Ein Auftritt von über 60 Expertinnen auf alphaberta.ch – einer Plattform für Referentinnen – soll bewusst machen, über welches Potenzial an Expertinnenwissen die Region verfügt. Wieso sie bei dieser Aktion mitmacht, erklärt Eva Baier, Geschäftsführerin der Fischwanderung.ch GmbH.
«alphaberta» ist eine Plattform ausschliesslich für Ostschweizer Referentinnen. Wieso benötigt es Ihrer Meinung nach eine solche Plattform nur für Frauen?
Weil Frauen bis heute auf jeglichen Gremien untervertreten sind, häufig nur schlicht deswegen, weil sie nicht oder weniger bekannt sind. Die Sichtbarkeit soll Veranstalter:innen bei der Suche nach kompetenten Referentinnen helfen.
Sie sind als eine der Referentinnen aufgeführt. Was hat Sie überzeugt, bei alphaberta mitzumachen?
Ich sehe eine Sammlung von fähigen und engagierten Frauen als Mehrwert und als guten Ansatz, um den Anteil der Frauen auf Podien, in Interviews und als Fachexpertinnen zu erhöhen.
Welches sind Ihre Schwerpunktthemen? Was kann das Publikum bei Ihren Vorträgen erwarten?
Ich setze mich hauptberuflich mit dem Zustand unserer Gewässer und den Lebewesen in ihnen auseinander, mit einem Schwerpunkt auf unsere einheimischen Fische. Bei meinen Vorträgen kann man etwas lernen über das Leben unserer einheimischen Fische, über die Herausforderungen vor denen unsere Gewässer stehen, über den Zusammenhang von Stromproduktion aus Wasserkraft und den Zustand unserer Fliessgewässer und auch über die Auswirkungen der Klimakrise auf unsere Gewässer.
Was begeistert Sie an Ihrer Tätigkeit?
Die aquatischen Lebensräume und die Lebewesen in ihnen haben mich schon immer fasziniert und es bereitet mir viel Freude, mich beruflich für ihren Erhalt und im besten Fall auch für eine Verbesserung der aktuellen Zustände einzusetzen. Ich kann selbstbestimmt entscheiden, welche Projekte ich annehme oder sogar selbst anstosse und ich bin unabhängig in meinem Tun und Denken – das ist eine unglaubliche Freiheit!
In welchen Bereichen sollten sich die Frauen deutlich stärker in Szene setzen? Wo sind sie zu zurückhaltend? Warum präsentieren sich Männer und Frauen, Ihrer Meinung nach, unterschiedlich in der Öffentlichkeit?
Gegenfrage: In welchen Bereichen sollten sich Männer deutlich weniger in Szene setzen? Wo sind sie zu dominierend?
Ihre Frage impliziert eine «Schuld» der Frauen an der geringeren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.
Die Gründe dafür sind vielfältig und sprengen wohl den Rahmen hier. Darum gehe ich kurz auf zwei wichtige Aspekte ein.
1. Frauen werde bis heute mit sehr vielen mehr Ansprüchen aus der Gesellschaft konfrontiert als Männer (sie sollen z.B. Kinder bekommen, aber möglichst im richtigen Alter, sie sollen dann für die Kinder da sein, aber eigentlich auch selbständig sein und möglichst einen guten Job haben, sie sollen sich stärker für ihre Anliegen einsetzen aber gleichzeitig nicht überehrgeizig sein etc.). Das führt zu einem unterschiedlichen auftreten. Natürlich gibt es auch unterschiedliche Persönlichkeiten – aber die gibt es auch zwischen Männern.
2. Obwohl heute gleich viele oder je nach Studienfach sogar mehr Frauen studieren, sind sie bis heute in den Führungsebenen, Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen untervertreten – häufig weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht uneingeschränkt möglich ist. In der Schweiz fehlen diesbezüglich strukturelle Strukturen für eine Gleichberechtigung –- und zum Teil auch der Wille der Männer, sich zum Beispiel mehr in der Familie zu engagieren und auf einen Karriereschritt zu verzichten. In dem Sinn ist es eine Systemfrage Karriere und eine Familie zu ermöglichen – für alle Beteiligten.
Wieso braucht es in der Öffentlichkeit eine ausgewogenere Sichtbarkeit (der Geschlechter)?
Unsere Gesellschaft besteht aus verschiedenen Menschen, so dass auch die Öffentlichkeit nicht von einer Personengruppe dominiert werden sollte, da sie schlicht nicht alle Meinungen, Geschlechter, etc. repräsentiert. Menschen in der Öffentlichkeit prägen Meinungen und haben eine Vorbildfunktion, so dass sie möglichst eine breite Bevölkerung abdecken sollte.
Sie unterstützen die Crowdfunding-Kampagne von alphaberta mit einer exklusiven Belohnung. Was erwartet Unterstützerinnen und Unterstützer dabei?
Ich biete eine 1-stündige Exkursion an einem Gewässer vor der Haustüre der Unterstützer:in, um einen Einblick zu gewähren in das oft so nahe und doch unbekannte Leben an und unter Wasser.
alphaberta ist die Ostschweizer Plattform für Referentinnen. Um das Projekt nach der Lancierung im März 2022 nachhaltig in der Öffentlichkeit verankern zu können, lancierte der Verein «Helvetia spricht» eine Crowdfunding-Kampagne auf wemakeit.com. Noch bis zum 18. Dezember kann man die Aktion unterstützen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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