Rafael Enzler, Partner bei der gutundgut GmbH.
Thurgau Tourismus will in Romanshorn mit einem Erlebniscontainer Besucher begeistern. Was hält ein Experte vom Projekt?
Die Eröffnung wird am 2. Juni stattfinden. Ab dann ist der Erlebniscontainer begehbar, der an der Hafenpromenade von Romanshorn «spannende Verkehrsgeschichten der Bodenseeregion» präsentieren sollen, wie es in einer Information heisst. Der umgebaute Frachtcontainer ist als dreidimensionaler «Bodensee-Leuchtkörper» mit Gucklöchern gestaltet, das Containerdach ist ebenfalls begehbar.
Entstanden ist die neue Attraktion im Rahmen der «Grand Tour of Switzerland», die Schweiz Tourismus lanciert hat. Rund um den Bodensee beteiligen sich verschiedene Städte und Tourismuspartner daran. Vermittelt wird im Erlebniscontainer Wissen und Geschichte über die Bodenseeregion. Er diene damit «als Botschafter des Thurgaus», wie die Touristiker ausführen.
Was ist von dem Projekt zu halten? Der Ostschweizer Rafael Enzler beschäftigt sich seit vielen Jahren mit touristischen Projekten. Er war für Schweiz Tourismus unter anderem Direktor für die Benelux-Staaten mit Standort Amsterdam und später von New York aus für Nordamerika zuständig. Heute ist er Partner der gutundgut GmbH, die im Schnittfeld zwischen Architektur, Tourismus, Kultur und Kommunikation Projekte konzipiert und realisiert. Es sei stets schwierig, ein Konzept zu beurteilen, ohne die genauen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen zu kennen, betont Enzler. Spontan sei ihm allerdings nicht ganz klar, wer mit dem Container genau angesprochen werde: «Touristen auf der Grand Tour, potenzielle Besucher des Bodenseeraums, Passanten in Romanshorn?» Beim ersten Blick scheine ihm das Projekt solide zu sein. «Es kann funktionieren, löst bei mir aber keinen Wow-Effekt aus.»
Entscheidend sei, so Rafael Enzler, dass die Botschaft in Form einer Geschichte packend erzählt werde und das Projekt so gestaltet sei, dass es die Neugier wecke. Eine weitere wichtige Frage sei: «Was bleibt dem Besucher, dem Betrachter?» Das integrierte Element der Geschichte rund um eine schwimmende Eisenbahn und Graf Zeppelin klinge spannend, auch die Leuchtskulptur wecke sein Interesse. «Allerdings werden dies Dinge erst dann sicht- und erlebbar, wenn man den Container betritt, gegen aussen sind diese Geschichten für mich zu wenig sichtbar», so Enzler Ob es gelingen werde, Besucher zu einem Besuch des Containers zu bewegen, bleibe abzuwarten - «vielleicht wird dies mit flankierenden Massnahmen sichergestellt.»
Als solide, mobile Hülle bezeichnet der Wiler die Wahl eines Containers, allerdings vermöge diese nicht mehr zu überraschen. Denn: «Seit der Realisation des Freitag-Towers in Zürich stehen die meisten Container-Konzepte im Schatten jenes Projektes und wirken etwas beliebig.». Es bleibe zu hoffen, dass gerade die Tatsache, dass man nicht hinein sieht, die Neugierde bei potenziellen Besuchern weckt.
Was dem Tourismusfachmann ebenfalls fehlt: Eine Möglichkeit für die Besucherinnen und Besucher, sich aktiv zu betätigen oder in die Ausstellung einzubringen. Mit Stand heute scheint der Erlebniscontainer eher ein Besichtigungscontainer zu sein - ohne Interaktion.
Rafael Enzler, Partner bei der gutundgut GmbH.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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