Die St.Galler Stadtpräsidentin Maria Pappa nimmt Stellung zu den «Krawallen» in ihrer Stadt. Die Lösung sieht sie darin, dass wir alle Vorbilder werden. Auch für eine verfehlte Politik offenbar.
Kaum richtig im Amt, muss sich die St.Galler Stadtpräsidentin schon um eine Miniausgabe von Jugendunruhen kümmern. Sie tut das wie eine abgeklärte Politikerin es tun muss: Verurteilen hier, verstehen dort. Dass Jugendliche durch die Innenstadt gepflügt sind und Sachschaden verursacht haben, findet sie schlecht, gleichzeitig weist sie auf die schwierige Lage dieser Generation nach einem Jahr Coronamassnahmen hin. So lassen sich ihre Aussagen in einem Artikel im St.Galler Tagblatt zusammenfassen.
Aber natürlich kann eine Stadtpräsidentin nicht nur eine Bestandesaufnahme machen, sie muss auch Lösungen offerieren. Und die sieht Maria Pappa darin, dass man den Jungen ein gutes Vorbild ist.
Soweit können wir der SP-Frau noch folgen. Kinder sollen nicht stehlen? Dann darf man als Vater eben auch nicht stehlen. Sie sollen nicht trinken? Dann darf die Mutter eben auch nicht trinken.
Aber was tut man in Fällen von illegalen Partys mit nachfolgender Sachbeschädigung, wie kann man da ein Vorbild sein? Indem man den Kindern den Respekt vor fremdem Eigentum nahelegt? Nein, natürlich nicht, sondern ganz anders, wie Pappa im Tagblatt sagt:
Wenn Erwachsene sich beschweren, ihnen würden soziale Kontakte fehlen und das Tragen von Masken und das Einhalten von Abständen sei alles unsinnig, dann ist das nicht vorbildlich, dann stossen die Jungen ins gleiche Horn und fangen an, zu protestieren, Party zu feiern.
Also: Kein Jugendlicher wird je mehr ein Schaufenster einschlagen, wenn ihm Mami und Papi erklären, dass die Masken doch eigentlich doch irgendwie schick sind und ihren Kindern erzählen, dass das Fehlen von sozialen Kontakten doch eigentlich recht lustig ist.
Man muss solche Antworten, die ja hoffentlich nicht aus einer Laune entstanden sind, sondern direkt dem Kommunikationskonzept der Stadtregierung entstammen, schonungslos hinterfragen. Schlägt Frau Pappa hier gerade vor, Eltern sollen zuhause so tun, als würden sie die Massnahmen ohne jeden Einwand einfach toll finden? Selbst wenn sie das nicht so sehen? Und dann geht der Sohnemann nicht hin und feiert «illegal»?
Oder noch deutlicher ausgedeutscht: Eltern sollen ihren Kindern vermitteln, dass Regeln immer ohne zu hinterfragen zu akzeptieren seien, obwohl es bei diesem Thema vor Fragezeichen nur so wimmelt?
Das klingt erstens nach etwas, das nicht funktionieren wird. Und zweitens nach etwas, das nie geschehen darf.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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