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Banker-Saläre

Es ist völlig in Ordnung, wenn Sergio Ermotti 14 Millionen Franken Lohn erhält

Viele finden es ungerecht, dass der UBS-CEO ein derart hohes Salär bezieht. Und vergessen darob ganz: Es ist auch eine Entschädigung für den vergeblichen Effort all derjenigen, welche es nicht bis ganz nach oben schaffen.

Thomas Baumann am 03. Mai 2024

Es sei eine «Ohrfeige» für Sergio Ermotti und den UBS-Verwaltungsrat gewesen, dass nur 84 Prozent der anwesenden Aktionärsstimmen an der Generalversammlung der Bank den Vergütungsbericht für das Jahr 2023 genehmigten. So schrieben verschiedene Zeitungen. Stein des Anstosses: Das hohe Salär des CEO.

Was eine richtige «Ohrfeige» ist, könnte der ehemalige UBS-Mitarbeiter und Whistleblower Bradley Birkenfeld bezeugen. Dieser erhielt zwar dafür, die UBS verpfiffen zu haben, einst 104 Millionen Dollar von der amerikanischen Steuerbehörde — wurde in einem Strafprozess in derselben Sache aber auch noch zu 40 Monaten Gefängnis verurteilt, von denen er 30 Monate absitzen musste.

Am 14. Juli dieses Jahres werden die Gewinnern und der Gewinner des traditionsreichen Tennisturniers von Wimbledon je einen Check über 2,35 Millionen britische Pfund (oder noch etwas mehr, wenn das Turnier die Preissumme wie angekündigt erhöht) erhalten. Das sind umgerechnet fast 2,7 Millionen Franken.

Alles, was er oder sie dafür tun muss: Innerhalb von zwei Wochen sieben Tennismatches zu gewinnen. Auf ein Jahr umgerechnet entsprechen diese 2,7 Millionen fast 70 Millionen Franken. Daran stört sich niemand.

Zur Erinnerung: 1968 erhielt der Sieger bei den Männern noch 2000£ — und die Siegerin bei den Frauen 750£.

Nur die wenigstens können gewinnen

Dass der Verlierer des Finals gerade noch halb so viel wie der Sieger erhält, stört ebenfalls niemanden — obwohl er doch ebenfalls sieben Matches gespielt und damit gleichviel gearbeitet hat wie der Sieger. Vielleicht sogar noch mehr, denn oftmals geht derjenige, welcher in den vorgehenden Partien länger auf dem Platz stehen musste, als Verlierer vom Platz: Die Kräfte reichen im Finale nicht mehr.

Wer die Qualifikation absolvieren muss und es danach bis ins Achtelfinale schafft, hat ebenfalls sieben Partien absolviert, erhält dafür aber «nur» rund 200'000£. Das ist zehnmal weniger. Wenigstens auf's Jahr hochgerechnet immer noch fast halb so viel wie UBS-CEO Sergio Ermotti im letzten Jahr verdiente.

Solche Lohnunterschiede bei gleicher physischer Arbeitsleistung im Spitzentennis stören niemanden. Vielmehr werden sie als Honorierung herausragender Leistungen bewertet.

Tatsächlich begeht man einen Denkfehler, wenn man Personen wie Sergio Ermotti mit «normalen» Bankangestellten vergleicht. Zwar haben diese zumeist ebenfalls als einfache Bankangestellte begonnen — genauso wie Roger Federer einst als unscheinbarer Junior Bälle über's Netz schlug oder an den Swiss Indoors in Basel als einer von vielen Balljungen den verschlagenen Bällen der Stars nachsprintete.

Doch wie sich im Tennis die Spreu vom Weizen trennt und nur wenige von abertausenden Junioren zu Spitzenspielern heranreifen, so geht es auch im Berufsleben zu. Manche investieren mehr als andere, haben Talent und auch Glück, und erklimmen so Stufe um Stufe — bis sie eines Tages an den «Turnieren» der «Grossen» mitspielen, wo sich die Weltbesten messen: mit entsprechendem Prestige und entsprechender Honorierung.

«The winner takes it all»

Die UBS hat über 100'000 Mitarbeiter. Davon wären einige durchaus gerne CEO. Aber nur einer kann es schaffen. Die Wahrscheinlichkeit ist also gross, dass man es trotz grossem Aufwand einfach nicht schafft. Für diese Verlierer im Wettstreit heisst es: Ausser Spesen nichts gewesen. Für den vergeblichen Aufwand werden sie nicht entschädigt.

Um sie dennoch zu motivieren, trotz des grossen Risikos des Scheiterns das Wagnis auf sich zu nehmen, muss der zu gewinnende Preis entsprechend gross und verlockend sein.

Es mag ungerecht scheinen, dass der «Gewinner» alles erhält, und diejenigen, die auf der Strecke bleiben, nichts. In der Tat fungiert der Preis des Hauptgewinners in gewissem Sinne auch als Entschädigung für den vergeblichen Aufwand derjenigen, welche es trotz Jahrzehnte Krampfen nicht bis ganz nach oben geschafft haben.

Denn da es chronisch schwierig ist, zu bemessen, wieviel jemand geleistet hat, um eine angemessene «Entschädigung» für dessen vergeblichen Effort zu berechnen, belässt man es einfach dabei, dass dieser mit der Entschädigung des «Siegers» mit abgegolten sein soll.

Genauso wie im Tennis: Die paar wenigen Gewinner sahnen so richtig ab — und alle anderen haben sich vergeblich abgemüht. Statt ansehnlicher Trostpreise gibt es nur den umso üppigeren Hauptpreis.

Das sind die Regeln des Spiels: Wer sich an einem solchen Spiel beteiligt, weiss darum. Was jedoch nicht angeht: In seinem Leben eine ruhige Kugel zu schieben — und dennoch zu glauben, man habe Anspruch, völlig risikofrei auch einmal ganz oben zu stehen. Mit allem was dazugehört: Ehre, Ruhm und einem riesigen «Siegercheck».

Keinem Normalsterblichen käme es in den Sinn, zu behaupten, Wimbledon gewinnen zu können. Aber bei einem CEO denkt sich so mancher: Was der kann, kann ich auch. Und das noch obendrein ganz ohne Training.

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Autor/in
Thomas Baumann

Thomas Baumann ist freier Autor und Ökonom. Als ehemaliger Bundesstatistiker ist er (nicht nur) bei Zahlen ziemlich pingelig.

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