Private kritisieren, dass Energiesparen bei den Unternehmen anfangen müsse. Das haben sich die fünf Masterstudenten Giulia, Aleyna, Flurin, Mario und Vera zu Herzen genommen – und ein Konzept für das Fitness-Unternehmen clever fit entwickelt.
Ihr habt als Projekt ein Energiesparmassnahmenkonzept für das Fitness-Unternehmen realisiert. Weshalb gerade ein Fitness-Unternehmen?
Wir haben uns im Kurs «Nachhaltiges Start up» insbesondere mit dem Energiethema und der aktuellen Energiekrise auseinandergesetzt. Wir haben relativ früh durch Umfragen im Feld herausgefunden, dass für viele Menschen das Energiethema im Alltag eine geringe Relevanz hat. Eine beachtliche Anzahl hatten sogar geäussert, dass sie das Gefühl hätten, dass der Staat und die Medien übertreiben und lediglich Angst erzeugen würden. Die Notwendigkeit und die Brisanz wurden bislang nicht erkannt. Die meisten Leute sahen noch nicht zwingend Handlungsbedarf und fühlen sich auch nicht verpflichtet, einen Beitrag zum Energiesparen zu leisten. Die Mehrheit der Privatpersonen meinten ausserdem, dass zuerst die Firmen etwas unternehmen sollten, bevor die Haushalte aufgrund ihres angeblich unerheblichen Verbrauchs mit Sparen beginnen. Aufgrund dessen sahen wir die Möglichkeit, auf die Signifikanz dieses Themas aufmerksam zu machen. Uns sind die vielen Fitnesszentren aufgefallen. Darin sahen wir die Chance, möglichst viele Menschen mit einem Projekt im Bereich Energiesparmassnahmen zu erreichen. Dabei fungieren Fitnesscenter aber nicht nur als Sprachrohr, sondern stehen aufgrund ihres ebenfalls hohen Energiebedarfs selbst im Zentrum unserer Aufmerksamkeit.
Weshalb liegt euch das Thema besonders am Herzen?
Unser Ziel war es nicht, bei Menschen Angst auszulösen oder sie in Panik zu versetzen, sondern, dass sich jeder Mensch selbst reflektiert und seine persönliche Verantwortung wahrnimmt – oder wenigstens, dass wir die Bedingungen dafür schaffen können. Energie ist ein Gemeingut. Aufgrund dessen besteht wenig Anreiz, freiwillig zurückzustecken. Dieser Verantwortungsdiffusion möchten wir entgegenwirken und damit selbst einen gesellschaftlichen Beitrag zur Energiekrise leisten.
Ihr habt einige Massnahmen ins Auge gefasst, wie Energie eingespart werden kann. Wie seid ihr da vorgegangen?
Wir haben unter anderem die individuellen Bedürfnisse analysiert, die Energiesparpotenziale identifiziert und Massnahmen eingeordnet. Daraus haben wir konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet. Mit dem technischen Leiter von clever fit Schweiz, Florin Bulbuc, haben wir einen Rundgang im neuen Fitnessstudio in Winkeln gemacht und uns dabei energieabsorbierende Geräte und Vorrichtungen angeschaut. Basierend auf unseren Notizen und mithilfe von Florins Inputs bezüglich technischer Machbarkeit haben wir Einsparpotentiale identifiziert und im Anschluss bewertet. Unser Ziel dabei war es, möglichst viel Energie einzusparen, ohne dass die Kunden von clever fit in ihrem Training erheblich eingeschränkt werden. In diesem Zug erarbeiteten wir ein Konzept mit drei Eskalationsstufen, wobei wir lediglich Massnahmen auf Stufe 1 und 2 umzusetzen intendierten. Erst bei einer Verschärfung der Energiemangellage würde Stufe 3 ins Auge gefasst werden, welche einen einschneidenden Einfluss auf die Kunden und clever fit als Unternehmung hätte, da sie die komplette Abschaltung gewisser Geräte beinhalten würde. Unser Konzept haben wir mit dem CEO von clever fit Schweiz, Beat Bussmann, besprochen und nach einigen Anpassungen wird es nun bei allen Standorten in der Schweiz umgesetzt.
