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Zeyer zur Zeit

Gandhi? Rassist, weg mit ihm

Woran erkennt man, dass eine Bewegung im roten Bereich dreht? Wenn sie sich an allen und jedem vergreift. Nun auch an Mahatma Gandhi.

«Die Ostschweiz» Archiv am 20. Juli 2020

In Genf steht eine Statue gleich neben dem Sitz der UNO. Ein Geschenk Indiens, das das Andenken an Mahatma Gandhi ehrt. Mit zivilem Ungehorsam und gewaltfreien Methoden erreichte er, dass die Engländer 1947 Indien als Kolonie aufgaben und in die Unabhängigkeit entliessen.

Im letzten Jahrhundert (Gandhi lebte von 1869 bis 1948) gibt es, vielleicht ausser Nelson Mandela, kaum eine weitere Lichtgestalt von dieser Grösse. Er kämpfte unter Einsatz seines Lebens gegen koloniale Ausbeutung, für die Menschenrechte der Kaste der Unberührbaren, für ein friedliches Zusammenleben zwischen Hindus und Moslems.

Dafür verbrachte er in Südafrika, wo er als junger Anwalt arbeitete, und in Indien insgesamt 8 Jahre im Gefängnis. Persönliches Vorbild, Wahrheitsliebe, Unbeugsamkeit, das trug ihm den Übernamen Bapu ein, Vater der indischen Nation. Schon in Südafrika erprobte er seine Methode des gewaltfreien Widerstands, als er sich für die Rechte der dort lebenden Inder einsetzte.

Im hohen Alter von 78 Jahren wurde er von einem fanatischen Hindu erschossen. 1982 drehte Richard Attenbourough einen eindrücklichen Film über Gandhis Leben, der von Ben Kingsley verkörpert wurde und zu Recht mit vielen Oscars ausgezeichnet.

Bis heute hat Gandhi unzählige Bewunderer auf der ganzen Welt, die seine Methode des gewaltfreien Widerstands, sein persönliches Beispiel, seine Gedanken in ehrendem Andenken halten.

Neuerdings gibt es Bewegungen, die ihn als «Faschist, Rassist und sexuelles Raubtier» beschimpfen und die Entfernung seiner Denkmäler fordern. Nach Agassiz, de Pury, Alfred Escher und vielen anderen wollen sich diese Krieger der historischen Reinheit, diese Tugend-Taliban nun auch an Gandhi vergreifen. Nelson Mandela, Albert Schweitzer und Henri Dunant sind sicherlich auch bald dran.

Die Stadt Genf geht schon mal präventiv in Deckung; man habe noch keine Beschwerden bezüglich Gandhi erhalten, sagt die Stadtregierung, aber man denke natürlich über «Diversität im öffentlichen Raum nach», und da suche man auch das Gespräch mit Kämpfern gegen Rassismus.

Sicherlich ist dann auch das kleine Museum in Heiden in Gefahr, das an den Gründer des Roten Kreuzes und Nobelpreisträger Dunant erinnert. In der langen Liste von bedeutenden Persönlichkeiten der Stadt St. Gallen, von Frauenfeld, Arbon oder Rorschach gibt es garantiert auch Vertreter, deren Andenken auf rassistische Spuren abgeklopft werden muss. Ich nenne keine Namen, sage aber nur Textilindustrie, Handel mit Afrika, da gilt es Abgründe aufzuarbeiten.

Als die Kirche ihren absoluten Machtanspruch durchsetzen wollte, verbreitete die Inquisition Angst und Schrecken. Bis sich die Verfolgung von vermeintlichen und echten Ketzern ins Absurde steigerte und selbst vor dem Klerus nicht Halt machte. Als der Kommunismus in der Sowjetunion totalitär wurde, liess Diktator Stalin alle Mitglieder des Politbüros, dem höchsten Machtzirkel, als Konterrevolutionäre hinrichten.

Grösstenteils weisse Bürgersöhnchen und -mädchen, deren Kampf gegen Rassismus bislang höchstens darin bestand, auf dem Klavier die schwarzen und weissen Tasten ohne Diskriminierung zu betätigen und keine Mohrenköpfe zu essen, schwingen sich nun zu Richtern über Lebenswerke auf, von denen sie keine Ahnung haben oder höchstens vor Ehrfurcht erstarren sollten.

Alle Weltverbesserer, restlos alle haben ihre Biografie, sind verhaftet in ihrer Zeit, haben Gutes getan und Fehler gemacht. Die müssen nicht ausgeblendet, sondern kritisiert werden. Aber wer sich derart an überragenden historischen Leistungen vergreift, meint, mit gestürzten Denkmälern könne die Vergangenheit gereinigt werden, wer wahnhaft allen und jedem Rassismus vorwirft, der ist ein fanatischer Trottel. Ein Anti-Aufklärer, einer, der alles verkörpert, wogegen er vermeintlich anrennt.

Kurz, ein verächtlicher Mensch ohne Mitte und Mass, dem sicherlich niemals ein Denkmal gesetzt wird. Umso schneller dieser Spuk der durchdrehenden Korrektheit vorbei ist, umso besser für uns alle.

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