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Gastbeitrag

Für Freiheit und Grundrechte

Die Freunde der Verfassung sammeln schon wieder Unterschriften für ein zweites Covid-Referendum. Sie wollen damit eine Zweiklassengesellschaft verhindern und eine öffentliche Debatte über Sinn und Unsinn der Corona-Massnahmen aufrechterhalten.

Philipp Gut am 28. Juni 2021

Sie bekämpfen insbesondere die unkontrollierte Machtfülle des Bundesrats, die umfassende digitale Überwachung und die Diskriminierung von Ungeimpften.

Das Schweizer Stimmvolk hat am 13. Juni dem Covid-Gesetz mit 60 Prozent zugestimmt. Die andere Seite der Medaille ist eine starke Minderheit von fast 40 Prozent, die Nein stimmte. Und dies, obwohl praktisch das gesamte Polit- und Wirtschafts-Establishment der Schweiz die Ja-Parole ausgegeben hatte. So plädierten sämtliche grossen nationalen Parteien und alle bedeutenden Verbände für ein Ja. Einzig die SVP hatte Stimmfreigabe beschlossen. Die Freunde der Verfassung, die das Referendum gegen das Covid-Gesetz ergriffen hatten, führten also einen Kampf wie einst der biblische David gegen den Riesen Goliath.

Der hohe Nein-Stimmen-Anteilen ist vor diesem Hintergrund mehr als nur ein Achtungserfolg für diese neue Volksbewegung «von unten». Er ist ein starkes Signal, dass sehr viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in diesem Land – nämlich über 1,2 Millionen – die Corona-Politik von Bundesrat und Parlament kritisch sehen.

Die Erpressung mit den Finanzhilfen

Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Abstimmungsvorlage eine unheilvolle Mischung enthielt aus notwendigen Finanzhilfen und schädlichen Massnahmen. «Erpressung» ist in diesem Zusammenhang in hartes Wort, aber die Befürworter haben permanent betont, dass mit einem Nein zum Covid-Gesetz auch die Unterstützungsgelder dahinfallen würden.

Das ist falsch, denn niemand spricht sich gegen die Entschädigungszahlungen aus, und eine separate Lösung hätte sich leicht finden lassen.

Die 40 Prozent Nein-Stimmen sind deshalb hoch einzuschätzen. Denn wenn die Angst vor dem Verlust der Hilfsgelder nicht gewesen wäre, hätten noch viel mehr Schweizerinnen und Schweizer ein Nein in die Urne gelegt. Wer weiss, vielleicht wäre das Abstimmungsresultat dann sogar gekippt.

Eine Zwängerei? Michael Bubendorf widerspricht

Das Ergebnis vom 13. Juni gibt den Freunden der Verfassung also Rückenwind – und den können sie brauchen: Sie sammeln bereits Unterschriften für ein zweites Covid-Referendum.

Einwenden könnte man nun allerdings: Ist es nicht eine Zwängerei, so kurz nach dem Volksentscheid vom 13. Juni schon wieder mit einem Referendum zu kommen?

Michael Bubendorf, Mediensprecher der Verfassungsfreunde, widerspricht: «Die drastischen Verschärfungen des Gesetzes in der Frühjahrssession waren selten Teil der öffentlichen Debatte, obwohl sie mit einem Nein auch ausser Kraft gesetzt worden wären. Deshalb wollen wir jetzt den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Gelegenheit geben, über die umstrittenen Punkte abzustimmen.» Dies gelte umso mehr, als die völlig unbestrittenen Finanzhilfen jetzt ja nicht mehr Teil der neuen Vorlage seien.

Die Verschärfungen im Überblick

Worum geht es nun aber bei den Verschärfungen der Frühlingssession genau? Das sind die wichtigsten Änderungen:

• Der Bundesrat diktiert die Massnahmen

«Der Bundesrat legt die Kriterien und Richtwerte für Einschränkungen und Erleichterungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens fest. Er berücksichtigt nebst der epidemiologischen Lage auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen.» (Art. 1a Kriterien und Richtwerte)

• Grundlage für umfassende Überwachung

«Der Bund trifft die folgenden Massnahmen in enger Abstimmung mit den Kantonen:

a. umfassendes, wirksames und digitales Contact-Tracing.» (Art. 3 Abs. 7 Buchstabe a)

• Einführung eines Covid-Zertifikates

«Der Bundesrat legt die Anforderungen an den Nachweis einer Covid-19-Impfung, einer Covid-19-Genesung oder eines Covid-19-Testergebnisses fest.» (Art. 6a Impf-, Test- und Genesungsnachweise)

• Diskriminierung von Ungeimpften

«Personen, die mit einem Covid-19-Impfstoff geimpft sind, der zugelassen ist und erwiesenermassen gegen die Übertragung schützt, wird keine Quarantäne auferlegt.» (Art. 3a 11)

Widerstand gegen die Zweiklassengesellschaft

Sämtliche dieser Verschärfungen tangieren oder verletzen nach Ansicht der Verfassungsfreunde – aber nicht nur von ihnen – die Grundrechte, die jeder Bürgerin und jedem Bürger der Schweizerischen Eidgenossenschaft zustehen. Der renommierte Rechtprofessor Andreas Kley von der Universität Zürich hat das Covid-Gesetz deshalb als «Ermächtigungsgesetz» bezeichnet, weil es dem Bundesrat eine enorme Machtfülle überträgt.

