Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte dürfen sich die Juniors «Green Sparkle», die Cheerleader des FCSG, Europameisterinnen nennen. Coach Selina Trivigno erklärt, wie sich das Ansehen der Sportart inzwischen gewandelt hat – nicht zuletzt dank Netflix.
Du warst selber viele Jahre lang als Cheerleaderin unterwegs, nun trainierst du die Juniorinnen, die zwischen vierzehn und achtzehn Jahre alt sind. Wenn ein so wichtiger Wettkampf wie die Europameisterschaften anstehen: Bist du nervöser als Coach oder damals als aktive Sportlerin?
Ganz klar: Als Coach (lacht)! Ich bin da jeweils sehr laut, feuere an, bin sehr leidenschaftlich – kurz gefasst: Ich bin viel nervöser als die aktiven Sportlerinnen. Sie haben es schliesslich selber in der Hand. Als Coach hingegen kannst du bei den Vorbereitungen und Trainings helfen, dann aber musst du einfach Vertrauen haben, dass es schon gut kommt.
Nun hat es zum ersten Mal geklappt und die «Green Sparkle» haben sich den ersten Platz bei den Europameisterschaften in Verona geholt. Was spielte am Schluss das Zünglein an der Waage?
Es war ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Unser Team harmoniert sehr gut zusammen, weil sich die Sportlerinnen schon fünf oder sechs Jahre kennen. Auch wir als Dreier-Coach-Team sind eingespielt. Zudem hatten wir in diesem Jahr nicht übermässig viele Konkurrenten. In unserer Kategorie mussten wir gegen vier Mannschaften antreten. Aber wir haben hart für den Erfolg trainiert, und im entscheidenden Moment abgeliefert.
Du bist auch nach vielen Jahren mit Feuereifer dabei. Wann hast du die Leidenschaft für das Cheerleading entdeckt?
Ich war mit neun Jahren an einer Schweizermeisterschaft. Da wusste ich gleich: Das will ich auch machen. Ich war dann lange Zeit bei den Junioren, bis ich mit zwölf Jahren an den ersten Europameisterschaften teilnahm und ein Jahr später schliesslich an den Weltmeisterschaften. Mit 15 Jahren habe ich das Coaching für mich entdeckt.
Weshalb hast du quasi die Seiten gewechselt, wenn es dir doch so viel Spass gemacht hat?
Cheerleading verlangt alles von deinem Körper. Auch wenn es früher oftmals belächelt wurde: Es ist eine sehr harte Sportart, die häufig viele Verletzungen mit sich bringt. Gott sei Dank habe ich mich nie schwer verletzt – doch mein Rücken macht inzwischen nicht mehr so richtig mit.
Du hast gesagt, der Sport wurde früher oftmals belächelt. Was früher «ganz normal» war, wird heute hinterfragt. So auch beim Cheerleading mit den knappen Outfits. Wie hast du diesen Wandel als Sportlerin mitbekommen?
Früher mussten wir uns häufig Sprüche wie «Gib mir ein A» gefallen lassen – oder solche, die auf das Outfit abspielten. Wer jedoch mal ein Training oder Wettkampf miterlebt hat, weiss, wie hart die Sportart wirklich ist. Es fordert den gesamten Körper so, wie es kaum eine andere Sportart macht. Das Ansehen hat sich in den letzten Jahren jedoch geändert – was auch durch eine Dokumentation bei Netflix ausgelöst wurde. Die meisten fragen mich gleich, ob ich einen Backflip beherrsche, wenn sie erfahren, dass ich Coach oder Cheerleaderin war. Kommentare über unser Outfit höre ich inzwischen weniger.
Wie sehr stressen oder haben dich solche Kommentare gestresst?
Nicht extrem. Klar kann es nerven. Aber wenn wir im Training oder bei einem Wettkampf sind, dann sind wir so fokussiert, dass wir die Sprüche kaum mitbekommen. Es hat schlicht keinen Platz dafür. Und das ist auch gut so.
Weshalb brennst du auch nach all den Jahren so für den Sport?
Es ist einerseits das Familien-Gefühl – Cheerleading braucht sehr viel Freizeit und Passion. Die Sportart wird nicht von besonders vielen Leuten verstanden. Innerhalb des Vereins ist das Zusammengehörigkeitsgefühl jedoch sehr gross. Viele Freundinnen findet man da, man ist über den Sport besonders verbunden. Ich beispielsweise habe nicht viele Kolleginnen ausserhalb des Cheerleadings. Andererseits finde ich die Akrobatik, verbunden mit dem Turnen, faszinierend. Die Kombination findet man kaum bei einer anderen Sportart.
Ihr trainiert zwei- bis dreimal die Woche, daneben arbeitest du 100 Prozent. Wie schaffst du es, alles unter einen Hut zu bringen?
Das ist wirklich nicht so einfach (lacht). Ich habe Gott sei Dank einen sehr verständnisvollen Chef und Kollegen. Meinen Arbeitstag kann ich mir relativ frei einteilen, von daher geht es mit den Trainings auf. Dafür bin ich sehr dankbar.
Nun, nachdem ihr den ersten Titel geholt habt: Wie geht es weiter?
Das Team, welches aufgetreten ist, zieht weiter zu den Senioren. Auch wir Coaches gehen mit. Deshalb werden wir versuchen, den Schweizermeistertitel bei den Seniorinnen zu holen – in diesem Jahr hat das noch nicht geklappt.
Ist da für dich auch Wehmut verbunden, die Junioren nicht mehr zu trainieren?
Für mich werden sie immer meine kleinen «Bibelis» bleiben (lacht). Es wird sicher eine Herausforderung, das Level und die Disziplin wird anders sein. Ich freue mich aber trotzdem darauf.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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