bundesrat will er wissen, ob die Impfstoffhersteller im Fall von Komplikationen haften und welche Regelung in den Lieferverträgen zwischen der Schweiz und Pharmakonzernen festgehalten wurde.
David Zuberbühler, aus Ihren Fragenist ein gewisses Misstrauen herauszulesen. Wie stehen Sie zur angekündigten Impfung, wie beurteilen Sie das, was man bisher weiss – als Politiker und als Privatperson?
Normalerweise ist es ein langwieriger und aufwendiger Prozess, einen wirksamen und sicheren Impfstoff gegen ein neues Virus herzustellen. Im Schnitt kann man von der Erforschung bis zur Zulassung mit einem Zeitraum von zirka zehn bis zwölf Jahren rechnen. In der Schweiz soll nun bereits im Januar damit begonnen werden, die Bevölkerung gegen das Corona-Virus zu impfen. Dies macht insofern Bauchweh, als dass mögliche mittel- und langfristige Nebenwirkungen noch nicht näher erforscht werden konnten. Zugleich sieht das Epidemiengesetz in Artikel 22 die Möglichkeit vor, dass die Kantone Impfungen für gefährdete Bevölkerungsgruppen, von besonders exponierten Personen und von Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, für obligatorisch erklären können. Ein Impfobligatorium für Pflegeleute ist folglich möglich. Ein physischer Zwang zur Impfung wäre zwar nicht zulässig, trotzdem wären grosse Diskussionen vorprogrammiert. Wer seine Stelle nicht verlieren möchte, müsste sich wohl oder übel impfen lassen. Man spricht dann von einem indirekten Impfzwang. Und selbstverständlich bereitet mir der Gedanke daran auch Bauchweh.
Sie fragen nach einer möglichen Haftung. Bereits ist bekannt, dass die Hersteller eine solche gern umgehen wollen. Ihr Vorstoss deutet darauf hin, dass Sie das verhindern wollen?
Es liegt in der Sache der Natur, dass Pharmaunternehmen ein Interesse daran haben, die eigene Haftung auszuschliessen und sie stattdessen auf den Staat, der Impfdosen bestellt hat, abzuwälzen. Das heisst: Kommt es zu Impfschäden, steht dafür nicht die Pharmafirma, sondern der Staat und damit die Bürgerinnen und Bürger, die diesen Staat finanzieren, gerade. Bei einem nicht ausreichend erprobten Impfstoff kann es nicht sein, dass der Staat haftet. Das würde jeder Logik widersprechen. Vom Bundesrat möchte ich nun wissen, welche Regelung in den Lieferverträgen zwischen der Schweiz und möglichen Impfstofflieferanten festgehalten wurden. Es handelt sich hierbei um Fragen, die anlässlich der nächsten Fragestunde des Nationalrats beantwortet werden.
Impfungen zu hinterfragen dürfte im Parlament nicht einfach sein, man hört immer wieder von der starken Pharmalobby. Sind da kritische Fragen aussichtsreich?
Die Pharmaindustrie ist die wichtigste Exportbranche der Schweiz und trägt massgeblich zum Wohlstand des Landes bei. Gerade wegen dieser Bedeutung gilt der Einfluss der Pharma-Unternehmen auf die Politik als sehr gross. Wie in anderen Politikfeldern auch versucht in der Gesundheitspolitik die als sehr mächtig geltende Pharmalobby Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Ganz bestimmt hat sie ihre Macht auch im Zusammenhang mit dem Schweizer Epidemiengesetz, welches erst 2013 per Volksabstimmung angenommen wurde, ausgespielt. Die SVP fasste damals als einzige eidgenössische Partei die Nein-Parole. Die Volksabstimmung fiel dann aber trotzdem klar aus: 60 Prozent der Stimmbevölkerung sagten Ja zur Revision. Was zuerst als «kleine Revision» verkauft wurde, artete in Wirklichkeit in eine umfassende Ermächtigung des Bundes aus. Die schwammigen Formulierungen und die im Epidemiengesetz verankerten Massnahmen sind tiefe Einschnitte in die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger und gefährden zudem unseren gut funktionierenden Föderalismus. Kritische Fragen sind gerade vor diesem Hintergrund umso wichtiger.
Es ist anzunehmen, dass sich auch noch andere Parlamentarier der Frage der Impfung annehmen, aber es soll ja alles sehr schnell gehen, und Vorstösse brauchen ihre Zeit bis zur Behandlung. Macht es vor diesem Hintergrund überhaupt Sinn, aktiv zu werden?
Ein Vorstoss - beispielsweise eine Motion - muss bis zur nächsten Session vom Bundesrat beantwortet werden. Bis zur Behandlung im Rat können tatsächlich bis zu zwei oder mehr Jahre vergehen. Um möglichst rasch an Informationen zu gelangen, habe ich deshalb Fragen an den Bundesrat eingereicht, die innert Wochenfrist beantwortet werden müssen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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