Worin bestand die grösste Herausforderung?
Darin, uns technisches Wissen anzueignen, um möglichst viele Einsparpotenziale identifizieren zu können. Es braucht viel technologisches Know-How, um möglichst viele verschiedene Optionen ausarbeiten zu können. So wussten wir beispielsweise nicht, wie ein Duschknopf funktioniert und wie die Wasserlaufzeit eingestellt werden kann. Florin Bulbuc hat uns jedoch sehr unterstützt und stand bei Fragen stets zur Verfügung.
Ihr seid zu fünft im Team. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit untereinander? Seid ihr euch immer einig?
Wir sind alles sehr engagierte Studenten und haben viele Ideen. Da wir sehr diverses Wissen mit uns bringen, konnten wir auch von einer holistischen Perspektive profitieren. Wir sind spezialisiert in den Bereichen Unternehmensführung, Organisation, Kultur und Management, Sustainablity Management sowie IT. Zu Beginn war es aufgrund der sehr diversen Hintergründe tatsächlich eine Herausforderung, uns für ein einziges Projekt festzulegen. Es hätte viele alternative Möglichkeiten gegeben. Wir sind aber alle sehr sportbegeistert und haben uns schlussendlich für die Fitnessbranche entschieden. Es haben sich sehr schnell die unterschiedlichen Kompetenzen herauskristallisiert, weshalb es uns nicht schwerfiel, die Aufgaben entsprechend unserer Stärken zu verteilen. Einig waren wir uns natürlich nicht immer, allerdings konnte sich jeder frei äussern und wir haben verschiedene Optionen stets ausführlich besprochen, so dass wir im Endeffekt Lösungen erarbeiten konnten, die für jeden von uns stimmig waren.
Wie sind die Rückmeldungen auf eure Vorschläge seitens des Unternehmens clever fit?
Wir hatten beidseitig eine sehr gute Resonanz. Die Zusammenarbeit mit Beat, Florin und Ayse hat uns grossen Spass bereitet. Sie hatten uns im Prozess stets unterstützt und die nötigen Informationen immer schnellstmöglich geliefert. Sie haben die meisten Vorschläge gutgeheissen und sind auch bereit, Investitionen zu tätigen, um langfristig Energie sparen zu können.
In den nächsten Wochen werden viele eure Vorschläge implementiert. Wo genau steht ihr?
clever fit hat in der Schweiz 20 Fitnessstudios. Dabei wird nach und nach jedes Fitnessstudio einzeln ins Auge gefasst, um die Konzepte implementieren. Da jedes Studio individuelle Eigenschaften aufweist, kann keine allgemeingültige Timeline aufgezeigt werden. Zudem gibt es Energiesparmassnahmen, welche man schnell und unkompliziert umsetzen kann, aber auch Massnahmen, welche finanzielle Investments und weitere Planungsarbeit erfordern. Der Grundstein fürs Energiesparen ist jedoch gelegt.
Wie geht es anschliessend weiter – einerseits für das Unternehmen, andererseits für euer Projekt?
clever fit wird unsere vorgeschlagenen Massnahmen bei der Konzipierung jedes neuen Studios beachten, um bereits von Beginn an nachhaltig operieren zu können. clever fit wird ihren impact auch mit einer bereits initiierten Kundenwahrnehmungsumfrage sicherstellen. Wir werden schauen, ob wir unsere Massnahmen allenfalls auch mit anderen Unternehmen realisieren können, so dass wir nicht nur kurzfristig auf die Energiekrise reagieren, sondern auch einen langfristigen Impact auf die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben.
Was nehmt ihr aus eurer Arbeit mit?
Wir nehmen sowohl fachlich als auch sozial sehr viel mit. Wir konnten auch für uns als Privatpersonen viele Energiesparpotentiale identifizieren und gehen noch bewusster mit unserem eigenen Energieverbrauch um. Es war für uns eine sehr sinnstiftende Tätigkeit. Wir sind clever fit sehr dankbar, dass sie uns die Möglichkeit gegeben haben, mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen und wertvolle Praxiseinblicke zu erhalten. Ebenfalls war es unglaublich schön, zu sehen, wie aus einem simplen Uni-Kurs etwas so Grosses entsteht.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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