Lange wurde um seinen Gesundheitszustand spekuliert, bis der Wittenbacher Gemeindepräsident Oliver Gröble öffentlich machte, ausgebrannt zu sein. Nach seiner Rücktrittserklärung hat er in Wil eine neue Stelle gefunden. Das bringt Kritik.
Der Zustand kam schleichend. Das Ausgebranntsein. Die Einsicht, allem nicht mehr gerecht zu werden. Im September 2022 wurde Oliver Gröble schliesslich krank geschrieben.
Bis heute konnte er sein Amt als Gemeindepräsident in Wittenbach nicht mehr vollumfänglich aufnehmen. Auf Ende Oktober 2023 hat er seinen Rücktritt erklärt.
«Ich musste mich fragen, was das Beste ist»
«Es war ein langer Prozess», sagt Gröble im Gespräch. Er habe sich intensiv mit dem Rücktrittsbegehren auseinandergesetzt. «Ich musste mich fragen, was für meine Familie und mich am besten ist – und wo ich in Zukunft meine Prioritäten setzen möchte.»
Bis zum Herbst würde den Verantwortlichen genügend Zeit bleiben, die Ersatzwahlen vorzubereiten. Bis dahin führt der Vize-Gemeindepräsident die Geschäfte weiter.
Neue Kraft
Künftig wird er sein Arbeitsumfeld nach Wil verlegen. Als Stadtplaner will Gröble einiges bewirken, und seine Erfahrungen und Fähigkeiten wirksam einsetzen.
Die Stadt beschreibt er mit der Grösse und zentralen Lage als ein urbanes Verdichtungsgebiet mit viel Entwicklungspotenzial. Von Anfang an kommunizierte Gröble dort offen über seinen Gesundheitszustand. «Aus dieser Erfahrung habe ich neue Kraft und Energie gewonnen.»
Kein Beinbruch
Eine solch offene Kommunikation hätten sich einige auch in Wittenbach gewünscht. Zu lange habe er nach seinem Ausfall geschwiegen und die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen, lautete der Vorwurf.
Worte, die am Politiker nicht spurlos vorbeigehen. Er meint: «Ich hätte gerne offener kommuniziert.» Man musste jedoch den Genesungsverlauf abwarten – und erst dann an die Öffentlichkeit gelangen.
Eine Erschöpfung brauche Zeit. «Man kann nicht einfach sagen, wann es einem besser geht. Es ist kein Beinbruch, wo man eine Prognose für die Genesung machen kann.»
Neue Kollegen und Herausforderungen
Er freue sich darauf, ab Oktober sein neues Team, die Arbeitskollegen und Herausforderungen kennenzulernen. Bereits vor seinem Amtsantritt werde er teilweise an Sitzungen teilnehmen und sich in verschiedene Projekte einlesen.
Das Vorgehen löst bei einigen Leserinnen und Lesern Unverständnis aus, wie in Kommentarfunktionen zu lesen ist. Dass Gröble bis Oktober seinen Lohn in Wittenbach beziehe, aber eigentlich nicht mehr dort arbeite, gleichzeitig andernorts eine neue Stelle antreten könnte, verstehen nicht alle.
Fehler von früher
Dass es aber auch andere Meinungen gibt, unterstreichen die Reaktionen und Briefe, die Gröble von der Bevölkerung erhalten habe. «Das hat mir gezeigt, dass ich viel für Wittenbach geleistet habe», sagt er.
Dennoch möchte er nicht mehr die gleichen Fehler wie in der Vergangenheit machen und künftig mehr auf seine Gesundheit achtgeben. «Ich habe gelernt, dass die Balance zwischen Arbeit und Privatleben stimmen muss und ich persönlich für mich etwas Gutes tue.»
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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