Tatsächlich hat der Bundesrat seit dem Vollmachtenregime des Zweiten Weltkriegs nie mehr so viel Macht gehabt wie in der Covid-Krise – einer Krise notabene, die er durch überzogene und unverhältnismässige Massnahmen selbst noch angeheizt und verstärkt hat. Dabei regiert der Bundesrat fast schon absolut – das Covid-Gesetz enthält keine demokratischen Kontrollmöglichkeiten und auch keine Verantwortlichkeit. So kann der Bundesrat weiterhin ganze Branchen lahmlegen, ohne dass er für die dadurch verursachten Schäden geradestehen müsste. Die Zeche zahlen am Ende die Steuerzahler.

Gleichzeitig legt das Gesetz die Basis für eine umfassende Überwachung im digitalen Raum. Big Brother is watching you!

Der dritte problematische Punkt schliesslich sind die Privilegien für Geimpfte, Getestete oder Genesene – denn jedes Privileg ist automatisch eine Diskriminierung der nicht Privilegierten. Wer sich nicht impfen und testen lassen will, wird ausgeschlossen und benachteiligt. Insofern kann man zugespitzt von einer neuen Apartheid sprechen, das heisst von einer Zweiklassengesellschaft, in der die Gleichheit aller vor dem Gesetz ausser Kraft gesetzt ist.

Gesellschaft soll dringende Fragen klären

All dies wollen die Freunde der Verfassung zum Thema machen: «Mit einem zweiten Referendum zu den Änderungen des Covid-Gesetzes in der Frühjahrssession soll endlich die breite gesellschaftliche Debatte herbeigeführt werden, welche bisher seitens vieler politischer Entscheidungsträger vermieden und unterdrückt wurde.»

Dabei müsse die Gesellschaft Antworten auf dringendenFragen finden:

• Welche Bedrohungslage rechtfertigt drastische Eingriffe in die Grundrechte?

• Wie gross ist der Nutzen der umstrittenen Massnahmen im Vergleich zum verursachten Schaden an Menschen, Gesellschaft und Wirtschaft?

• Sollen Grundrechte dauerhaft entzogen werden können und damit eine Zweiklassengesellschaft geschaffen werden?

• Weshalb soll der Bundesrat direkt über wirtschaftliche und gesellschaftliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens entscheiden können?

Unterschriften für Freiheit und Grundrechte

Für die Verfassungsfreunde ist klar: Der Kerngehalt der Grundrechte, wie sie in Art. 36 der Bundesverfassung garantiert sind, ist unantastbar. Die persönliche Freiheit dürfe nicht davon abhängen, ob ein Mensch gegen Covid-19 geimpft ist. Das Covid-Zertifikat und ein umfassendes Contract-Tracing seien «Experimente am Menschen mit sensiblen Daten, welche Stigmatisierung und Diskriminierung ermöglichen».

Um diese Eingriffe in die Grundrechte zu verhindern, sammeln die Freunde der Verfassung mit Partnerorganisationen noch bis am 8. Juli wie wild Unterschriften. Das Referendum ergriffen haben gemeinsam mit ihnen das Netzwerk Impfentscheid und das Bündnis Urkantone. Unterstützt werden sie von weiteren Bürgervereinen und basisdemokratischen Organisationen.

Bis zum Ablauf der Referendumsfrist bleiben nur noch wenige Woche. «Wir sind überzeugt, dass unser Anliegen breite Unterstützung findet», sagt Sprecher Michael Bubendorf. «Wir geben alles, dass das Schweizer Volk über diese einschneidenden Gesetzesänderungen abstimmen kann.» Bubendorf verbindet seine Aussagen mit dem Appell an alle Bürgerinnen und Bürger, für ihre Freiheit und ihre Grundrechte einzustehen und das Referendum zu unterzeichnen.

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Autor/in
Philipp Gut

Dr. Philipp Gut ist Journalist, Historiker, Buchautor und Inhaber der Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH.  Er ist zudem Geschäftsführer des Referendumskomitees «Staatsmedien Nein».

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